AnwBl_2013-02 43..98 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
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Rezensionen<br />
einem Bericht über den Zugang zum amerikanischen<br />
Supreme Court, der anders als der österreichische OGH<br />
nicht nur für Zivil- und Strafsachen, sondern auch für verfassungs-<br />
und verwaltungsrechtliche Fragen zuständig ist. Aufgrund<br />
statistischer Daten wird belegt, dass die Wahrscheinlichkeit<br />
der Annahme eines Berufungsantrages durch den<br />
Supreme Court stark rückläufig ist und im Jahr 2004 bereits<br />
unter einem Prozent lag. Aus praktischer Sicht sind im amerikanischen<br />
Bundesgerichtssystem daher die Court of Appeals<br />
faktisch die letzte Instanz. Es folgt ein Beitrag über<br />
den Zugang zum Bundesgericht, dem Höchstgericht in Zivil-<br />
und Strafsachen in der Schweiz, von Rodrigo Rodriguez<br />
von der Universität Bern.<br />
Den Zugang zum OGH in Zivilsachen schildert Andreas<br />
Geroldinger von der Universität Linz. Er bietet einen instruktiven<br />
Überblick über die Entwicklung von der Vollrevision<br />
zur heutigen Grundsatz- und Zulassungsrevision,<br />
untersucht den Begriff der „Rechtsfrage von erheblicher<br />
Bedeutung“ und stellt diesem die „Rechtsfrage von grundsätzlicher<br />
Bedeutung“ gegenüber. Lesenswert auch seine<br />
Ausführungen zur Entwicklung der Wertgrenzen, Erfolgsquoten<br />
und der von ihm verneinten Frage nach einem Bedarf<br />
an „OGH-Rechtsanwälten“ (nach dem Vorbild der<br />
BGH-Rechtsanwälte). Unter dem Titel Grundrechtsschutz<br />
und Rechtsmittelverfahren untersucht Michael Holoubek,<br />
Mitglied des VfGH und Professor an der Wirtschaftsuniversität<br />
Wien, einerseits die Frage nach einem grundrechtlich<br />
gewährleisteten Recht auf Zugang zum OGH und andererseits<br />
die Verortung des OGH im System des österreichischen<br />
und europäischen Grundsrechtschutzes. Unter<br />
Hinweis auf die Entscheidung des VfGH v 14. 3. 2012<br />
(U 466/11; U 1836/11) sieht er das Kooperationsverhältnis<br />
zwischen den österreichischen Höchstgerichten (aber auch<br />
zwischen dem EuGH, dem EGMR und den jeweiligen nationalen<br />
Verfassungsgerichten) in Bewegung und betont<br />
die Notwendigkeit von Dialog und Kooperation zwischen<br />
den Höchstgerichten, um gemeinsam das System des<br />
Grundrechtsschutzes weiter zu entwickeln. Es folgt ein<br />
Beitrag des Herausgebers, Georg E. Kodek, zur Funktion<br />
und Arbeitsweise des OGH aus Binnensicht. Eingangs bemerkt<br />
Kodek, dass er einen „Blick hinter die Kulissen“ präsentieren<br />
möchte. Mit seiner Schilderung über die institutionellen<br />
Rahmenbedingungen am OGH (Senate, Geschäftsverteilung,<br />
Evidenzbüro), die Arbeitsweise des<br />
OGH (Aktenzuteilung, Beratung, Ausfertigung), das Verhältnis<br />
des OGH zum Gesetzgeber, zur Lehre, zum VfGH<br />
und zum EuGH und schließlich mit ausgewählten Bemerkungen<br />
zum Begründungsstil und zu methodischen Themen<br />
von Entscheidungen des OGH wird er diesem selbstgewählten<br />
Anspruch voll gerecht.<br />
Zwei Beiträge über die Rolle des OGH in Strafsachen<br />
runden diese Sammlung höchst lesenswerter Beiträge ab.<br />
Eckart Ratz, seit Anfang 2012 Präsident des OGH und Honorarprofessor<br />
an der Universität Wien, widmet sich der<br />
