08.06.2014 Aufrufe

AnwBl_2013-02 43..98 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

AnwBl_2013-02 43..98 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

AnwBl_2013-02 43..98 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Rezensionen<br />

einem Bericht über den Zugang zum amerikanischen<br />

Supreme Court, der anders als der österreichische OGH<br />

nicht nur für Zivil- und Strafsachen, sondern auch für verfassungs-<br />

und verwaltungsrechtliche Fragen zuständig ist. Aufgrund<br />

statistischer Daten wird belegt, dass die Wahrscheinlichkeit<br />

der Annahme eines Berufungsantrages durch den<br />

Supreme Court stark rückläufig ist und im Jahr 2004 bereits<br />

unter einem Prozent lag. Aus praktischer Sicht sind im amerikanischen<br />

Bundesgerichtssystem daher die Court of Appeals<br />

faktisch die letzte Instanz. Es folgt ein Beitrag über<br />

den Zugang zum Bundesgericht, dem Höchstgericht in Zivil-<br />

und Strafsachen in der Schweiz, von Rodrigo Rodriguez<br />

von der Universität Bern.<br />

Den Zugang zum OGH in Zivilsachen schildert Andreas<br />

Geroldinger von der Universität Linz. Er bietet einen instruktiven<br />

Überblick über die Entwicklung von der Vollrevision<br />

zur heutigen Grundsatz- und Zulassungsrevision,<br />

untersucht den Begriff der „Rechtsfrage von erheblicher<br />

Bedeutung“ und stellt diesem die „Rechtsfrage von grundsätzlicher<br />

Bedeutung“ gegenüber. Lesenswert auch seine<br />

Ausführungen zur Entwicklung der Wertgrenzen, Erfolgsquoten<br />

und der von ihm verneinten Frage nach einem Bedarf<br />

an „OGH-Rechtsanwälten“ (nach dem Vorbild der<br />

BGH-Rechtsanwälte). Unter dem Titel Grundrechtsschutz<br />

und Rechtsmittelverfahren untersucht Michael Holoubek,<br />

Mitglied des VfGH und Professor an der Wirtschaftsuniversität<br />

Wien, einerseits die Frage nach einem grundrechtlich<br />

gewährleisteten Recht auf Zugang zum OGH und andererseits<br />

die Verortung des OGH im System des österreichischen<br />

und europäischen Grundsrechtschutzes. Unter<br />

Hinweis auf die Entscheidung des VfGH v 14. 3. 2012<br />

(U 466/11; U 1836/11) sieht er das Kooperationsverhältnis<br />

zwischen den österreichischen Höchstgerichten (aber auch<br />

zwischen dem EuGH, dem EGMR und den jeweiligen nationalen<br />

Verfassungsgerichten) in Bewegung und betont<br />

die Notwendigkeit von Dialog und Kooperation zwischen<br />

den Höchstgerichten, um gemeinsam das System des<br />

Grundrechtsschutzes weiter zu entwickeln. Es folgt ein<br />

Beitrag des Herausgebers, Georg E. Kodek, zur Funktion<br />

und Arbeitsweise des OGH aus Binnensicht. Eingangs bemerkt<br />

Kodek, dass er einen „Blick hinter die Kulissen“ präsentieren<br />

möchte. Mit seiner Schilderung über die institutionellen<br />

Rahmenbedingungen am OGH (Senate, Geschäftsverteilung,<br />

Evidenzbüro), die Arbeitsweise des<br />

OGH (Aktenzuteilung, Beratung, Ausfertigung), das Verhältnis<br />

des OGH zum Gesetzgeber, zur Lehre, zum VfGH<br />

und zum EuGH und schließlich mit ausgewählten Bemerkungen<br />

zum Begründungsstil und zu methodischen Themen<br />

von Entscheidungen des OGH wird er diesem selbstgewählten<br />

Anspruch voll gerecht.<br />

Zwei Beiträge über die Rolle des OGH in Strafsachen<br />

runden diese Sammlung höchst lesenswerter Beiträge ab.<br />

Eckart Ratz, seit Anfang 2012 Präsident des OGH und Honorarprofessor<br />

