30.04.2014 Aufrufe

Nyelvtudományi közlemények 91. kötet (1990)

Nyelvtudományi közlemények 91. kötet (1990)

Nyelvtudományi közlemények 91. kötet (1990)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

FORMEN UND WEGE DER SPRACHMISCHUNG 95<br />

7. Diese flüchtige Untersuchung, die keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit<br />

erheben kann, zeigt, daß der deutsche Einfluß im Sinti allgegenwärtig<br />

ist und sich nicht etwa auf den Wortschatz beschränkt. 13 Die Unmenge deutscher<br />

lexikalischer Elemente kann nur als Index für die starke Überfremdung<br />

des Sinti ausgelegt werden. Ausschlaggebend ist die Unterwanderung der<br />

Syntax, die der ganzen Sprache einen deutschen Charakter verleiht. Diese<br />

Sprachsituation entspricht vollauf dem Bewußtsein der Sprecher, die — wie<br />

Mészáros 1980. 5 hervorhebt — sich mit einem gewissen Stolz zu ihrer "deutschen<br />

Herkunft" bekennen, eine Tatsache, die angesichts ihres Leidensweges<br />

gerade im nationalsozialistischen Deutschland verblüffend ist. Sprachtypologisch<br />

gesehen ist es vielleicht nicht zu gewagt, wenn wir das Sinti in die<br />

Nähe der Kreolsprachen rücken, mit dem Unterschied allerdings, daß die<br />

charakteristische Mehrsprachigkeit der Sprecher die Wege wie die konkreten<br />

Formen der ununterbrochenen Sprachmischung permanent offen hält.<br />

Die Einbruchsstellen des Ungarischen sind auf die oben erwähnten<br />

"grammatischen Lücken" und einige Füllwörter wie (hát>) hat 'nun, also'<br />

bzw. "Adverbien" vom Typ (nagyon>) nad'on 'sehr', (sehogyan>) sehod'an<br />

'keineswegs' beschränkt. In der Funktion der Konjunktion 'daß' ist neben<br />

zig. ti und ho () hod' zu hören.<br />

Die auch allgemein linguistisch wichtigste Lehre für uns könnte jedoch<br />

die Feststellung sein, daß der infolge der deutschen Durchdringung zu erwartende<br />

Sprachwechsel zugunsten des Deutschen in der nichtdeutschen Umgebung<br />

nicht gestoppt wurde, sondern unter den Bedingungen der Akkulturation<br />

an eine nicht deutsche, eben die ungarische, Sprachträgergemeinschaft<br />

einen in der Sprachentwicklung des Sinti nicht vorbereiteten Weg einschlug.<br />

Mit anderen Worten: Dieser Sprachwechsel ist nicht evolutionistisch,<br />

sondern revolutionär, also ein sprunghafter Sprachumbruch.<br />

C. J. HUTTERER<br />

Es sei hervorgehoben, daß die Zigeuner ihre Wörter nicht aus den Volksmundarten (Bauernsprachen),<br />

sondern aus den Regionalsprachen bzw. Verkehrsmundarten des Deutschen<br />

entlehnen.<br />

Nyelvtudományi Közlemények <strong>91.</strong> <strong>1990</strong>.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!