Überprüfung von Entscheidungen durch den OGH in<br />
Strafsachen. Seine Darstellung führt vom Grundrechtsschutz<br />
gegenüber Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei<br />
im Ermittlungsverfahren zur historischen Entwicklung<br />
des Grundrechtsschutzes im Strafverfahren und schließt<br />
mit Überlegungen zur Rolle der Nichtigkeitsgründe als<br />
Checkliste für die Hauptverhandlung und zur Rolle der<br />
Nichtigkeitsbeschwerde im Rechtsschutzsystem. Im abschließenden<br />
Beitrag ergänzt Peter Lewisch, Professor an<br />
der Universität Wien und Rechtsanwalt, die Ausführungen<br />
über den Zugang zum OGH in Strafsachen aus anwaltlicher<br />
Sicht. Einen wesentlichen Grund für enttäuschte Erwartungen<br />
bei Rechtsmitteln an den OGH identifiziert<br />
Lewisch darin, dass sich der OGH stark an der Schaffung<br />
eines klaren und – insbesondere auch für den Erstrichter<br />
– berechenbaren prozessualen Systems orientiert; hingegen<br />
hat der Rechtsmittelwerber kein Interesse an einem Beitrag<br />
zu diesem System, sondern ist an seinem Einzelfall interessiert<br />
und erwartet vom OGH als Rechtsmittelgericht Einzelfallgerechtigkeit<br />
auch jenseits formeller Schranken. Der<br />
OGH wolle diesen Anspruch der Einzelfallgerechtigkeit<br />
jenseits formeller Schranken jedoch gar nicht einlösen, weil<br />
dies die beträchtliche Gefahr eines negativen prozessualen<br />
Anreizsystems generiere.<br />
Die Autoren der im vorliegenden Band vereinten Beiträge<br />
haben gute Arbeit geleistet. Sie bieten einen sehr interessanten<br />
und lesenswerten Überblick zu verschiedenen Fragen des<br />
Zugangs zum OGH in Zivil- und Strafsachen, einschließlich<br />
eines „Blickes hinter die Kulissen“. Die Lektüre dieses Buches<br />
kann vorbehaltlos empfohlen werden.<br />
Markus Heidinger<br />
" Immobilienbesteuerung. Von Peter Haunold/Herbert Kovar/Josef<br />
Schuch/Roland Wahrlich (Hrsg). 2. Auflage, Linde Verlag, Wien<br />
2012, 424 Seiten, br, a 54,–.<br />
In zahlreichen Einzelbeiträgen wird eine umfassende<br />
Analyse der Besteuerung von Immobilieninvestitionen<br />
aus nationaler und<br />
internationaler Sicht durchgeführt, sodass<br />
dieses Buch tatsächlich ein Handbuch der<br />
Immobilienbesteuerung darstellt. Die steuerlichen<br />
Auswirkungen der Immobilienveranlagung<br />
durch Privatpersonen, Kapitalgesellschaften,<br />
Stiftungen und Immobilieninvestmentfonds<br />
werden ebenso erläutert wie steuerliche Aspekte<br />
der Immobilienfinanzierung oder Gestaltungsvarianten im<br />
Zusammenhang mit der Übertragung von Liegenschaften<br />
(etwa sehr anschaulich die Gegenüberstellung von „Share<br />
Deals“ zu „Asset Deals“ durch Wehinger oder die unterschiedlichen<br />
Gestaltungsvarianten im Zusammenhang mit Fruchtgenussrechten<br />
[Hübner/Six]). Selbstverständlich werden<br />
auch die einschlägigen gebührenrechtlichen Fragen (besonders<br />
instruktiv durch Kotschnigg) erörtert.<br />
Besonders hervorzuheben ist die umfassende Darstellung<br />
der neuen Immobilienbesteuerung nach dem Stabilitätsgesetz,<br />
die gerade für Rechtsanwälte als Vertragsverfasser die<br />
neue Rechtslage und die daraus folgenden Pflichten klar dar-<br />
Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>02</strong><br />
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