Ausgabe 0911.pdf - Theater-Zytig
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Spotlicht ı Schlussapplaus<br />
Der Vorhang<br />
«Beim <strong>Theater</strong> lernt man sehr schnell,<br />
dass es gar nicht so einfach ist,<br />
natürlich zu sein.»<br />
Lilo Pulver<br />
fällt fällt fällt fällt fällt fällt fällt fällt fällt fällt<br />
Der junge Schauspieler probt<br />
auf Engagement. Direktor Heinrich<br />
Laube führt Regie und ist<br />
überhaupt nicht zufrieden mit<br />
seinem Gast. Nachdem er diese<br />
Unzufriedenheit zum zehnten<br />
Mal kundgetan hat, wendet sich<br />
der neue Mime ihm voll zu und<br />
sagt: «Sie haben von meiner<br />
Liebe zur Kunst keine Vorstellung!»<br />
Der Regisseur und Direktor<br />
antwortet: «Auf keinen Fall<br />
eine gut besuchte!»<br />
Der Kaiser zahlt die Schulden<br />
eines Hofschauspielers, der<br />
sich der Majestät bei der nächsten<br />
Audienz dankbar, erleichtert<br />
und schwungvoll zu Füssen wirft<br />
und begeistert ausruft: «Es gibt<br />
nur einen Kaiser!» Die Majestät<br />
lächelt: «Sie san a wahrer Komödiant!»<br />
Adele Sandrock sieht sich an<br />
der Bühnentür einem jungen<br />
Mann gegenüber, der ihr kaum<br />
bis zur Schulter reicht. «Wenn<br />
Sie gestatten, gnädige Frau,<br />
bringe ich Sie nach Hause. Wir<br />
wohnen in derselben Strasse.»<br />
«Aus welchem Grund? – Fürchten<br />
Sie sich, allein nach Hause<br />
zu gehen?»<br />
Zwei Komiker sind zart verfeindet.<br />
Der eine steht auf der Bühne<br />
und läutet mit jener Glocke,<br />
die den anderen vereinbarungsgemäss<br />
zum Auftritt ruft. Er<br />
läutet jedoch einmal, zweimal,<br />
dreimal, viermal vergebens. Als<br />
die Spannung den gerade noch<br />
erträglichen Grad von Peinlichkeit<br />
erreicht hat, tritt der «andere»<br />
auf. «Entschuldigen Sie,<br />
mein Herr, ich habe die Glocke<br />
nicht gehört.» Der Gefoppte<br />
foppt nun seinerseits und zum<br />
eigenen Applaus. Er ruft mit gut<br />
gespielter Wut: «Das werden wir<br />
ja sehen! Wehe, wenn du mich<br />
belogen hast, Dienerseele, ich<br />
werde mich selbst überzeugen!»<br />
Er läutet die Glocke, läuft von<br />
der Bühne ab, kommt wieder<br />
zurück und sagt zerknirscht:<br />
«Du hast recht – ich habe die<br />
Glocke selbst nicht gehört.»<br />
Aus Freundlichkeit inszeniert<br />
der Schauspielregisseur aus<br />
der Hauptstadt in der Provinz<br />
eine Operette. Nach der Generalprobe<br />
äussert er sich tröstend<br />
dem Dirigenten gegenüber:<br />
«Den Mangel an Blech im<br />
Orchestergraben gleicht das<br />
Textbuch völlig aus.»<br />
Der Intendant, ein Hundenarr,<br />
sucht dringend einen Shakespeare-Darsteller.<br />
Es wird ihm<br />
auch einer empfohlen. Der<br />
Mann wohnt in einer anderen<br />
Stadt, die Zeit drängt, das Engagement<br />
muss fernmündlich<br />
getätigt werden. Die Sache ist<br />
doppelt heikel, weil ein lieber<br />
Kollege den Intendanten wissen<br />
liess, der Empfohlene habe<br />
Schwierigkeiten mit S- und<br />
Zischlauten. – «Hätten Sie Zeit?»<br />
«Ja, Herr Intendant.» «Sind Sie<br />
in der Rolle studiert?» «Ja, Herr<br />
Intendant.» «Stellen Sie irgendwelche<br />
Bedingungen?» «Ja, Herr<br />
Intendant» (bisher kein S- und<br />
Zischlaut), «ich möchte meinen<br />
Hund mitnehmen.» «Sie haben<br />
einen Hund?!» (Freude, aber<br />
immer noch kein S- und Zischlaut.)<br />
«Eine Dogge.» «Engagiert!<br />
– Das heisst… Haben Sie noch<br />
einen zweiten Hund?» «Nein,<br />
Herr Intendant.» «Hatten Sie vor<br />
der Dogge einen?» «Ja.» «Welchen?!»<br />
«Einen Riesenschnauzer.»<br />
(völlig korrekte Aussprache)<br />
«Endlich! – Engagiert.»<br />
Der grantige Mime studiert ein<br />
Couplet ein und fühlt sich vom<br />
Orchester nicht anschmiegsam<br />
genug begleitet. Er spielt sich<br />
an die Rampe und knurrt zum<br />
Dirigenten hinunter: «Ja, was ist<br />
denn? Ich fang‘ erst an und Sie<br />
sind schon fertig?!»<br />
Herzog Alba hat in Schillers<br />
«Don Carlos» den Schlusssatz<br />
der fünften Szene im letzten<br />
Akt: «Unterdessen geb‘ ich Madrid<br />
den Frieden.» Marquis Posa<br />
liegt bereits tot auf dem Boden.<br />
Don Carlos hat mehr Temperament<br />
als Können, tritt dem<br />
erschossenen Freund auf die<br />
Hand, die «Leiche» zuckt, zieht<br />
die Hand behutsam an sich und<br />
erregt gewaltige Heiterkeit. Die<br />
Granden gehen sehr plötzlich<br />
ab, auch Herzog Alba ist nicht<br />
in der Lage, seinen Satz zu<br />
sprechen. Als dem nun wieder<br />
halbwegs reglosen Posa auch<br />
noch der Vorhang quer über den<br />
Leib fällt, springt er auf, winkt<br />
ab und geht mit dem richtigen,<br />
wenngleich nicht von Schiller<br />
stammenden Vermerk: «Nicht<br />
mir und nicht Madrid wird heute<br />
Frieden.»<br />
Der Komponist ist eingeladen,<br />
sein eigenes Werk zu dirigieren.<br />
Er probt mit dem Opernorchester,<br />
ist aber nicht zufrieden.<br />
Als er zum siebten Male beim<br />
gleichen Takt abklopft, ruft ein<br />
Musiker boshaft: «Die Mühe ist<br />
vergebens, Herr Kapellmeister,<br />
diese Stelle macht uns schon im<br />
‹Tristan› die grössten Schwierigkeiten!»<br />
30<br />
<strong>Theater</strong>-<strong>Zytig</strong> 0911