christliche werte in wirtschaft und gesellschaft - Professorenforum
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se<strong>in</strong>es Lebense<strong>in</strong>kommens!) zwangsweise <strong>und</strong> unter Gewaltandrohung entzogen <strong>und</strong> damit neben tausend<br />
Absonderlichkeiten auch die Rente, die Krankheitskosten <strong>und</strong> die Arbeitslosenbezüge anderer Leute bezahlt<br />
(Baader 1997: 107).<br />
Was nicht für soziale Ausgaben verwendet wird, bekommt der Bürger auch nicht voll zurück,<br />
weil der Staat bei der Bereitstellung öffentlicher Güter <strong>in</strong>effizienter ist als private Anbieter.<br />
Bei privatem Angebot ließen sich nach Baader für fast alle öffentlichen Güter <strong>in</strong>dividuell<br />
zurechenbare Nutzerpreise erheben (Baader 1997: 107). Durch derartige Demotivation der<br />
Leistungsträger sägt der Sozialstaat den Ast ab, auf dem er sitzt. Wir er<strong>in</strong>nern nochmals an<br />
Rohrmoser: "Sozial ist nicht der, der verspricht <strong>und</strong> umverteilt, sondern der, der durch se<strong>in</strong>e<br />
Leistung dazu beiträgt, daß versprochen <strong>und</strong> umverteilt werden kann".<br />
Auch die Bedrohung der Wettbewerbsfähigkeit durch die hohe Abgabenlast wäre zu<br />
erwähnen. Wie Bild 3 zeigt, muß e<strong>in</strong> Unternehmer, der e<strong>in</strong>en Netto-St<strong>und</strong>enlohn von 20,- DM<br />
auszahlt, se<strong>in</strong>em K<strong>und</strong>en für das Produktäquivalent dieser Arbeitsst<strong>und</strong>e 60,- DM berechnen,<br />
um nur die Lohnkosten <strong>und</strong> die Abgabenlast wieder here<strong>in</strong>zuholen, von Gew<strong>in</strong>n ganz zu<br />
schweigen. Daß e<strong>in</strong> kostendeckender Preis, der sich auf das Dreifache des Nettolohns beläuft,<br />
die <strong>in</strong>ternationale Wettbewerbsfähigkeit <strong>und</strong> die Gew<strong>in</strong>möglichkeiten ernstlich gefährdet,<br />
bedarf ke<strong>in</strong>er weiteren Erläuterung. Dazu Scheuch: "Zugleich ist dieser Sozialstaat kaum<br />
mehr zu bezahlen. Mit der Art se<strong>in</strong>er F<strong>in</strong>anzierung über Lohnnebenkosten trägt er zusätzlich<br />
zur Arbeitslosigkeit bei" (Scheuch 1999).<br />
Christliche Wirtschaftsethik sollte den Mut haben, den gegenwärtigen Sozialstaat als<br />
gefährlich überzogen zu bezeichnen - wie es Scheuch ja ebenfalls andeutet - <strong>und</strong> statt für<br />
mehr Umverteilung für mehr Leistungsanreize, d.h. mehr Verfügungsfreiheit über das eigene<br />
<strong>wirtschaft</strong>liche Ergebnis, e<strong>in</strong>zutreten. Auf ke<strong>in</strong>en Fall sollte sie <strong>in</strong> das Gerede von sozialer<br />
Ungerechtigkeit <strong>und</strong> Begünstigung der "Besserverdienenden" <strong>und</strong> Reichen e<strong>in</strong>stimmen, etwa<br />
nach dem Muster Lafonta<strong>in</strong>es, der äußert, er sehe nicht e<strong>in</strong>, daß Manager "zig Millionen"<br />
e<strong>in</strong>streichen, während Arbeiter reale E<strong>in</strong>kommensverluste erleiden. Die klassenkämpferischen<br />
Untertöne s<strong>in</strong>d hier kaum zu überhören. Sozialpolitik ist weith<strong>in</strong> <strong>in</strong> Deutschland im Gegensatz<br />
etwa zu USA immer noch klassenkämpferisch e<strong>in</strong>gefärbt. Amerikanische Wirtschaftsfachleute<br />
urteilten auf e<strong>in</strong>er kürzlichen Tagung über die deutsche Situation: "Trotz der<br />
gegenteiligen Erfahrungen mit der 'sozialen Markt<strong>wirtschaft</strong>' <strong>in</strong> den Aufbaujahren der<br />
B<strong>und</strong>esrepublik gebe es selbst h<strong>und</strong>ertfünfzig Jahre nach dem 'Kommunistischen Manifest'<br />
noch immer ke<strong>in</strong> ressentimentfreies Verhältnis gegenüber Unternehmern <strong>und</strong> 'Kapital' "<br />
(Gillessen, 1999).<br />
11.3.2. Sozialleistungen zurückfahren, Subsidiarität stärken<br />
E<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derung der Abgabelast würde auf der anderen Seite - m<strong>in</strong>destens vorübergehend -<br />
e<strong>in</strong> Zurückfahren der Sozialleistungen erfordern. Dies wäre teils zumutbar, teils könnte es<br />
durch mehr eigene Initiative aufgefangen werden.<br />
Zum Beispiel wäre an e<strong>in</strong>e Reaktivierung privater sozialer Netze zu denken. Sautter<br />
konstatiert e<strong>in</strong>e abnehmende Belastbarkeit privater sozialer Netze.<br />
Die Familie galt als e<strong>in</strong>es der tragfähigen sozialen Netze. Das Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip setzt voraus, daß dieses Netz<br />
funktionsfähig ist. Doch diese Voraussetzung ist <strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik kaum mehr erfüllt. .... Die zunehmende<br />
Individualität der Lebensgestaltung geht also paradoxerweise e<strong>in</strong>her mit e<strong>in</strong>er wachsenden Abhängigkeit vom<br />
Staat (Sautter 1997a: 35).