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210 Pflichten und Haftung <strong>de</strong>s Anwalts BRAK-Mitt. 5/2010<br />
Rechtsprechungsleitsätze<br />
Pflicht zum Gleichlauf von Anwaltsmandat und Beiordnung<br />
bei PKH<br />
Ein bei einer Sozietät angestellter Rechtsanwalt, <strong>de</strong>r ein Mandat<br />
akquiriert und dabei erkennen kann, dass das Mandat unter Inanspruchnahme<br />
von Prozesskostenhilfe geführt wer<strong>de</strong>n soll, hat auf<br />
<strong>de</strong>n Gleichlauf von Anwaltsmandat und Anwaltsbeiordnung hinzuwirken.<br />
BGH, Urt. v. 15.7.2010 – IX ZR 227/09<br />
Anmerkung:<br />
Ein in einer Kanzlei angestellter Anwalt hatte für <strong>de</strong>n Mandanten<br />
unter gleichzeitiger Beantragung von PKH Klage erhoben.<br />
PKH wur<strong>de</strong> bewilligt und <strong>de</strong>r mandatsbearbeiten<strong>de</strong> angestellte<br />
Anwalt beigeordnet. Als <strong>de</strong>r Anwalt aus <strong>de</strong>r Kanzlei ausschied,<br />
wünschte <strong>de</strong>r Mandant, von diesem Anwalt weiter betreut zu<br />
wer<strong>de</strong>n und kündigte gegenüber <strong>de</strong>r Kanzlei das Mandat.<br />
Daraufhin nahm die Kanzlei <strong>de</strong>n Mandanten auf Zahlung von<br />
Anwaltshonorar in Anspruch mit <strong>de</strong>r Begründung, § 122 Abs. 1<br />
Nr. 3 ZPO, wonach <strong>de</strong>r beigeordnete Anwalt gegen seine Partei<br />
keinen Anspruch auf Vergütung geltend machen dürfe, sei<br />
nicht einschlägig, da nicht die Kanzlei, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r bei ihr<br />
angestellte Anwalt persönlich beigeordnet wor<strong>de</strong>n sei. Das<br />
Amtsgericht gab <strong>de</strong>r Klage teilweise statt, das LG wies sie ab<br />
und ließ die Revision zu.<br />
Der BGH wies die Revision <strong>de</strong>r Anwaltskanzlei zurück. Zwar<br />
habe <strong>de</strong>r angestellte Anwalt zunächst einen Mandatsvertrag mit<br />
<strong>de</strong>m Mandanten abgeschlossen. Hieraus erwachse grundsätzlich<br />
ein Honoraranspruch. Die Bewilligung von PKH än<strong>de</strong>re<br />
daran nichts; auch sei nicht die Kanzlei, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r angestellte<br />
Anwalt persönlich beigeordnet wor<strong>de</strong>n. Bis dahin wäre<br />
ein Honoraranspruch <strong>de</strong>r Kanzlei also zu bejahen.<br />
Die Kanzlei sei jedoch nach Treu und Glauben gehin<strong>de</strong>rt, diesen<br />
Anspruch durchzusetzen. Wegen Verschul<strong>de</strong>ns bei Vertragsschluss<br />
(c.i.c., § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) seitens <strong>de</strong>r Kanzlei<br />
habe <strong>de</strong>r Mandant einen Anspruch auf Befreiung von <strong>de</strong>m<br />
Honoraranspruch. Der angestellte Anwalt habe für die Sozietät<br />
als Erfüllungsgehilfe nach § 278 BGB gehan<strong>de</strong>lt. Dieser wäre<br />
verpflichtet gewesen, <strong>de</strong>n Mandanten auf das Auseinan<strong>de</strong>rfallen<br />
von Mandatierung <strong>de</strong>r Kanzlei einerseits und persönlicher<br />
Beiordnung an<strong>de</strong>rerseits zu erläutern (dieses Problem <strong>de</strong>r Einzelbeiordnung<br />
hat sich durch die Entscheidung BGH, ZIP<br />
2009, 147 entschärft; nun können auch Sozietäten beigeordnet<br />
wer<strong>de</strong>n).<br />
