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AnwBl_2013-02 43..98 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Rechtsprechung<br />

keit des Charta-Grundrechts beseitigen kann. Wohl<br />

aber kann nach Ansicht des VfGH ein höheres Schutzniveau<br />

als jenes nach der Grundrechte-Charta, das sich<br />

aus einem wertenden Rechtsvergleich der Verfassungen<br />

der Mitgliedstaaten ergibt, maßgeblich sein und<br />

dazu zwingen, die einschlägige Garantie der Grundrechte-Charta<br />

so auszulegen, dass der Grundrechtsstandard<br />

der mitgliedstaatlichen Verfassungen nicht<br />

unterschritten wird.<br />

Zuletzt geht es dem VfGH in Frage 2.5. darum, die<br />

Bedeutung der Rsp des EuGH für Menschenrechte<br />

zu Art 8 EMRK zu klären. Dies ist deshalb von Interesse,<br />

weil sich der EGMR in zahlreichen Urteilen betreffend<br />

Art 8 EMRK mit Fragen des Datenschutzes beschäftigt<br />

hat, die Erläuterungen zu Art 8 der Grundrechte-Charta<br />

jedoch keinen Bezug auf Art 8 EMRK<br />

enthalten. In den Erläuterungen zu Art 7 der Grundrechte-Charta<br />

(„Achtung des Privat- und Familienlebens“)<br />

wird jedoch erklärt, dass dieser dem Art 8<br />

EMRK entspreche. Für den VfGH erscheint es daher<br />

klärungsbedürftig, inwieweit die Rsp zu Art 8 EMRK<br />

bei der Auslegung nicht nur des Art 7, sondern auch<br />

des Art 8 Grundrechte-Charta zu berücksichtigen ist.<br />

Anmerkung:<br />

Die Gesetzesprüfungsverfahren werden vom VfGH nach Vorliegen<br />

der Entscheidung des Gerichtshofes der EU fortgesetzt<br />

werden. Wie lange der EuGH für das Verfahren brauchen<br />

wird, lässt sich nicht abschätzen. Für das Jahr 2011 gibt er<br />

eine durchschnittliche Verfahrensdauer bei Vorabentscheidungsersuchen<br />

von 16,4 Monaten an.<br />

VP Dr. Bernhard Fink<br />

Gebühren- und Steuerrecht<br />

8341<br />

§ 3 Abs 1 RGG – Wohngemeinschaft: Einheitlicher „Standort“ und daher einfacher Rundfunkgebührenbeitrag<br />

Wohnen mehrere Personen in einem gemeinsamen Wohnungsverband, gewähren einander wechselseitigen<br />

Zutritt zu ihren Räumlichkeiten und üben eine Form des Zusammenlebens (Wohngemeinschaft),<br />

so ist von einer gemeinsamen Wohnung und einem einheitlichen Standort iSd RGG auszugehen,<br />

selbst wenn es für die Personen des Wohnungsverbandes durchaus getrennte Wohn- und Rückzugsbereiche<br />

in ihrer grundsätzlichen Verfügungshoheit gibt.<br />

VwGH 24. 10. 2012, 2009/17/0194<br />

Sachverhalt:<br />

Mit dem angef B wies die bel Beh nach Einsicht in<br />

die Baupläne des Hauses die Berufung ab und bestätigte<br />

gem § 66 Abs 4 AVG den erstinstanzlichen Bescheid<br />

über eine gesonderte Vorschreibung von<br />

Rundfunkgebühren für Fernsehen und Radio. Begründend<br />

hielt sie fest, dass „vermutlich seit dem Kalenderjahr<br />

1977“, dem Jahr der Aufstockung des Gebäudes,<br />

„zwei mehr oder minder getrennte Wohneinheiten“<br />

bestünden und „es auf das Zusammenleben<br />

einer ‚Großfamilie‘ gemäß den Bestimmungen des<br />

RGG nicht ankommt“. Im Übrigen bestehe „im Erdgeschoß<br />

eine Türe zur eigentlichen Wohnung des<br />

Vaters“. Der Schenkungsvertrag sehe ein lebenslängliches<br />

und unentgeltliches Wohnungsrecht der Eltern<br />

des Bf vor, das aus der „alleinigen Benützung“ des<br />

Erdgeschoßes und der jederzeitigen Mitbenützung<br />

des Kellers, des Dachbodens und der Garage und<br />

des Gartens bestehe.<br />

Spruch:<br />

Aufhebung des angef B wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.<br />

Aus den Gründen:<br />

Anknüpfungspunkt für die Rundfunkgebührenpflicht<br />

ist der „Standort“ (§ 3 Abs 1 RGG: „für jeden Standort“).<br />

Das Rundfunkgebührengesetz geht dabei davon<br />

aus, dass mehrere Personen an einem Standort einen<br />

gemeinsamen Wohnsitz begründen können (vgl § 2<br />

Abs 5 RGG: „jene, die dort ihren Wohnsitz haben“)<br />

und dass an einem Standort generell bis zu zehn Radiobzw<br />

Fernseh-Empfangseinrichtungen betrieben werden<br />

dürfen, ohne eine weitere (Zusatz-)Gebühr auszulösen<br />

(§ 3 Abs 2 RGG). Diese Zahl wird in Abs 3 für<br />

einzelne Standorte erweitert. So darf bspw gem § 3<br />

Abs 3 Z 5 RGG „am jeweiligen Standort eine unbeschränkte<br />

Anzahl von Radio- bzw Fernseh-Empfangseinrichtungen<br />

betrieben werden in (. . .) Gästezimmern<br />

von gewerblichen Beherbergungsbetrieben“.<br />

Ein „Standort“ wird in § 2 Abs 2 RGG definiert als<br />

„die Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit bzw<br />

ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten mit<br />

einheitlichem Nutzungszweck, wo eine Rundfunkempfangseinrichtung<br />

betrieben wird“. Ein Standort ist also<br />

entweder eine „Wohnung“ oder „eine sonstige Räumlichkeit<br />

bzw ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten<br />

mit einheitlichem Nutzungszweck“. Für mehrere<br />

Wohnungen und somit Standorte ist mehrfach<br />

Rundfunkgebühr zu entrichten (vgl § 3 Abs 1 sowie<br />

Abs 3 a RGG). Der Begriff des Standortes ist dabei jedoch<br />

offensichtlich nicht zu eng zu verstehen. So ergibt<br />

sich bspw aus § 3 Abs 3 Z 5 RGG, dass das RGG bei einem<br />

Hotel von einem gemeinsamen Standort (arg: „am<br />

82<br />

Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>02</strong>

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