pdf (1104 KB) - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg
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Eine Zensur findet statt<br />
Das Kabarett hat von jeher die Zensur - was immer dies global betrachtet meint - und ihre<br />
scheinbar zivil und nur dem Recht und dem Geschmack verpflichteten Obmänner in den<br />
Funk- und Fernsehanstalten beschäftigt. „Eine Zensur findet nicht statt“ wird im<br />
Grundgesetz Artikel 5 freundlich und bestimmt behauptet. Die Realität sieht freilich auch<br />
nach 1949 anders aus und ist mit der Verfassungswirklichkeit weiterhin nicht in Deckung.<br />
Dabei ist von vornherein zu fragen, ob die Interventionen von kirchlicher, staatlicher oder<br />
öffentlich-rechtlicher Seite für die Kabarett-Kunst nicht zugleich stets eine fruchtbare<br />
Provokation bedeuten. Das klingt ketzerisch, dient gleichwohl der Standortbestimmung<br />
der öffentlich befehdeten Kunst. Es gibt die bislang nicht widerlegte These, daß das<br />
Kabarett ganz allgemein, vor allem aber das politische, den direkten Schlagabtausch mit<br />
der Obrigkeit als kreatives Potential für sich nutzt. Wäre alles geduldet, gäbe es nicht<br />
immer wieder öffentlich-rechtliche Nachstellungen und Verfolgungen in Richtung<br />
Kleinkunst, dann müßte dieser Kunstbetrieb um seine Legitimation und seine literarische<br />
Wirkung zu Recht fürchten. Es ist eine schizophrene und zugleich, wenn man so will,<br />
sadomasochistische Ausgangslage: Das Kabarett wird von den Rezipienten gerade dort<br />
als unverzichtbares Instrumentarium verstanden, wo es auf Kollisionskurs mit einer<br />
mächtigen oder staatstragenden Auffassung ist. Die Spannung, die Werner Finck<br />
erzeugte, liegt gerade im unausgesprochenen Verbot, in der Möglichkeit zum staatlichen<br />
Eingriff. Die verfolgte Kunst lebt von dem Tanz auf dem Vulkan und von der relativen<br />
Ungewißtheit ihrer Wirkung auf die Politik. Zensur, wenn sie heute im Kontext des<br />
Kabaretts stattfindet, hat ihren Ort in der Fernsehgesellschaft fast ausschließlich im<br />
Fernsehmedium selbst. Im Theatersaal, auf den Kanälen der Rundfunksender ist nahezu<br />
alles erlaubt, herrscht nächtens ein gerüttelt Maß an Narrenfreiheit, wobei freilich immer<br />
noch die feinen Mechanismen der „inneren Zensur“ in Rechnung zu stellen sind. Der<br />
öffentliche Skandal, der registrierte, er findet seit den späten fünfziger Jahren in bezug auf<br />
das Kabarett nur noch im Fernsehen statt. Emsige Staatskanzleien zwischen München<br />
und Kiel, geschaftelhuberische Rundfunkräte prüfen mit Bedacht, ob Sitte und Anstand -<br />
in deren Sinne - gewahrt bleiben, und die Kirche - heute leiser als früher- läßt ebenfalls<br />
die Übereinstimmung mit ihren verfügten Dogmen und Moralwerten prüfen. Jeder dieser<br />
Eingriffe von seiten der bestallten Fernsehwächter alarmiert die Kabarettisten, weil die<br />
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