Ausgabe - 11 - Produktion
Ausgabe - 11 - Produktion
Ausgabe - 11 - Produktion
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
14. März 2013 · Nr. <strong>11</strong> · <strong>Produktion</strong> · Energie-Effizienz · 27<br />
TREIBHAUSGASE<br />
EU-Emissionshandel: Unwucht im System<br />
MICHAELA NEUNER, PRODUKTION NR. <strong>11</strong> , 2013<br />
Bereits kurz nach Beginn der dritten Handelsperiode hinterfragt die EU<br />
die Mechanismen des europäischen Emissionshandels. Forderungen<br />
nach ehrgeizigeren Klimaschutzzielen stehen im Raum.<br />
LANDSBERG. Die Treibhausgasemissionen<br />
in Deutschland sind<br />
2012 leicht angestiegen: Nach vorläufigen<br />
Berechnungen des Umweltbundesamtes<br />
(UBA) lagen sie<br />
mit 931 Megatonnen Kohlendioxid-Äquivalente<br />
in 2012 um 1,6 %<br />
höher als 20<strong>11</strong> und nähern sich<br />
damit dem Wert des Nachkrisenjahres<br />
2010 (937 Mt CO 2<br />
Äq). „Der<br />
durch den Atomausstieg verschiedentlich<br />
herbei geredete starke<br />
Anstieg der Klimagas-Emissionen<br />
ist zwar ausgeblieben, weil vor allem<br />
der weitere Ausbau der erneuerbaren<br />
Energien dem entgegengewirkt<br />
hat. Sorgen macht mir<br />
dennoch der Trend, wieder mehr<br />
Kohle zu verstromen“, erklärt UBA-<br />
Präsident Jochen Flasbarth.<br />
Ein Trend, der sich fortsetzt. Laut<br />
Bundesnetzagentur sollen in diesem<br />
Jahr Kohlekraftwerke mit einer<br />
Gesamtleistung von knapp<br />
5 300 MW ans Netz gehen, während<br />
lediglich sieben Kohlekraftwerke<br />
mit insgesamt gut 1 000 MW den<br />
Betrieb einstellen werden. Insbesondere<br />
durch die Verstromung<br />
fossiler Energieträger verursacht<br />
die Energiewirtschaft mit mehr als<br />
400 Mio t jährlich den Löwenanteil<br />
der Emissionen, wobei bereits 20<strong>11</strong><br />
allein auf das Treib hausgas Koh-<br />
lendioxid 87 % entfielen. Den Anstieg<br />
im letzten Jahr dominierten<br />
die CO 2<br />
-Emissionen mit einem<br />
Plus von zwei Prozent.<br />
Bei Veröffentlichung der Emissionswerte<br />
für 2012 Ende Februar<br />
rief Flasbarth deshalb dazu auf,<br />
den europäischen Emissionshandel<br />
durch eine Erhöhung der Klimaschutzziele<br />
nachhaltig zu stärken:<br />
„Das von der EU-Kommission<br />
vorgeschlagene ‚Backloading’ von<br />
900 Millionen CO 2<br />
-Zertifikaten wäre<br />
dafür ein erster Schritt. Letztlich<br />
müssen die Zertifikate aber nicht<br />
Treibhausgasemissionen 2012<br />
um 14 Mio Tonnen gestiegen<br />
nur vorübergehend, sondern dauerhaft<br />
vom Markt genommen werden.“<br />
Die EU-Kommission und der<br />
Umweltausschuss des Europäischen<br />
Parlaments hatten sich kurz<br />
zuvor darauf verständigt, 900 Mio<br />
neue Zertifikate bis 2019/2020 zurückzuhalten.<br />
„Damit wird der Emissionshandel<br />
für die über 2 000 betroffenen<br />
Unternehmen in Deutschland unkalkulierbar<br />
und die Handelszertifikate<br />
werden teurer“, warnt DIHK-<br />
Hauptgeschäftsführer Martin<br />
Wansleben. Hildegard Müller,<br />
Der verstärkte Einsatz von Kohlekraftwerken zur Stromerzeugung treibt die<br />
CO 2<br />
-Emissionen in Deutschland in die Höhe.<br />
Bild: Tom Bayer – Fotolia.com<br />
Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes<br />
der Energie- und<br />
Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßte<br />
dagegen die Entscheidung als<br />
Maßnahme zur Stabilisierung des<br />
Emissionshandels. „Dieses so genannte<br />
‚Backloading‘ darf aus Sicht<br />
der Energiebranche jedoch nur<br />
einmalig erfolgen,“ sagt Müller, „es<br />
kann zudem nur der erste Schritt<br />
einer Reform des CO 2<br />
-Zertifikate-<br />
Handels sein.“<br />
Reformen hatte es schon von der<br />
zweiten auf die dritte Handelsperiode<br />
von 2013 bis 2020 gegeben: So<br />
erhalten beispielsweise die Energieversorger<br />
ab diesem Jahr keine<br />
Frei-Zuteilungen mehr. Die Unternehmen<br />
bekommen noch kostenlose<br />
Zertifikate, wenn sie die erforderlichen<br />
Benchmarks erreichen.<br />
Für sie ist in 2013 eine kostenfreie<br />
Zuteilung in Höhe von 80 % vorgesehen.<br />
Den Rest müssen sie aus<br />
ihren Reserven bestreiten oder zukaufen.<br />
Die Börsenpreise für EU-<br />
Allowances (EUA) liegen derzeit<br />
mit unter fünf Euro so niedrig, dass<br />
die EEX die Versteigerung seit Jahresbeginn<br />
bereits zwei Mal abgebrochen<br />
hat.<br />
„Es ist nicht zu erwarten, dass wir<br />
auf dem CO 2<br />
-Markt in der nächsten<br />
Zeit einen starken Preisanstieg sehen<br />
werden“, sagt Umwelt-Ökonom<br />
Prof. Andreas Löschel vom<br />
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />
(ZEW). Selbst ein<br />
‚Backoading’ werde bestenfalls eine<br />
kurzfristige Wirkung zeigen. Als<br />
Gründe nennt er die derzeitige<br />
wirtschaftliche Entwicklung in Europa<br />
mit eher „überschaubaren“<br />
Aussichten auf Wachstum und den<br />
bestehenden Überschuss an Zertifikaten<br />
in Höhe von anderthalb bis<br />
zwei Gigatonnen CO 2<br />
Äq-Emissionen<br />
im Handelssystem.<br />
Striktere Klimaschutzziele ab<br />
2020 besser als Backloading<br />
Die Variante Zertifikate nicht nur<br />
zurückzuhalten, sondern ganz aus<br />
dem System zu nehmen, sieht Löschel<br />
kritisch: „Man muss hier sehr<br />
vorsichtig sein, weil dies ein direkter<br />
Eingriff in den Markt wäre, der<br />
eigentlich durch die Direktive bis<br />
2020 reguliert ist.“ Sein Vorschlag<br />
lautet, rasch verbindliche und<br />
deutlich ehrgeizigere Ziele für die<br />
Zeit nach 2020 zu finden. Dabei<br />
ließen sich dann auch Wechselwirkungen<br />
zwischen Instrumenten<br />
zur Förderung der erneuerbaren<br />
Energien und Maßnahmen zur<br />
Energie-Effizienz sowie dem Emissionshandelssystem<br />
berücksichtigen.<br />
Zudem wüssten die Unternehmen<br />
dann bereits heute, dass Investitionen<br />
in CO 2<br />
-mindernde<br />
Maßnahmen sich auch mittel- und<br />
langfristig lohnen. „Im Endeffekt<br />
sollte das eigentlich die gleiche<br />
Wirkung haben“, denkt Löschel.<br />
ENERGIE-SPAR-TIPP<br />
Lack mit weniger Energie trocknen<br />
PRODUKTION NR. <strong>11</strong> , 2013<br />
Neueste Filtertechnik senkt bei Volkswagen den Energieaufwand für<br />
Lacktrocknung um ein Drittel, reduziert die CO 2<br />
-Emissionen um 700<br />
Tonnen und spart jährlich rund 90 000 Euro ein.<br />
WOLFSBURG (MN). Volkswagen<br />
verwendet seit Mitte der 1990er<br />
Jahre umweltfreundliche und lösemittelfreie<br />
Wasserbasislacke als<br />
Fahrzeuglackierung. Jetzt sinkt der<br />
Energieaufwand beim Lacktrocknen<br />
durch den Einsatz neuester<br />
Hochtemperatur-Filtertechnik<br />
und einer modifizierten Gebläse-<br />
Steuerung um rund ein Drittel.<br />
Die Umrüstungen in der Fertigung<br />
von Tiguan und Touran am<br />
Standort Wolfsburg gehen zurück<br />
auf eine Mitarbeiterinitiative des<br />
Energietechnik-Meisters Andreas<br />
Schultz. Seine Idee bewirkt jährlich<br />
eine Energieeinsparung von mehr<br />
als 1 200 MWh und reduziert die<br />
CO 2<br />
-Emissionen am Standort<br />
Wolfsburg um rund 700 Tonnen.<br />
Zudem spart Volkswagen rund<br />
90 000 Euro Energiekosten ein.<br />
In den Wolfsburger Lackieranlagen<br />
durchlaufen beispielsweise die<br />
Modelle Tiguan und Touran vier<br />
Trocknungsstationen. Dafür wird<br />
Außen- oder Hallenluft angesaugt,<br />
bei Bedarf erwärmt, und in speziellen<br />
Hochtemperaturluftfiltern gereinigt,<br />
um auch kleinste Staubkörnchen<br />
auf der Karosserie und<br />
Lackoberfläche zu vermeiden.<br />
„Nach der Umrüstung auf den<br />
neuesten Stand der Technik verfügen<br />
20 Filteranlagen mit jeweils 15<br />
Spezialeinsätzen über eine anderthalbmal<br />
so große Filterfläche, so<br />
dass jetzt die gleiche Menge Luft<br />
mit wesentlich geringerer Gebläsedrehzahl<br />
gefördert wird“, erklärt<br />
der Leiter der Lackiererei Halle 9,<br />
Michael Roreger.<br />
Die Anlagen sind zusätzlich mit<br />
sogenannten Frequenzumrichtern<br />
ausgerüstet worden. Sie sorgen<br />
PRODUKT DER WOCHE<br />
Der E-Controller von Saia<br />
unterstützt beim Energiemanagement.<br />
Bild: Saia Burgess<br />
Energieverbrauch im Griff<br />
Pirka Falkenberg, Leiterin Konzern-Ideenmanagement, mit der alten und Andreas<br />
Schultz und Michael Roreger mit der neuen Filterkassette. Bild: Volkswagen<br />
Größere Filterfläche reduziert<br />
benötigte Gebläseleistung<br />
dafür, dass die Gebläse ihre Motordrehzahl<br />
automatisch der benötigten<br />
Frischluftzufuhr anpassen.<br />
Früher musste die Luft mit hohem<br />
Druck eingeblasen werden, weil<br />
die Ansaugvorrichtungen mit kleineren<br />
Filterflächen bestückt waren.<br />
Die Gebläsemotoren liefen<br />
dabei konstant auf Hochtouren.<br />
Der gelernte Energieanlagenelektronikers<br />
Schultz ist seit Mai<br />
2003 in der Lackiererei tätig. Der<br />
50-Jährige koordiniert den Einsatz<br />
von Fremdfirmen und ist unter<br />
anderem für das Filtermanagement<br />
und die Materialbeschaffung<br />
zuständig.<br />
www.volkswagen.com<br />
BRUCHSAL/MURTEN (CH) (MN).<br />
Der Schweizer Spezialist für Infrastrukturautomation<br />
Saia-Burgess<br />
bietet für die Industrie eine ‚Lean-<br />
Lösung‘ zum Thema ‚Energiesparen’.<br />
Das System ‚S-Monitoring‘ umfasst<br />
Zähler, Bedienpanels und Controller<br />
mit Auswertungs- und Analysefunktionen.<br />
Ergänzt wird es durch den E-<br />
Controller. Der E-Controller ist eine<br />
sogenannte ‚Funktions-PCD‘, der bereits<br />
ab Werk mit einer Standard-<br />
Applikationssoftware zum Energie-<br />
Überwachung ausgestattet ist.<br />
Elektrische Energiezähler lassen<br />
sich über S-Bus anbinden, Zähler für<br />
Wasser, Gas oder Kälte können über<br />
S0-Impulseingänge, M-Bus oder<br />
Modbus erfasst werden. Via optionale<br />
Schnittstellen kommuniziert<br />
der E-Controller auch mit der Managementebene<br />
über diverse Protokolle.<br />
Verbrauchswerte lassen sich<br />
steuerungsintern aufbereiten, in<br />
CSV-Dateien loggen und beispielsweise<br />
Trenddarstellungen mittels<br />
einer Web-Visualisierung anzeigen.<br />
Während der Inbetriebnahme und<br />
beim Service verhält sich der E-Controller<br />
ähnlich wie ein dedizierter<br />
Controller. Dank der überschaubaren<br />
Kernfunktionalität ist er einfach<br />
und sicher in der Handhabung. Dennoch<br />
kann man die vorinstallierte<br />
Kernapplikation mit der Engineering-Software<br />
Saia PG5 Controls Suite<br />
jederzeit um eigene Funktionen<br />
erweitern oder bei Bedarf auch<br />
komplett ändern.<br />
www.saia-pcd.com