Nach <strong>de</strong>r Vermutung beratungsgemäßen Verhaltens sei davon<br />
auszugehen, dass <strong>de</strong>r Mandant im Falle einer solchen Belehrung<br />
nur <strong>de</strong>n später beigeordneten Anwalt persönlich und nicht<br />
die Sozietät mandatiert hätte, so dass kein Honoraranspruch<br />
<strong>de</strong>r Sozietät entstan<strong>de</strong>n wäre. Unerheblich sei, ob <strong>de</strong>r angestellte<br />
Anwalt arbeitsvertraglich zur Annahme eines persönlichen<br />
Mandats befugt gewesen wäre, da <strong>de</strong>r Arbeitsvertrag<br />
eines Anwalts diesen nicht wirksam dazu verpflichten könne,<br />
<strong>de</strong>n Interessen <strong>de</strong>s Mandanten zuwi<strong>de</strong>rzuhan<strong>de</strong>ln.<br />
Der Anspruch <strong>de</strong>s Mandanten auf Befreiung vom Honoraranspruch<br />
<strong>de</strong>r Sozietät richte sich auch nicht nur gegen <strong>de</strong>n angestellten<br />
Anwalt persönlich, son<strong>de</strong>rn gegen die Sozietät selbst,<br />
da <strong>de</strong>ssen Beratungsfehler gem. § 278 BGB <strong>de</strong>r Sozietät zuzurechnen<br />
sei. Nach <strong>de</strong>m Grundsatz dolo agit, qui petit, quod<br />
statim redditurus est als Unterfall von Treu und Glauben (§ 242<br />
BGB) sowie nach § 257 BGB könne die Sozietät kein Honorar<br />
verlangen. Dieser Entscheidung ist sowohl im Ergebnis wie<br />
auch in <strong>de</strong>r Begründung zuzustimmen.<br />
Rechtsanwalt Holger Grams<br />
Beratungspflichten bei Rechtsschutzversicherung<br />
Erteilt ein Rechtsschutzversicherer in Kenntnis <strong>de</strong>r negativen<br />
erstinstanzlichen Entscheidung sowie <strong>de</strong>r Rechtsmittelbegründung<br />
eine Deckungszusage für die Durchführung eines Rechtsmittels,<br />
kann er, wenn das Rechtsmittel auf unverän<strong>de</strong>rter Tatsachengrundlage<br />
zurückgewiesen wird, <strong>de</strong>n Prozessbevollmächtigten<br />
nicht mit <strong>de</strong>r Begründung, dieser hätte von <strong>de</strong>r Durchführung <strong>de</strong>s<br />
Rechtsmittels abraten müssen, auf Erstattung <strong>de</strong>r entstan<strong>de</strong>nen<br />
Kosten in Anspruch nehmen.<br />
OLG Celle, Beschl. v. 5.7.2010 – 3 U 83/10<br />
Anmerkung:<br />
Die Klägerin, ein Rechtsschutzversicherer, for<strong>de</strong>rt vom früheren<br />
Prozessbevollmächtigten ihres Versicherungsnehmers aus übergegangenem<br />
Recht Scha<strong>de</strong>nsersatz bezüglich <strong>de</strong>r Kosten eines<br />
nach Ansicht <strong>de</strong>s Versicherers aussichtslosen Rechtsmittels in<br />
einem WEG-Verfahren, für das <strong>de</strong>r Versicherer Deckungszusage<br />
erteilt hatte. Nach Auffassung <strong>de</strong>s Versicherers hätte <strong>de</strong>r<br />
Anwalt <strong>de</strong>n Mandanten über die Aussichtslosigkeit <strong>de</strong>s Rechtsmittels<br />
belehren und ihm von <strong>de</strong>r Einlegung <strong>de</strong>s Rechtsmittels<br />
abraten müssen. Der Anwalt machte geltend, er habe <strong>de</strong>n Mandanten<br />
belehrt, dass das Rechtsmittel nur geringe Erfolgsaussichten<br />
habe; gleichwohl habe <strong>de</strong>r Mandant auf <strong>de</strong>ssen Einlegung<br />
bestan<strong>de</strong>n. Dies wur<strong>de</strong> vom Mandanten als Zeuge bestätigt.<br />
