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internationale mathematische nachrichten - Österreichische ...

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100 JAHRE MERTENSSCHE VERMUTUNG<br />

Christa Binder<br />

Wenn man vom großen Aufschwung der österreichischen Mathematik<br />

im 20. Jahrhundert spricht, dann denkt man im Allgemeinen an das Dreigestirn<br />

Wirtinger – Furtwängler – Hahn, eventuell noch an Gödel, Menger und<br />

Radon, doch ihre Vorgänger und Lehrer, die diese Erfolge erst ermöglicht<br />

haben, bleiben meist im Hintergrund. Dem bedeutenden Analytiker Gustav<br />

von Escherich, den man als Pionier der Funktionalanalysis bezeichnen kann,<br />

und dessen Werk vor allem in seinen berühmten Schülern weiterlebt, soll eine<br />

eigene Abhandlung gewidmet werden. Auch Leopold Gegenbauer soll ein<br />

andermal behandelt werden. Und die Geometer verdienen ohnehin eine eigene<br />

Untersuchung. In diesem Artikel soll nun – aus gegebenem Anlaß – der<br />

Zahlentheoretiker Franz C.J. Mertens kurz vorgestellt werden, und auch die<br />

Geschichte der nach ihm benannten Vermutung bis zu ihrer Widerlegung.<br />

Franz Carl Josef Mertens (1840 – 1927)<br />

Franz Carl Josef Mertens wurde am 20. März 1840 in Schroda, Posen,<br />

geboren. Sein Vater war Kreiswundarzt. Nach Besuch des Gymnasiums in<br />

Tremessen studierte er von 1860 bis 1865 an der Universität Berlin Mathematik<br />

und Physik. Von seinen Lehrern Kronecker, Kummer und Weierstraß<br />

haben ihn die beiden erstgenannten besonders beeinflußt. Der Titel seiner<br />

Dissertation lautet De functione potentiala duarum ellipsoidum homogenarum,<br />

und mit elliptischen Funktionen und deren Zusammenhang mit der<br />

Zahlentheorie hat er sich später noch oft beschäftigt. Noch im Jahr seines<br />

Studienabschlusses, 1865, erhielt er einen Ruf als außerordentlicher Professor<br />

an die Universität Krakau, 1869 wurde er dort ordentlicher Professor.<br />

Insgesamt hat er dann 19 Jahre lang sehr erfolgreich in Krakau gewirkt, bis<br />

er 1884 einem Ruf an die Technische Hochschule in Graz folgte. 1894 wurde<br />

er an die Universität Wien berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1911<br />

als hochgeehrter Professor gemeinsam mit Escherich, Gegenbauer, Wirtinger<br />

und Kohn erfolgreich wirkte.<br />

Von den zahlreichen Auszeichnungen und Mitgliedschaften in Akademien<br />

und akademischen Ämtern (unter anderem: Titel Regierungsrat 1882, Titel<br />

Hofrat, Rektor der TH Graz 1884/85, Preis von Göttingen, Steiner-Preis der<br />

Berliner Akademie, Komtur des Franz-Josefs-Ordens; Mitglied der Göttinger<br />

Gelehrten Gesellschaft, der Preußischen Akademie der Wissenschaften in<br />

Berlin, der Krakauer k.k. Akademie der Wissenschaften) sei hier die Akademie<br />

der Wissenschaften in Wien besonders hervorgehoben, der er seit 1892<br />

als korrespondierendes Mitglied und seit 1894 als wirkliches Mitglied insgesamt<br />

35 Jahre lang angehörte und in deren Sitzungsberichten mehr als<br />

die Hälfte seiner über 100 wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlicht worden<br />

sind.<br />

Mertens war bescheiden, liebenswürdig und milde, bei seinen Schülern<br />

und Kollegen sehr beliebt. In den 16 Jahren, die er an der Universität Wien<br />

wirkte, hielt er die turnusmäßigen Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung,<br />

Algebra, Analytische Geometrie, Zahlentheorie, Wahrscheinlichkeitsrechnung<br />

und <strong>mathematische</strong> Statistik mit großem Erfolg. Seine<br />

Rechnungen waren schrittweise sehr klar und einfach zu verfolgen, doch<br />

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