pdf (1104 KB) - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg
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Ernstere.“ 68 Jura Soyfer zeigt zusammen mit Herbert Zipper solch ein Zusammenspiel von<br />
Spott und Nachdenklichkeit.<br />
Leo Strauß, der Sohn des Operetten-Komponisten Oscar Strauß, persifliert in<br />
Theresienstadt vor seinem Abtransport im Oktober 1944 nach Auschwitz das<br />
gespenstische Leben der Potemkinschen KZ-Garnison. Der Schrecken meldet sich<br />
verschlüsselt zu Wort, das Vertraute ist Maske, ein Spiel von Figuren und<br />
Marionetten rollt in der Garnison ab. Die unschwer zu vollziehende Dechiffrierung<br />
entlarvt ein Gemeintes als Fassaden-Wirklichkeit. Das Cafe ist eine installierte Fata<br />
Morgana, die Menschen dieser Geisterstadt bewegen sich im Irrealis, sie täuschen<br />
sich Vergangenheit und Zukunft in ungesicherten Projektionen vor. Gefährdungen,<br />
die Jura Soyfer beschrieben hat, Verlust der Mitmenschlichkeit, sie tauchen auch in<br />
diesem Chanson auf. Die Stadt ist „als ob“, die Menschen sind Opfer lancierter<br />
Gerüchte. Die Realität liegt außerhalb der Umzäunung, die Welt spult sich wie bei<br />
der Ufa in Babelsberg als Film ab. Irgendwo draußen, fern ab von der Geisterstadt<br />
Als-Ob, gibt es die geahnte Schreckensbühne. Dort gibt es Gleise, Bahnhöfe, den<br />
Prellbock, Schornsteine. Das Kabarett-Lied erlangt in Theresienstadt große<br />
Popularität und ist ein anrührendes Kabinettstück der artistischen Camouflage, der<br />
enthüllenden Aussparung.<br />
Als ob<br />
Ich kenn ein kleines Städtchen,<br />
Ein Städtchen ganz tipptopp,<br />
Ich nenn es nicht beim Namen,<br />
Ich nenns die Stadt Als-ob.<br />
Nicht alle Leute dürfen<br />
In diese Stadt hinein,<br />
Es müssen Auserwählte<br />
68 Zitiert in: Budzinski, Klaus, 1985, S. 219.<br />
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