Das LG wies die Klage ab.<br />
Das OLG wies durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO darauf<br />
hin, dass es <strong>de</strong>r Berufung <strong>de</strong>s Rechtsschutzversicherers keine<br />
Erfolgsaussichten beimesse. Daraufhin nahm <strong>de</strong>r Versicherer<br />
die Berufung zurück. Zwischen Rechtsschutzversicherer und<br />
Anwalt bestün<strong>de</strong>n keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen,<br />
weshalb <strong>de</strong>r Anwalt nur gegenüber <strong>de</strong>m Versicherungsnehmer,<br />
seinem Mandanten, für die Durchführung <strong>de</strong>s Rechtsanwaltsvertrages<br />
verantwortlich sei. Unmittelbare vertragliche Ansprüche<br />
<strong>de</strong>s Versicherers seien damit ausgeschlossen.<br />
Im Verhältnis zum Versicherungsnehmer habe <strong>de</strong>r Anwalt<br />
keine ihm aus <strong>de</strong>m Mandatsverhältnis obliegen<strong>de</strong>n Pflichten<br />
verletzt. Nach seinem substantiierten Vortrag habe er <strong>de</strong>n Mandanten<br />
über die nur geringen Aussichten <strong>de</strong>s Beschwer<strong>de</strong>verfahrens<br />
aufgeklärt. Dies sei sachgerecht und ausreichend gewesen.<br />
Völlig aussichtslos sei die Beschwer<strong>de</strong> nicht gewesen.<br />
Die vom Versicherer erteilte Deckungszusage stelle ein <strong>de</strong>klaratorisches<br />
Schuldanerkenntnis dar, aufgrund <strong>de</strong>ssen er mit Einre<strong>de</strong>n<br />
und Einwendungen, die ihm bei Erteilung <strong>de</strong>r Deckungszusage<br />
bekannt gewesen seien, ausgeschlossen sei. Über die<br />
Erfolgsaussichten <strong>de</strong>s Beschwer<strong>de</strong>verfahrens sei er bei Erteilung<br />
<strong>de</strong>r Deckungszusage informiert gewesen. Ihm hätten <strong>de</strong>r vom<br />
Anwalt übermittelte erstinstanzliche Beschluss sowie die<br />
Beschwer<strong>de</strong>begründung schriftlich vorgelegen. Damit habe <strong>de</strong>r<br />
Versicherer über alle erfor<strong>de</strong>rlichen Informationen verfügt, um<br />
über die Gewährung o<strong>de</strong>r Verweigerung von Deckungsschutz<br />
zu entschei<strong>de</strong>n.<br />
Unzutreffend sei <strong>de</strong>r Einwand <strong>de</strong>s Versicherers, er sei gar nicht<br />
berechtigt, die Erfolgsaussichten <strong>de</strong>r Rechtsverfolgung zu prüfen,<br />
für die Deckungsschutz beantragt wird. Aus <strong>de</strong>r Zusammenschau<br />
<strong>de</strong>r §§ 17, 18 ARB 94/2000 ergebe sich, dass <strong>de</strong>r<br />
Versicherer zu einer solchen Prüfung berechtigt sei. Nach § 18<br />
Abs. 1b ARB 94/2000 könne <strong>de</strong>r Versicherer Deckungsschutz<br />
verweigern, wenn die Wahrnehmung <strong>de</strong>r rechtlichen Interessen<br />
durch <strong>de</strong>n Versicherungsnehmer keine Aussicht auf Erfolg<br />
habe. Dies zu beurteilen setze eine rechtliche Prüfung zwangsläufig<br />
voraus. Versage <strong>de</strong>r Versicherer auf <strong>de</strong>r Grundlage dieser<br />
Prüfung Deckungsschutz, komme die Einholung eines Schiedsgutachtens<br />
o<strong>de</strong>r ein – <strong>de</strong>n Versicherer dann bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r – Stichentscheid<br />
in Betracht. Von dieser Möglichkeit habe <strong>de</strong>r Versi-