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pdf (1104 KB) - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Clay, Militärgouverneur im amerikanischen Sektor der gespaltenen Metropole, macht ein<br />

Bekenntnis: „Wir haben die Tschechoslowakei verloren. Norwegen ist bedroht, in Italien<br />

bereiten sich entscheidende Wahlen vor. Geben wir Berlin auf, dann ist Westdeutschland<br />

verloren. Wenn wir Europa gegen den Kommunismus verteidigen wollen, müssen wir<br />

durchhalten.“ 90<br />

Dieser politischen Einschätzung ist auch Günter Neumann, der Gründer der Radio-<br />

Insulaner, weitgehend verpflichtet. Zunächst erscheint nur das gedruckte Insulaner-<br />

Magazin, eine Satirezeitschrift, die sich bis zur Währungsreform beim Publikum<br />

behauptet. Herbert Sandberg fungiert als Chefredakteur, setzt sich dann aber in den<br />

Osten der Stadt ab. Günter Neumann kann dank gefestigter Verbindungen zum alliierten<br />

Radiosender RIAS 91 ein erstes Konzept für ein Radio-Kabarett anbieten. Geplant ist in<br />

aller Bescheidenheit nur eine Sendung zum Weihnachtsfest am 25. Dezember 1948.<br />

Doch es kommt in der Folge ganz anders. Der durchschlagende Erfolg der Kabarettisten<br />

ermöglicht von 1948 bis 1968 über 150 Radio-Inszenierungen. Erst das aufkommende<br />

Fernsehen Ende der fünfziger Jahre, aber auch die veränderte politische Landschaft in<br />

den sechziger Jahren in Berlin, die außerparlamentarische Opposition,<br />

Antiamerikanismus und Vietnam-Trauma bei der jungen Generation, verändern die<br />

Rezeptionsbedingungen für Neumanns Truppe entscheidend - und zu seinen Ungunsten.<br />

Mit den Protagonisten Tatjana Sais, Edith Schollwer, Rita Paul, Agnes Windeck, Joe<br />

Furtner, Bruno Fritz, Walter Gross und Ewald Wenck tingeln die Sänger im Namen der<br />

westlichen Freiheitsvorstellung in die Schweiz und nach Luxemburg. Der kalte Wind der<br />

Konfrontation zwischen Ost und West, das Säbelgerassel der Herren Stalin, Wilhem<br />

Pieck, Harry S. Truman, des Kanzlers am fernen Rhein, dienen als fruchtbarer Grund, auf<br />

dem der durchschlagende Erfolg der trutzigen Adenauer-Barden wurzelt. Ihre<br />

Erkennungsmelodie, das Lied der Insulaner, ist nicht nur eine patriotische Liebeserklärung<br />

an den Westen, in Sonderheit an die Schutzmacht Amerika. Die Komposition ist eine<br />

Reverenz an die swingende Liedtradition der Freunde aus den Staaten, an den<br />

süßlichverkitschten Sound der Andrew Sisters. Der angeschlagene Ton referiert ganz<br />

unverstellt das unter der jungen Generation beliebte AFN-Programm, Klänge, die nach<br />

90 Clay, Lucius, zitiert in: Zentner, Christian, 1984, S. 63<br />

91 d.i.: Radio im amerikanischen Sektor (RIAS).<br />

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