AnwBl_2013-02 43..98 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
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Rezensionen<br />
Für Sie gelesen<br />
" Die Zwei-Klassen-Justiz. Von Werner Tomanek. Verlag edition a,<br />
Wien 2012, 192 Seiten, geb, a 19,95.<br />
Erstaunlich offen prangert Werner Tomanek,<br />
renommierter Strafverteidiger und durch<br />
die Vertretung der „Eis Lady“ Estibaliz C.<br />
im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit,<br />
das System der von ihm als „Zwei-Klassen-<br />
Justiz“ apostrophierten Gerichtsbarkeit mit<br />
folgenden Argumenten an:<br />
Während die Unterschicht von Justiz und<br />
Exekutive überrollt wird, gelingt es der „justiziellen<br />
Oberschicht“, den White Collar-<br />
Kriminellen, aufgrund ihrer Intelligenz und mithilfe der verfügbaren<br />
finanziellen Mittel einer Bestrafung zu entgehen.<br />
Diese an sich triviale Erkenntnis schildert der Autor anhand<br />
diverser Beispiele mit erfrischender Unverblümtheit und<br />
klagt – erstaunlicherweise – genau jenes System an, von<br />
dem er und seine renommierten Kollegen auch profitieren.<br />
Die Intention des Verfassers ist daher nicht ganz klar, macht<br />
er sich doch möglicherweise gerade jene zu Feinden, auf deren<br />
Wohlwollen er für eine erfolgreiche Strafverteidigung<br />
zählen können muss.<br />
Durchaus zutreffend kritisiert Tomanek hingegen Gerichtsverfahren<br />
wie den Tierschützerprozess, durch den die<br />
letztlich Freigesprochenen um ihre wirtschaftliche Existenz<br />
gebracht wurden oder die Aufhebung des Urteils gegen<br />
Manfred Scheuch wegen eines zweifelhaften Formalfehlers<br />
und die entgegenkommende Behandlung im zweiten<br />
Rechtsgang.<br />
Hart geht Werner Tomanek mit den von ihm als „Diskontverteidiger“<br />
bezeichneten Kollegen ins Gericht, die<br />
ihre Mandanten – nach Meinung Tomaneks – mit extrem<br />
günstigen Kostenvoranschlägen für eine Vertretung gewinnen<br />
und, nach Ansicht des Autors, ins Verderben führen.<br />
Offen bleibt, an wen Tomanek seine Systemkritik richtet:<br />
In der breiten Öffentlichkeit, also dem nichtjuristischen<br />
Publikum, herrscht ja durchaus die Meinung vor, dass<br />
man „es sich mit Geld richten kann“. Für die mit dem<br />
System vertrauten Rechtsanwälte sind die Aussagen bekannt,<br />
die Justiz, also die Richter und Staatsanwälte, könnten<br />
die vorgetragene Kritik vielleicht als Kampfansage verstehen.<br />
Sprachlich gut verfasst ist das Buch jedenfalls ein mutiger<br />
Beitrag zur kritischen Darstellung bestehender Verhältnisse<br />
in der Justiz – und zur Pflege der Marke „Werner<br />
Tomanek“.<br />
Johannes Sääf<br />
" Der Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers. Ein europäischer<br />
Rechtsvergleich. Von Hubertus Thum. Verlag Österreich,<br />
Wien 2012, 311 Seiten, br, a 79,–.<br />
Es ist leicht, eine Rezension für ein Buch zu<br />
schreiben, dessen Autor ein junger Jurist<br />
mit Begeisterung für Franchising ist und<br />
den ich deshalb in seiner Absicht, das Thema<br />
des „Ausgleichsanspruches des Franchisenehmers“<br />
zunächst in seiner Dissertation<br />
aufzuarbeiten und anschließend in diesem<br />
Buch umfassend darzulegen, sehr bestärkt<br />
und unterstützt habe.<br />
Jetzt liegt also das Werk von Herrn Dr. Hubertus Thum<br />
vor, der seinen Doktortitel dem Franchising verdankt. Es<br />
wird ein unverzichtbarer Teil der Bibliothek zumindest jedes<br />
Rechtsanwalts sein, der Beratung und Vertretung in Franchisesachen<br />
anbietet, ist aber auch eine Bestandaufnahme der<br />
derzeitigen Literatur und Judikatur für Lehre und Rsp.<br />
Franchising ist nämlich sozusagen juristisch „unterbelichtet“.<br />
Trotz des Erfolgs dieser Vertriebsform im Wirtschaftsleben<br />
sind die rechtstheoretischen Abhandlungen als auch<br />
dessen Vorkommen in der Rsp sehr gering. Dieses Manko<br />
behebt das vorliegende Werk ganz wesentlich.<br />
Es bietet nämlich durch die Unzahl von Zitaten und Verweisen<br />
einen ausgezeichneten Überblick über den derzeitigen<br />
Stand von Lehre und Rsp bei Franchising.<br />
Das „heißeste Eisen“ im Franchising ist mit Sicherheit die<br />
Frage, ob und unter welchen Bedingungen dem Franchisenehmer<br />
ein Ausgleichsanspruch zusteht.<br />
Hierbei hat die österr Rsp eine Vorreiterrolle in Europa<br />
eingenommen und dem Franchisenehmer unter gewissen<br />
Umständen bei Vertragsauflösung analog dem Handelsvertreter<br />
einen Ausgleichsanspruch zuerkannt. Bisher sind dieser<br />
Rsp nur Gerichte in Deutschland gefolgt, während in<br />
den übrigen Ländern der EU wohl eine gewisse Tendenz<br />
zu ähnlichen Überlegungen besteht, aber noch keine konkreten<br />
Entscheidungen vorliegen. Das Buch zeigt beispielhaft<br />
die Situation in Frankreich und in Spanien als auch im<br />
Nicht-EU-Land Schweiz auf.<br />
Es ist erkenntlich, dass der Autor sich der Meinung der österr<br />
Gerichte anschließt und deren Rechtsprechung zur analogen<br />
Anwendung des Ausgleichsanspruchs auf Franchisenehmer<br />
deshalb detailliert mit der europarechtlichen Handelsvertreter-Richtlinie<br />
(RL 86/653/EWG), der Rechtsnatur<br />
des Handelsvertreter-Ausgleichsanspruchs gemäß Handelsvertretergesetz<br />
sowie den Voraussetzungen für die Analogie<br />
begründet.<br />
Auch die Berechnung des Ausgleichsanspruchs, die besonders<br />
wegen der unterschiedlichen Gestaltung der Entgelte<br />
zwischen Handelsvertreter und Geschäftsherrn und Franchisenehmer<br />
und Franchisegeber besondere Schwierigkeiten<br />
mit sich bringt, wird in verständlicher Weise erläutert.<br />
Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>02</strong><br />
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