Cyber-Security - Adlas - Magazin für Sicherheitspolitik
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STRATEGISCHE VERTEIDIGUNG<br />
Angesichts der unterschiedlichen globalen Zielsetzungen<br />
und geostrategischen Überlegungen,<br />
die sich teils diametral gegenüberstehen, ist<br />
nicht verwunderlich, dass eine Problemlösung,<br />
geschweige denn eine Kooperation im Bereich<br />
der Raketenabwehr bisher ausgeblieben ist. Nato-<br />
Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen betont<br />
zwar kontinuierlich die Potentiale einer verstärkten<br />
Raketenabwehr-Kooperation mit Russland.<br />
Allerdings liegen zwischen den Vorstellungen der<br />
Moskau klammert sich an<br />
die Ordnung des Kalten Krieges.<br />
Nato und Moskaus Welten. Letzteres drängt auf<br />
eine volle Gleichberechtigung, auch um mehr<br />
Mitspracherechte in Angelegenheiten europäischer<br />
Sicherheit zu erlangen und die eigene Isolation<br />
aufzubrechen.<br />
Die USA unterscheiden dagegen zwischen dem<br />
Schutz ihrer Verbündeten und dem Russlands.<br />
Sie befürworten lediglich einen minimalen Datenaustausch<br />
zwischen zwei getrennten Abwehrschirmen.<br />
Die meisten vergangenen Versuche zur<br />
Zusammenarbeit sind zudem an restriktiven<br />
Technologietransfers, mangelndem Vertrauen<br />
und fehlender Kooperationsbereitschaft auf diversen<br />
bürokratischen Ebenen gescheitert. Auch<br />
ist unklar, inwiefern Russland überhaupt sinnvoll<br />
zum westlichen Abwehrschirm beitragen kann.<br />
Die »Wiedergeburt« der amerikanischen Raketenabwehr<br />
nach Ende des Kalten Krieges nun ist<br />
auch Teil einer unilateralen außenpolitischen<br />
Tendenz der USA, die sich auch im Bereich des<br />
internationalen Rechts wiederfinden lässt: Sie<br />
wirkt sich in der Distanzierung zu Abrüstungsverträgen,<br />
des »marktwirtschaftlich-demokratischen<br />
Kreuzzugs« und der präventiven Kriegsführung<br />
unter Umgehung des UN-Sicherheitsrats<br />
seit Ende der 1990er Jahre aus.<br />
Diese Tendenz ähnelt auch denen anderer ehemaliger<br />
Imperien, wie beispielsweise des britischen<br />
Empire im 19. Jahrhundert. Wie Robert Jervis,<br />
Professor für Internationale Beziehungen an<br />
der Harvard-Universität betont: »No matter how<br />
secure states are, only rarely can they be secure<br />
enough, and if they are currently very powerful,<br />
they will have strong reasons to act now to prevent<br />
a deterioration that could allow others to<br />
harm them in future.«<br />
Dennoch steht hinter dem Nutzen der Raketenabwehr<br />
ein Fragezeichen – insbesondere für<br />
Europa. Die Nichtratifizierung des START II-<br />
Vertrags und die damit ausbleibende Vernichtung<br />
russischer Mehrfachsprengköpfe, die Eskalation<br />
des Streits im Jahr 2007 und der ein Jahr<br />
>><br />
russisch-amerikanischen Satellitensystems, noch<br />
ein Datenzentrum zur gemeinsamen Frühwarnung<br />
zu einem echten Durchbruch geführt.<br />
Die bilateralen Beziehungen verschlechterten<br />
sich deutlich, als die US-Regierung unter<br />
George W. Bush Anfang 2007 bilaterale Verträge<br />
mit Polen und Tschechien zur Stationierung<br />
von Abfangsystemen für Langstreckenraketen<br />
und einer Radaranlage anstrebte. Gleichzeitig<br />
haben Spannungen in anderen Bereichen für<br />
eine kühlere Beziehung gesorgt – die amerikanische<br />
Invasion im Irak, die von den USA unterstützten<br />
»coloured revolutions« in Georgien<br />
und der Ukraine, die amerikanischen Nato-<br />
Erweiterungspläne um eben jene Staaten sowie<br />
die im Raum stehende staatliche Anerkennung<br />
des Kosovo. Kooperationsvorschläge Putins,<br />
nach denen eine gemeinsame Radaranlage in<br />
Aserbaidschan den Aufbau des Systems in Polen<br />
und Tschechien hätte ersetzen sollen, stießen<br />
in Washington auf taube Ohren, auch weil<br />
der russische Vorschlag offen ließ, wie die US-<br />
Raketen in Polen ersetzt werden könnten.<br />
Dementsprechend enthusiastisch nahm<br />
Dmitri Medwedjew nach seiner Amtsübernahme<br />
Barack Obamas Pläne die Pläne für einen neuen<br />
Abrüstungsvertrag (»New START«) und eine<br />
amerikanische Abkehr von den Raketenabwehrplänen<br />
in Polen und Tschechien wieder auf. An<br />
die Stelle der von Russland so vehement kritisierten<br />
Langstreckenraketenverteidigung in Polen<br />
und einer Radaranlage in Tschechien traten<br />
ein für den Kreml zunächst unproblematisches<br />
ADLAS 1/2013 ISSN 1869-1684 54