an der Universität Wien, widmet sich der<br />

Überprüfung von Entscheidungen durch den OGH in<br />

Strafsachen. Seine Darstellung führt vom Grundrechtsschutz<br />

gegenüber Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei<br />

im Ermittlungsverfahren zur historischen Entwicklung<br />

des Grundrechtsschutzes im Strafverfahren und schließt<br />

mit Überlegungen zur Rolle der Nichtigkeitsgründe als<br />

Checkliste für die Hauptverhandlung und zur Rolle der<br />

Nichtigkeitsbeschwerde im Rechtsschutzsystem. Im abschließenden<br />

Beitrag ergänzt Peter Lewisch, Professor an<br />

der Universität Wien und Rechtsanwalt, die Ausführungen<br />

über den Zugang zum OGH in Strafsachen aus anwaltlicher<br />

Sicht. Einen wesentlichen Grund für enttäuschte Erwartungen<br />

bei Rechtsmitteln an den OGH identifiziert<br />

Lewisch darin, dass sich der OGH stark an der Schaffung<br />

eines klaren und – insbesondere auch für den Erstrichter<br />

– berechenbaren prozessualen Systems orientiert; hingegen<br />

hat der Rechtsmittelwerber kein Interesse an einem Beitrag<br />

zu diesem System, sondern ist an seinem Einzelfall interessiert<br />

und erwartet vom OGH als Rechtsmittelgericht Einzelfallgerechtigkeit<br />

auch jenseits formeller Schranken. Der<br />

OGH wolle diesen Anspruch der Einzelfallgerechtigkeit<br />

jenseits formeller Schranken jedoch gar nicht einlösen, weil<br />

dies die beträchtliche Gefahr eines negativen prozessualen<br />

Anreizsystems generiere.<br />

Die Autoren der im vorliegenden Band vereinten Beiträge<br />

haben gute Arbeit geleistet. Sie bieten einen sehr interessanten<br />

und lesenswerten Überblick zu verschiedenen Fragen des<br />

Zugangs zum OGH in Zivil- und Strafsachen, einschließlich<br />

eines „Blickes hinter die Kulissen“. Die Lektüre dieses Buches<br />

kann vorbehaltlos empfohlen werden.<br />

Markus Heidinger<br />

" Immobilienbesteuerung. Von Peter Haunold/Herbert Kovar/Josef<br />

Schuch/Roland Wahrlich (Hrsg). 2. Auflage, Linde Verlag, Wien<br />

2012, 424 Seiten, br, a 54,–.<br />

In zahlreichen Einzelbeiträgen wird eine umfassende<br />

Analyse der Besteuerung von Immobilieninvestitionen<br />

aus nationaler und<br />

internationaler Sicht durchgeführt, sodass<br />

dieses Buch tatsächlich ein Handbuch der<br />

Immobilienbesteuerung darstellt. Die steuerlichen<br />

Auswirkungen der Immobilienveranlagung<br />

durch Privatpersonen, Kapitalgesellschaften,<br />

Stiftungen und Immobilieninvestmentfonds<br />

werden ebenso erläutert wie steuerliche Aspekte<br />

der Immobilienfinanzierung oder Gestaltungsvarianten im<br />

Zusammenhang mit der Übertragung von Liegenschaften<br />

(etwa sehr anschaulich die Gegenüberstellung von „Share<br />

Deals“ zu „Asset Deals“ durch Wehinger oder die unterschiedlichen<br />

Gestaltungsvarianten im Zusammenhang mit Fruchtgenussrechten<br />

[Hübner/Six]). Selbstverständlich werden<br />

auch die einschlägigen gebührenrechtlichen Fragen (besonders<br />

instruktiv durch Kotschnigg) erörtert.<br />

Besonders hervorzuheben ist die umfassende Darstellung<br />

der neuen Immobilienbesteuerung nach dem Stabilitätsgesetz,<br />

die gerade für Rechtsanwälte als Vertragsverfasser die<br />

neue Rechtslage und die daraus folgenden Pflichten klar dar-<br />

Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>02</strong><br />

91

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!