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AnwBl_2013-02 43..98 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Europa aktuell<br />

EuGH: Österreichische Datenschutzkommission<br />

nicht unabhängig<br />

Die österr Datenschutzkommission (DSK) ist nicht<br />

vollständig unabhängig und erfüllt deshalb nicht<br />

die Anforderungen der RL 95/46/EG zum Schutz natürlicher<br />

Personen bei der Verarbeitung personenbezogener<br />

Daten. Zu diesem Urteil gelangte die große<br />

Kammer des EuGH im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage<br />

der Europäischen Kommission gegen Österreich<br />

am 16. 10. 2012 (Rechtssache C-614/10). Das Urteil<br />

bestätigt die bereits 2009 geäußerte Kritik des Österreichischen<br />

<strong>Rechtsanwaltskammertag</strong>es an der mangelnden<br />

Unabhängigkeit der DSK.<br />

Die Mitgliedstaaten sind gem Art 28 Abs 1 der RL<br />

95/46/EG grundsätzlich dazu verpflichtet, eine oder<br />

mehrere öffentliche Stellen zu beauftragen, die Anwendung<br />

und Einhaltung der von ihnen erlassenen<br />

einzelstaatlichen Datenschutz-Vorschriften in ihrem<br />

Hoheitsgebiet zu überwachen. Diese Stellen haben<br />

ihre Aufgaben in völliger Unabhängigkeit wahrzunehmen.<br />

Nach Ansicht der Europäischen Kommission<br />

habe die österr DSK nicht die Möglichkeit, ihre<br />

Aufgaben „in völliger Unabhängigkeit“ auszuüben, da<br />

nach der bestehenden österr Rechtslage stets ein Beamter<br />

des Bundeskanzleramts die Geschäftsführung<br />

dieser Institution übernehmen müsse. Dies habe zur<br />

Folge, dass alle laufenden Geschäfte der DSK faktisch<br />

durch einen Bundesbeamten betrieben werden,<br />

der an die Weisungen seines Dienstherrn gebunden<br />

sei und der Dienstaufsicht nach § 45 Abs 1 BDG<br />

1979 unterliege. Darüber hinaus sei die DSK aufgrund<br />

ihrer organisatorischen Eingliederung in das<br />

Bundeskanzleramt weder institutionell noch materiell<br />

unabhängig.<br />

Die Republik Österreich entgegnete den Argumenten<br />

der Kommission, dass es sich bei der DSK um eine<br />

„Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag“ iSd B-<br />

VG handle, die ein unabhängiges Gericht iSd Art 267<br />

AEUV bzw des Art 6 Abs 1 EMRK darstelle und somit<br />

das Unabhängigkeitskriterium der Art 28 Abs 1 Z 2 der<br />

RL erfülle. Generell sei keines der von der Kommission<br />

angeführten Merkmale geeignet, die Unabhängigkeit<br />

der DSK iSd Art 28 Abs 1 Z 2 der RL 95/46/EG in<br />

Frage zu stellen.<br />

Der EuGH kam zu dem Schluss, dass die DSK insofern<br />

funktionell unabhängig ist, als ihre Mitglieder<br />

gem § 37 Abs 1 DSG 2000 „in Ausübung ihres Amtes<br />

unabhängig und an keine Weisungen gebunden“ sind.<br />

Allerdings reiche eine solche funktionelle Unabhängigkeit<br />

für sich allein nicht aus, um die Kontrollstelle<br />

vor jeder äußeren Einflussnahme zu bewahren. Die<br />

gem Art 28 Abs 1 Z 2 der RL 95/46/EG erforderliche<br />

Unabhängigkeit soll nämlich nicht nur die unmittelbare<br />

Einflussnahme in Form von Weisungen ausschließen,<br />

sondern auch jede Form der mittelbaren<br />

Einflussnahme, die zur Steuerung der Entscheidungen<br />

der Kontrollstelle geeignet wäre. Vor allem das<br />

Dienstverhältnis zwischen dem geschäftsführenden<br />

Mitglied der DSK und einer Bundesbehörde stehe<br />

den Anforderungen des Art 28 Abs 1 Z 2 der RL aufgrund<br />

der Überwachungsbefugnis durch Vorgesetzte<br />

gem § 45 Abs 1 BDG 1979 entgegen. Ebenso verhindere<br />

die organisatorische „Verzahnung“ mit dem<br />

Bundeskanzleramt, dass die DSK über jeden Verdacht<br />

der Parteilichkeit erhaben ist, und ist somit nicht mit<br />

dem Erfordernis der „Unabhängigkeit“ der RL vereinbar.<br />

Selbiges treffe auch hinsichtlich des Unterrichtungsrechts<br />

des Bundeskanzlers zu. In Anbetracht<br />

dieser Feststellungen kam der EuGH zu dem Urteil,<br />

dass die rechtliche Grundlage der österr DSK nicht<br />

den Unabhängigkeitsanforderungen der RL 95/46/<br />

EG entspricht.<br />

Mag. Philipp Winkler,<br />

ÖRAK Büro Brüssel<br />

Österreichisches Anwaltsblatt <strong>2013</strong>/<strong>02</strong><br />

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