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christliche werte in wirtschaft und gesellschaft - Professorenforum

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Als e<strong>in</strong>ziges Wertesystem, das uns auf Aufgaben <strong>in</strong> dieser Welt verweist <strong>und</strong> zugleich Distanz von dieser Welt<br />

gibt, erkennen wir das Evangelium mit se<strong>in</strong>em In-der-Welt-se<strong>in</strong> jedoch nicht Von-der-Welt-se<strong>in</strong>, mit se<strong>in</strong>er<br />

Forderung, <strong>in</strong> dieser Welt die Hungernden zu speisen <strong>und</strong> die Dürstenden zu tränken, <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Aussage, daß<br />

diese Welt nicht unsere Heimat ist. Die dadurch geprägte Verhaltensweise e<strong>in</strong>er Distanz bei großem Engagement<br />

ist die Ursache der beobachteten hohen Effizienz <strong>in</strong> <strong>christliche</strong>n Ländern. Je mehr wir deren Wurzeln<br />

untergraben, umso mehr schw<strong>in</strong>det sie dah<strong>in</strong>, wie wir jetzt beobachten (Millendorfer 1984:72).<br />

Hoffmann/Härle hatten ihre Forschungsergebnisse mit dem Satz begründet: "Religion wirkt<br />

über die von ihr vermittelten Werte auch auf die Wirtschaft <strong>und</strong> wird aus diesem Gr<strong>und</strong> als<br />

wichtige – für den Beg<strong>in</strong>n der Industrialisierung gar als ausschlaggebende – Determ<strong>in</strong>ante des<br />

<strong>wirtschaft</strong>lichen Verhaltens gesehen".<br />

Zum phänomenalen Wachstum des evangelikalen Protestantismus <strong>in</strong> Zentral- <strong>und</strong> Südamerika<br />

<strong>und</strong> dessen <strong>wirtschaft</strong>lichen Auswirkungen führt Berger aus:<br />

Die sorgfältigste Studie des evangelikalen Phänomens verdanken wir der Arbeit des britischen Soziologen David<br />

Mart<strong>in</strong> <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Mitarbeiter .... Diese Arbeit zeigt, daß Bekehrung zum Protestantismus oft nicht weniger als<br />

e<strong>in</strong>e Kulturrevolution hervorbr<strong>in</strong>gt .... Diese sozialen Veränderungen gehen Hand <strong>in</strong> Hand mit ähnlichen<br />

Veränderungen im <strong>wirtschaft</strong>lichen Verhalten. Die empirische Evidenz zeigt, daß Menschen <strong>in</strong> diesen Kirchen<br />

dieselben Tugenden zu praktizieren beg<strong>in</strong>nen, die Weber als "protestantische Ethik" bezeichnete. (In der Tat<br />

faßte e<strong>in</strong> Kommentator der Arbeit Mart<strong>in</strong>s dessen Entdeckungen mit der Bemerkung zusammen: "Max Weber is<br />

alive and well and liv<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Guatemala").<br />

Dies ist e<strong>in</strong>e Ethik der Diszipl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Selbstverleugnung, der harten Arbeit, des Sparens statt des Verbrauchs <strong>und</strong><br />

der systematischen Planung für die Zukunft. Zwar ist der heutige late<strong>in</strong>amerikanische Protestantismus - im<br />

Gegensatz zu se<strong>in</strong>en angelsächsischen Vorgängern - oft pentecostalen (pfl<strong>in</strong>gstlerischen) Charakters, das heißt er<br />

zeichnet sich durch e<strong>in</strong>en hochemotionalen, sogar euphorischen Anbetungsstil aus. Aber diese emotionale<br />

Prägung sche<strong>in</strong>t der neuen Nüchternheit des täglichen Lebens nicht im Wege zu stehen <strong>und</strong> fördert sie vielleicht<br />

sogar (Berger 1994:104-105).<br />

Die Beratungsfirma Mc K<strong>in</strong>sey veröffentlichte Bergers Ergebnisse unter der Überschrift<br />

"Reth<strong>in</strong>k<strong>in</strong>g Economics". Berger selbst gab se<strong>in</strong>em Artikel den bezeichnenden Titel "The<br />

Gross National Produkt and the Gods". Die E<strong>in</strong>wände der Ökonomen vorwegnehmend, führt<br />

Berger aus:<br />

....zahlreiche Ökonomen behaupten, da wir <strong>in</strong> <strong>wirtschaft</strong>lichen Angelegenheiten "rationale Akteure" seien,<br />

müßten wir <strong>in</strong> unseren anderen Lebensgebieten ebenso rational se<strong>in</strong>. Natürlich führt mich das zu der Frage,<br />

warum wir den Leuten, die <strong>in</strong> der Aufklärung, geschweige denn <strong>in</strong> der Vorhersage der Funktionsweise des<br />

Marktes so bemerkenswert erfolglos waren, zutrauen sollten, daß sie unsere geme<strong>in</strong>samen Interpretationen von<br />

Politik <strong>und</strong> sozialem Leben formen könnten (Berger 1994:97).<br />

Im Zusammenhang mit protestantischer Ethik werden auch falsche <strong>in</strong>haltliche Begründungen<br />

angeboten. Sehr entschieden muß man der Behauptung widersprechen, protestantische <strong>und</strong><br />

besonders calv<strong>in</strong>istische Christen seien auf <strong>wirtschaft</strong>lichem Gebiet besonders engagiert <strong>und</strong><br />

erfolgreich, um sich <strong>und</strong> anderen zu beweisen, dass sie bei Gott besonders gut dastehen <strong>und</strong><br />

zu den Erwählten gehören. Es mag se<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong>zelne so gedacht haben oder Max Weber oder<br />

Calv<strong>in</strong> so argumentiert haben. E<strong>in</strong> heutiger protestantischer Christ wird kaum je so denken<br />

oder motiviert se<strong>in</strong>. Vielmehr widerspricht e<strong>in</strong>e solche Auffassung der Lehre des Neuen<br />

Testaments so radikal, dass wir sie als Begründung der protestantischen Ethik verwerfen<br />

müssen. Die Auswirkungen des <strong>christliche</strong>n Glaubens auf alle Lebensgebiete, darunter auch<br />

die Wirtschaft, vollzieht sich <strong>in</strong> ganz anderen Bahnen. Dies sei am Beispiel e<strong>in</strong>zelner<br />

<strong>christliche</strong>r Werte <strong>und</strong> ihrer <strong>wirtschaft</strong>lichen Auswirkung illustriert.

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