PC Magazin Classic XXL Windows Desinfector (Vorschau)
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DVD CD<br />
e-book Handbuch Filesharing<br />
eingestandenermaßen über 3.000 Musikdateien<br />
illegal zum Download verfügbar gemacht<br />
hatte. Der Vater wollte die Abmahnkosten<br />
in Höhe von ursprünglich 3.500 Euro<br />
nicht zahlen, da er als Anschlussinhaber<br />
nicht für das Verhalten seines erwachsenen<br />
Sohnes verantwortlich sei. Der BGH gab ihm<br />
recht: Ein Anschlussinhaber hat bei einem<br />
bestehenden besonderen Vertrauensverhältnis<br />
(hier unter volljährigen Familienmitgliedern)<br />
keine Belehrungs- und Überwachungspflicht.<br />
Das ist eine signifikante<br />
Einschränkung der gefürchteten Störerhaftung,<br />
die es der Unterhaltungsindustrie bisher<br />
leicht machte, ohne echte Klärung einer<br />
Täterschaft Leute abzukassieren. Die Regel:<br />
Wer den Anschluss innehat muss blechen,<br />
gilt so ohne Weiteres nicht mehr.<br />
Die sogenannte Morpheus-Entscheidung<br />
von 2012 wies bereits in dieselbe Richtung.<br />
Damals entschied der BGH, dass Eltern<br />
ihrer Aufsichtspflicht bereits nachkommen,<br />
wenn sie ihre minderjährigen Kinder<br />
über die Rechtswidrigkeit von Filesharing<br />
aufklären und wies eine permanente<br />
Kontrollpflicht zurück. Das widerspricht<br />
den Schnüffelträumen der Verwerter von<br />
Musik und Filmen.<br />
Wird jetzt weniger oder<br />
anders abgemahnt?<br />
Die direkten Auswirkungen der jüngsten<br />
höchstrichterlichen Urteile sind leider noch<br />
gering. Der auf Internet-Recht spezialisierte<br />
Anwalt Christian Solmecke beobachtet<br />
allerdings, dass die Erfolgsaussichten für<br />
abgemahnte Filesharer in Gerichtsverfahren<br />
seit dem letzten BGH-Urteil gestiegen<br />
sind. Die beste Nachricht für Abgemahnte<br />
dürfte derzeit das schon genannte Anti-<br />
Abzockgesetz vom letzten Jahr bedeuten.<br />
Es macht die einzelne Abmahnung „billiger“,<br />
hat bisher aber nicht zu einem Rückgang<br />
des Abmahn(un)wesens geführt. Den<br />
Anspruch auf Schadenersatz, der Teil der<br />
Abmahnkosten ist, veranschlagen die Gerichte<br />
sehr unterschiedlich. Zwischen 50<br />
und 500 Euro können für einen getauschten<br />
Film fällig werden. Mit einer BGH-Entscheidung<br />
in diesem Bereich ist nicht vor Ende<br />
2014 zu rechnen. Die „InteresenGemeinschaft<br />
gegen den AbmahnWahn“ (www.iggdaw.de)<br />
sieht dagegen einen Höhepunkt der<br />
Abmahnwelle für die Jahre 2009 und 2010.<br />
Ihrer Statistik zufolge, die sie auch den<br />
freiwilligen Angaben in ihrer Abmahndatenbank<br />
hochgerechnet hat, sind die Filesharing-Abmahnzahlen<br />
nach 2010 wieder<br />
deutlich gesunken.<br />
www.pc-magazin.de <strong>PC</strong> <strong>Magazin</strong> 6/2014<br />
„Oft ist unklar, ob der Internetanschlussinhaber<br />
überhaupt der Täter<br />
und damit zum Schadenersatz<br />
verpflichtet ist.“<br />
Interview mit Christian Solmecke<br />
Der Rechtsanwalt arbeitet für die Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke (www.<br />
wbs-law.de). Er ist Experte für Internetrecht und E-Commerce und vertritt zahlreiche<br />
