christliche werte in wirtschaft und gesellschaft - Professorenforum
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Wer dennoch den E<strong>in</strong>druck erweckt, e<strong>in</strong>e wissenschaftliche Widerlegung des Gottespostulates<br />
sei gelungen, begeht schlichten Etikettenschw<strong>in</strong>del: e<strong>in</strong>em allenfalls weltanschaulichen<br />
Bekenntnis zum Atheismus wird das Etikett e<strong>in</strong>er wissenschaftlich begründeten Aussage<br />
umgehängt, obwohl es sich nur um e<strong>in</strong>e Tautologie handelt. Dies ist e<strong>in</strong><br />
erkenntnistheoretischer Skandal, der leider nicht ganz selten ist. Wir geben drei Beispiele, die<br />
m<strong>in</strong>destens <strong>in</strong> diese Richtung gehen.<br />
1. In der Sowjetunion wurde e<strong>in</strong> "wissenschaftlicher Atheismus" propagiert. Wenn damit<br />
geme<strong>in</strong>t war, daß man <strong>in</strong> der Naturwissenschaft ohne explizite Berücksichtung des<br />
Gottespostulats auskommen kann, so ist dies wieder dieselbe Tautologie, aber ke<strong>in</strong>e<br />
wissenschaftliche Stützung des Atheismus.<br />
2. Das Buch des Oxford-Professors Dawk<strong>in</strong>s "The God Delusion" (Die Wahnvorstellung von<br />
Gott) ist e<strong>in</strong> Bestseller im englischsprachigen Raum. Oxford-Professoren assoziiert man<br />
natürlich mit Wisenschaftlichkeit. Doch kann Wissenschaft per def<strong>in</strong>itionem niemals die<br />
Existenz Gottes widerlegen.<br />
3. Die Zeitschrift "The New Scientist" schrieb 1972:<br />
Die weitaus meisten Naturwissenschaftler glauben heute (wenn sie sich überhaupt die Mühe machen, darüber<br />
nachzudenken), daß es sich bei der Religion um e<strong>in</strong>e archaische Belanglosigkeit handelt. Dieses Gebiet liegt<br />
e<strong>in</strong>fach jenseits ernsthafter Erwägungen. Ohne sich über die Ansichten Teilhard de Chard<strong>in</strong>s oder irgend e<strong>in</strong>es<br />
anderen Denkers beunruhigt zu fühlen, schauen sie mit amüsierter Verachtung auf den gesamten Konflikt<br />
zwischen Naturwissenschaft <strong>und</strong> Theologie.<br />
Auch wenn hier von Naturwissenschaftlern die Rede ist, handelt es sich nur um<br />
weltanschauliche Bekenntnisse.<br />
Wir halten also fest, daß Transzendenz per def<strong>in</strong>itionem wissenschaftlich nicht falsifizierbar<br />
ist, sondern allenfalls weltanschaulich geleugnet werden kann.<br />
9.3. Weltanschauliche Entwicklung im Abendland<br />
Wie es im Abendland zu e<strong>in</strong>er weltanschaulichen Entwicklung gekommen ist, aus der<br />
Transzendenz <strong>und</strong> S<strong>in</strong>n zunehmend verschwanden, soll <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kurzen geschichtlichen<br />
Abriß verdeutlicht werden, <strong>in</strong> dem wir die hauptsächlichen Entwicklungsstufen mit ihren<br />
wichtigsten Charakteristiken herausstellen. Wir folgen dabei Sire, e<strong>in</strong>er amerikanischen<br />
Autorität <strong>in</strong> Weltsichtfragen <strong>und</strong> Verfasser e<strong>in</strong>es viel gelesenen Standardwerkes hierzu (Sire<br />
1997). Nach Sire hat jeder Mensch e<strong>in</strong>e Weltsicht:<br />
Wenige Menschen haben etwas, was an e<strong>in</strong>e artikulierte Philosophie heranreichen würde - wenigstens im S<strong>in</strong>ne<br />
der großen Philosophen. Noch weniger Menschen, so vermute ich, haben e<strong>in</strong>e sorgfältig konstruierte Theologie.<br />
Aber jedermann hat e<strong>in</strong>e Weltsicht (Sire 1997:16).<br />
Wir wollen im folgenden die wichtigsten Alternativen e<strong>in</strong>er Weltsicht kritisch beleuchten.<br />
Was ist die Wahl? Nach Sire ist sie nicht sehr groß.<br />
E<strong>in</strong>e Weltsicht be<strong>in</strong>haltet Antworten auf e<strong>in</strong>e relativ kle<strong>in</strong>e Zahl von Gr<strong>und</strong>fragen, von denen<br />
jede wieder nur wenige alternative Antworten zuläßt. So läßt Sires erste Frage - was ist die<br />
primäre, letzte Realität? - im Wesentlichen nur zwei Antworten zu: Gott oder der materielle<br />
Kosmos. Doch hier ist zunächst die vollständige Liste se<strong>in</strong>er sieben Gr<strong>und</strong>fragen: