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AnwBl_2013-02 43..98 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Abhandlungen<br />

eines Unternehmensjuristen ist. Sie soll helfen, die Anforderungen<br />

an seine Funktion zu verstehen, weiterzuentwickeln<br />

und zu kommunizieren (Produktinnovation).<br />

Beispiel:<br />

Eine (englische) Anwaltskanzlei setzt in einem Projekt für<br />

einen wichtigen Mandanten einen Nicht-Juristen als Projektleiter<br />

ein. Das Ziel ist, „typical lawyer thinking“ abzuschütteln<br />

und bestehende Methoden, die im Zuge der Mandatsbearbeitung<br />

angewendet wurden, zu hinterfragen (Prozessinnovation).<br />

2. Technische, organisationale und<br />

geschäftsbezogene Innovationen<br />

Technische Innovationen betreffen Produkte, Prozesse<br />

und technisches Wissen. Organisationale Innovationen<br />

betreffen Strukturen, Kulturen, Systeme und<br />

Management-Innovationen. Geschäftsbezogene Innovationen<br />

betreffen die Erneuerung des Geschäftsmodells,<br />

der Branchenstruktur, der Marktstrukturen und<br />

-grenzen und der Spielregeln. 8)<br />

Beispiel:<br />

Eine (italienische) Anwaltskanzlei führt ein Onlinespiel<br />

ein, um die Rekrutierung von jungen Juristen zu fördern:<br />

In einer Reihe von kurzen Online-Videos wird ein konstruierter<br />

juristischer Fall dargelegt. Um das nächste Video anzusehen,<br />

müssen die Benutzer die Fragen korrekt beantworten.<br />

Nach dem letzten Video, das den gesamten Fall darstellt,<br />

können die Benutzer eine Kurzmitteilung über den Fall (zusammen<br />

mit ihrem Lebenslauf) abschicken. Der Gewinner<br />

erhält einen Preis und ist berechtigt, in dieser Kanzlei ein<br />

Praktikum zu absolvieren (technische Innovation – Prozesse).<br />

Beispiel:<br />

Eine (deutsche) Anwaltskanzlei schafft das Einzelbüro ab:<br />

In Zukunft teilen sich Partner und Associates die Räume (organisationale<br />

Innovation – Kulturen).<br />

Beispiel:<br />

Im angelsächsischen Raum haben die ersten Anwaltskanzleien<br />

begonnen, bestimmte rechtliche Dienstleistungen (zB<br />

Dokumentenverwaltung, juristische Recherchen) auszulagern<br />

(geschäftsbezogene Innovation – Geschäftsmodell).<br />

V. Innovationsmanagement<br />

Das Innovationsmanagement besteht aus fünf Stellschrauben:<br />

Innovationsstrategie,<br />

Innovationsprozess,<br />

Innovationsinstrumente,<br />

Innovationsstrukturen und<br />

Innovationskultur. 9)<br />

Vorausgesetzt wird dabei, dass eine Organisation<br />

überhaupt bereit ist, Veränderungen in Gang zu setzen.<br />

1. Veränderungsbereitschaft<br />

Prof. Staub, Universität St. Gallen, sieht die Veränderungsbereitschaft<br />

in der Anwaltschaft kritisch: Anwälte<br />

neigen nicht dazu, Neuerungen besonders aufgeschlossen<br />

gegenüber zu stehen. Sie sind eher konservativ,<br />

bauen darauf, dass einmal Eingeführtes berechenbar<br />

und zuverlässig abgewickelt wird. Die Beschäftigung<br />

mit Veränderungen empfinden sie eher als irritierend.<br />

Neuem gegenüber sind sie skeptisch eingestellt. Werden<br />

Lösungsvorschläge präsentiert, sehen sie sofort<br />

die Ausnahmen und die mit der Umsetzung bestimmt<br />

einhergehenden Probleme. 10) Erfahrungsgemäß gehören<br />

Anwälte nicht gerade zu den Ersten im Einsatz<br />

von neuen Technologien. 11)<br />

Vielen Rechtsanwaltskanzleien fehlt eine „Veränderungsenergie“:<br />

12) Eine solche Energie entsteht aus<br />

der Kombination zweier Faktoren:<br />

a) Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen Status<br />

Quo („Was passiert, wenn nichts passiert?“),<br />

b) Formulierung eines klaren Zukunftsbildes des<br />

wünschenswerten Zustands („Da wollen wir hin!“).<br />

Die Variablen für das Gelingen von Veränderungsprojekten<br />

sind (vgl Abb 1): 13)<br />

C x Z x M > K(s) = V<br />

C = Case for Action (d.h. Anlass für die Veränderung des bestehenden Status Quo)<br />

Z = Attraktives Zukunftsbild<br />

M = Masterplan (d.h. Projektplan und Kommunikationsplan)<br />

K(s) = Subjektive Kosten, die mit der Veränderung verbunden sind<br />

V =Veränderung<br />

Abb 1: Erfolgreiche Veränderung<br />

Ein Veränderungsprojekt wird nur dann erfolgreich<br />

sein, wenn sowohl C als auch Z in Kombination<br />

mit M die subjektiv empfundenen Kosten K übersteigen.<br />

2. Innovationsstrategie 14)<br />

Die Innovationsstrategie ist das Bindeglied zwischen<br />

der Unternehmensstrategie und den eigentlichen Innovationsaktivitäten.<br />

Erfolgreiche Unternehmen verankern<br />

in der Unternehmensstrategie deutlich, dass und<br />

wie sie Wachstums- und Ertragsziele durch Innovationen<br />

erreichen wollen.<br />

Folgende Schritte sind erforderlich:<br />

a) Die Grundausrichtung überprüfen: „Für was soll<br />

eigentlich unser Unternehmen stehen?“,<br />

8) Vgl Hauschildt/Salomo, aaO 5.<br />

9) Vgl Birkenmeier/Brodbeck, Wunderwaffe Innovation (2010) 20.<br />

10) Vgl Staub, Entwicklung von Geschäftsmodellen für Anwaltskanzleien<br />

– Einführung und Übersicht, aaO 274.<br />

11) Vgl Staub/Mascello, Trends im Umgang mit Unternehmensmandanten,<br />

Deutscher AnwaltSpiegel 21/2012, 18.<br />

12) Zum Begriff vgl Zillner/Krusche, Systemisches Innovationsmanagement<br />

(2012) 227 ff.<br />

13) Vgl Zillner/Krusche, aaO 231.<br />

14) Vgl Birkenmeier/Brodbeck, aaO 55.<br />

68<br />

Innovationsmanagement in Rechtsanwaltskanzleien<br />

Autor: Mag. Bruno Jahn, Traun<br />

Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>02</strong>

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