Medienschaffende, Web-Plattformen und auch abgemahnte Filesharer.<br />
Was tue ich als Erstes, wenn eine Abmahnung ins Haus kommt?<br />
Christian Solmecke: Abgemahnte sollten auf keinen Fall voreilig die beigefügte Unterlassungserklärung<br />
unterschreiben. Diese kann in den meisten Fällen mit einer so<br />
genannten modifizierten Unterlassungserklärung noch zugunsten des Abgemahnten<br />
abgeändert werden. Am besten sollte ein Anwalt die Abänderung verfassen, da sonst<br />
die Gefahr droht, dass die Gegenseite die Unterlassungserklärung nicht akzeptiert und<br />
die Frist verstreicht.<br />
Muss ich die „Unterlassungserklärung“ überhaupt abgeben?<br />
Solmecke: Wenn Sie die Abgabe der Unterlassungserklärung verweigern, kann die Gegenseite<br />
ein sogenanntes einstweiliges Verfügungsverfahren anstrengen. Dies ist mit<br />
immensen Kosten und rechtlichen Risiken verbunden. Insofern rate ich zumindest zur<br />
Abgabe der modifizierten Unterlassungserklärung.<br />
Manchmal wird empfohlen, Unterlassungserklärungen an alle bekannten<br />
Abmahnkanzleien zu schicken.<br />
Solmecke: Leider mahnen derzeit so viele Kanzleien ab, dass vorbeugende Unterlassungserklärungen<br />
kaum noch praktikabel sind. Das war früher anders.<br />
Muss ich alle Forderungen der Gegenseite akzeptieren?<br />
Solmecke: Nein, die Schadenersatzkosten sind häufig zu hoch angesetzt. Auch hier<br />
lohnt sich eine Überprüfung durch einen Rechtsanwalt. Außerdem ist oft unklar, ob<br />
der Internetanschlussinhaber überhaupt der Täter und damit zum Schadenersatz<br />
verpflichtet ist.<br />
Und wenn ich einfach gar nichts mache?<br />
Solmecke: Das ist nicht ratsam! Wer die Frist zur Abgabe der Unterlassungserklärung<br />
verstreichen lässt, riskiert das schon erwähnte einstweiliges Verfügungsverfahren.<br />
Was muss ich tun, wenn ein Inkasso-Unternehmen die Abmahnkosten<br />
eintreiben will?<br />
Solmecke: Geben Sie in keinem Fall dem Druck und der Forderung des Inkasso büros<br />
nach. Schreiben der Inkassobüros können direkt an einen Anwalt weitergeleitet<br />
werden. Zum Teil sind die Forderungen bereits verjährt oder nicht vollständig an das<br />
Inkassobüro verkauft worden.<br />
Wer wird noch abgemahnt<br />
und wofür?<br />
In der Abmahndatenbank der iggdaw sind<br />
rund 6.500 Fälle gelistet – nur ein Bruchteil<br />
der Fälle, die es seit 2008 gegeben hat. Die<br />
dicksten Brocken sind hier mit mehr als der<br />
Hälfte der Fälle „Video Porno“, gefolgt von<br />
Musik und „Video Spielfilm“ mit jeweils<br />
etwas unter einem Viertel. Auf Spiele und<br />
Anwalt Christian Solmecke<br />
„Hörbücher/E-Books“ entfallen immerhin<br />
noch fast 200 Abmahnungen. Diese Zahlen<br />
repräsentieren die in die Hunderttausende<br />
gehenden Abmahnfälle der letzten Jahre<br />
natürlich nicht verlässlich. Sie geben aber<br />
einen Eindruck wieder, aus welchen Richtungen<br />
Abmahner sich besonders gern anpirschen.<br />
Jenseits des Filesharings werden<br />
im geschäftlichen Bereich weiterhin fehlende<br />
oder fehlerhafte Impressa und AGB<br />
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