Cyber-Security - Adlas - Magazin für Sicherheitspolitik
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ORGANISIERTE KRIMINALITÄT<br />
Dennoch zeigte die Aktion zuerst, dass trotz aller Gefahren und trotz der<br />
Angst großes Interesse daran herrschte, die Akteure der Organisierten Kriminalität<br />
nun erst recht zu enttarnen. Nach dem Nuevo Laredo Vorfall holten<br />
zahlreiche Bürger zu einer Gegenattacke aus: Der bereits seit 2010 existierende<br />
und wohl bekannteste Blog del Narco hatte Zulauf wie selten zuvor,<br />
und über neue blutige Taten der Kartelle wurde getweetet und gebloggt, als<br />
gelte es, mit Worten die tödlichen Übergriffe zu rächen.<br />
Im selben Zeitraum stieß noch eine weitere Konfliktpartei an die <strong>Cyber</strong>front<br />
vor: Das Anonymous-Kollektiv. Dass die beiden Organisationen, die<br />
Los Zetas und Anonymous, eines Tages aufeinanderprallen würden, war seit<br />
den tödlichen Übergriffen des Kartells auf kritische Internetnutzer wahrscheinlich.<br />
Schon zuvor bauten sich Spannungen zwischen den Kartellen<br />
und Anonymous Mexiko auf: Letztere recherchierten intensiv zu mexikanischen<br />
Drogenkartellen und korrupten Politikern, und zwar insbesondere im<br />
Bundesstaat Veracruz. Dort vermuteten nicht nur die mexikanische Zivilgesellschaft,<br />
sondern augenscheinlich auch Anonymous eine besonders starke<br />
Verflechtung der dortigen Landesregierung mit den Zetas.<br />
Zum Zeichen des Protests gegen diesen Umstand organisierte das Internetkollektiv<br />
eine groß angelegte Protestaktion, genannt »Paperstorm«. Dabei<br />
verteilten die Aktivisten Flugblätter und stellten Videos online, in denen<br />
Zwei User, die in<br />
einem Internetforum<br />
die Kartelle kritisiert<br />
haben, wurden<br />
im November 2011<br />
in Nuevo Laredo<br />
von Kriminellen<br />
hingerichtet.<br />
Bildquelle: hoylaredo.net<br />
(abgerufen am 27.01.2013)<br />
die Landesregierung für ihre Kooperation mit den Zetas denunziert wurde.<br />
Die Folge der öffentlichen Bloßstellung war ein erneuter Gewaltakt der kriminellen<br />
Vereinigung, diesmal in Form von Entführungen. Noch während<br />
des »Paperstorms« schlugen die Zetas zu und verschleppten mindestens ein<br />
Anonymous-Mitglied.<br />
»Es war ein großer Fehler von euch, einen von uns zu entführen. Lasst ihn<br />
frei!« So lautete kurz nach der Entführung die Forderung des maskierten<br />
Anonymous-Sprechers in einem Video. Andernfalls werde man die Namen<br />
von Taxifahrern, Polizisten, Politikern und Journalisten veröffentlichen, die<br />
mit dem Kartell zusammenarbeiten. Die Zetas drohten im Gegenzug damit,<br />
zehn Personen zu töten, und zwar für jeden einzelnen von den Hackern veröffentlichten<br />
Namen. Der mexikanische Blogger Wikichava stellte an dieser<br />
Die Kartelle beginnen, Hacker<br />
für sich arbeiten zu lassen.<br />
Stelle die entscheidende Frage: »Was wissen die Zetas vom Hacken einer<br />
Website? Und was wissen die Anonymous-Leute von Waffen und den Millionen<br />
von Dollar, die da im Spiel sind? Wissen Sie, was sie tun?«<br />
Ganz klar lassen sich diese Fragen auch ein Jahr nach dem Zwischenfall<br />
nicht beantworten, fest steht aber, dass beide Seiten zunächst relativ glimpflich<br />
davongekommen sind. Zwar wurde ein Bruchteil der verfilzten Strukturen<br />
des »Drogenkrieges« freigelegt und die Homepage von Gustavo Rosario gehackt.<br />
Dieser wurde als Zeta enttarnt – fatal für einen Obersten Staatsanwalt,<br />
der diese Organisation eigentlich bekämpfen soll. Aber mehr wurde scheinbar<br />
nicht veröffentlicht, und der Aktivist, einer von insgesamt vier bis fünf entführten<br />
Personen, wenige Wochen später wieder freigelassen.<br />
Die Geschehnisse haben trotzdem auf verschiedenen Ebenen zu Veränderungen<br />
geführt. So richtete die mexikanische Regierung eine zehntausende<br />
Mails umfassende Datenbank ein, in der nach Hinweisen auf Korruption in<br />
>><br />
ADLAS 1/2013 ISSN 1869-1684 43