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pdf (1104 KB) - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Ausland nicht mehr gelogen, sondern muß die Wahrheit verschwiegen werden. Also, wenn man<br />

das einhält, dann dürfen die Falken hin, wo sie wollen. (...) 130<br />

Zur Zeit der Studentendemonstrationen agiert und agitiert „der Große Kleine Mann, der<br />

vollkommene Kabarettist“ 131 selbstverständlich gegen die Schlachten im fernen Vietnam.<br />

Er erklärt dem Krieg den Krieg, nimmt an den Zirkeln des SDS teil. Doch kopflastiges<br />

Debattieren ohne Konkretion liegt ihm nicht. In dem autobiografischen Roman „Der Mann<br />

mit der Pauke“ nimmt sich das Zusammtreffen des Kabarettisten mit den Spontis,<br />

Dogmatikern und Kommunarden und Demonstranten recht amüsant aus:<br />

„Wir saßen am Ofen. Viele andere standen, Sie sollten die Demonstration besprechen, aber was<br />

man hörte, waren theoretische Erinnerungen an den Ursprung des Vietnamkrieges. Ich wollte<br />

sofort abhauen. Aber die Leute, die an der Tür standen und sie versperrten, sahen so düster<br />

aus, daß ich ängstlich sitzen blieb und ein intelligentes Gesicht machte, als ob ich den ganzen<br />

Quatsch tatsächlich verstehen würde. Die SDS-ler erinnerten sich weiter. Sie erinnerten sich<br />

derart intensiv an den Vietnamkrieg, daß sie daraus eine Wissenschaft machten. Man wußte<br />

nicht, wogegen sie eigentlich waren und wofür, und inzwischen wurde der Krieg immer<br />

schlimmer. Ich hatte mir vorgenommen, den Mund nicht aufzumachen. Außerdem hatte ich<br />

Angst, eine unheimliche Angst, mich zu blamieren.“ 132<br />

Der Protest gegen die amerikanische Kriegspolitik ist besonders in Berlin laut und<br />

vernehmlich. Die großen Zeitungskonzerne werden von der linken Szene als<br />

Ideologieträger dieser Politik entlarvt. „Haut dem Springer auf die Finger“ lautet das Motto,<br />

während die Demonstranten am Verlagsgebäude des Bechtle-Drucks in Esslingen a.N.,<br />

schwäbisch verkleinernd, „Bechtle, Bechtle - Springers Knechtle“ skandieren. Wolfgang<br />

Neuss rechnet mit der BILD-Zeitung auf seine Weise ab. Hannelore Kaub hat schon 1963<br />

ein ganzes Kabarettprogramm im Bügelbrett dem Massenblatt gewidmet, der Titel:<br />

„Millionen BILD-Leser fordern“. Wenn Neuss über das Massenblatt spricht, dann ist dies<br />

immer zugleich auch die ganz persönliche Abrechnung mit der Berliner Journaille, die den<br />

Kabarettisten im vermeintlichen Interesse ihrer bürgerlichen Leser über Jahre mit<br />

Verunglimpfungen traktiert. Neuss über sein verhaßtes Blatt:<br />

Neuss spricht BILD<br />

Das jüngste Gewerbe der Welt<br />

Zweistimmiges Anhearing. Zum Abtreiben der Manipulation.<br />

Nicht von Schering.<br />

130Kabarett 1946-1969, CD 3, Nr. 8; Felix von Eckhardt lebte von 1903-1979 und war 1956-1962 Leiter des<br />

Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, 1962 - 1965 Bundesbevollmächtigter für<br />

Berlin.<br />

131Vgl. Salvatore, Gaston, 1981.<br />

132Ebd., S. 311.<br />

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