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212 Pflichten und Haftung <strong>de</strong>s Anwalts BRAK-Mitt. 5/2010<br />

Rechtsprechungsleitsätze<br />

Fristeintragung bei Zustellung mittels Postzustellungsurkun<strong>de</strong><br />

Zu einer ordnungsgemäßen Organisation <strong>de</strong>s Fristenwesens in<br />

einem Anwaltsbüro gehört nicht nur die Anweisung an das<br />

zuständige Büropersonal, <strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>r Berufungsbegründungsfrist<br />

maßgeblichen Zeitpunkt <strong>de</strong>r Zustellung eines<br />

Urteils anhand <strong>de</strong>r Datumsangabe im unterzeichneten Empfangsbekenntnis<br />

o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Zustellungsumschlag zu ermitteln. Dem<br />

Büropersonal muss auch aufgegeben wer<strong>de</strong>n, das Datum <strong>de</strong>r<br />

Zustellung geson<strong>de</strong>rt und <strong>de</strong>utlich abgehoben von <strong>de</strong>m nicht<br />

maßgeblichen Aufdruck <strong>de</strong>s Eingangsdatums zu vermerken (im<br />

Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 17. Oktober 1990 – XII ZB<br />

73/90, VersR 1991, 124 und 15. Juli 1998 – XII ZB 37/98, NJW-<br />

RR 1998, 1442).<br />

BGH, Beschl. v. 22.6.2010 – VIII ZB 12/10<br />

Anmerkung:<br />

In <strong>de</strong>r Regel wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Anwälten die erstinstanzlichen Urteile<br />

durch EB zugestellt. Das Gericht hatte hier eine Ausnahme<br />

gemacht und die Zustellung gem. § 177 ZPO mittels Postzustellungsurkun<strong>de</strong><br />

bewirkt, und zwar an einem Freitag. Aus<br />

nicht mehr nachvollziehbaren Grün<strong>de</strong>n erhielt das Urteil <strong>de</strong>n<br />

Kanzleieingangsstempel erst am darauffolgen<strong>de</strong>n Montag. Die<br />

Berufung war noch rechtzeitig bei Gericht eingegangen, nicht<br />

aber die Berufungsbegründungsfrist.<br />

Das LG hatte <strong>de</strong>n Wie<strong>de</strong>reinsetzungsantrag zurückgewiesen,<br />

<strong>de</strong>r BGH bestätigt die Entscheidung. Da <strong>de</strong>r Anwalt bei <strong>de</strong>r<br />

Zustellung durch PZU an<strong>de</strong>rs als bei <strong>de</strong>r Zustellung mittels EB<br />

an <strong>de</strong>r Zustellung und seiner Dokumentation nicht selbst mitwirke,<br />

habe er durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen,<br />

dass kein falsches Zustellungsdatum vermerkt wer<strong>de</strong>. Das<br />

Zustellungsdatum sei in einer je<strong>de</strong>n Zweifel ausschließen<strong>de</strong>n<br />

Weise zu ermitteln. Dies könne – wie bei <strong>de</strong>r Zustellung durch<br />

EB – nicht allein durch <strong>de</strong>n Eingangsstempel dokumentiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Vielmehr müsse <strong>de</strong>m Büropersonal aufgegeben wer<strong>de</strong>n,<br />

das Datum <strong>de</strong>r Zustellung geson<strong>de</strong>rt und <strong>de</strong>utlich abgehoben<br />

vom nicht maßgeblichen Aufdruck <strong>de</strong>s Eingangsdatums zu vermerken.<br />

An<strong>de</strong>rs als das LG stellt <strong>de</strong>r BGH also nicht darauf ab,<br />

dass <strong>de</strong>r Anwalt <strong>de</strong>n Umschlag mit <strong>de</strong>m Zustellungsvermerk<br />

nicht in die Akte genommen hatte; es wür<strong>de</strong> wohl auch ein<br />

hiervon übertragener <strong>de</strong>utlicher Hinweis auf das Zustelldatum<br />

genügen. Sicherer ist es aber, <strong>de</strong>n Umschlag tatsächlich in die<br />

Akte zu nehmen, ebenso wie es auch sinnvoll sein kann, eine<br />

Kopie <strong>de</strong>s EB abzuheften. So lässt sich die Zustellung auch<br />

noch zu einem späteren Zeitpunkt einwandfrei aus <strong>de</strong>r Akte<br />

selbst ermitteln.<br />

Rechtsanwalt Bertin Chab<br />

Kontrolle bei Übermittlung <strong>de</strong>s PKH-Antrags per Fax<br />

Bei Übermittlung eines Prozesskostenhilfeantrags durch Telefax<br />

muss ein Sen<strong>de</strong>protokoll ausgedruckt und anhand <strong>de</strong>ssen überprüft<br />

wer<strong>de</strong>n, ob alle Seiten <strong>de</strong>s Originalschriftsatzes neben <strong>de</strong>n<br />

erfor<strong>de</strong>rlichen Anlagen übermittelt wur<strong>de</strong>n.<br />

BGH, Beschl. v. 29.6.2010 – VI ZA 3/09<br />

Anmerkung:<br />

Die Klägerin hatte gegen ein Urteil zunächst Berufung eingelegt<br />

und am letzten Tag <strong>de</strong>r schon verlängerten Begründungsfrist<br />

einen PkH-Antrag gestellt und diesem Antrag einen ausdrücklich<br />

so bezeichneten Entwurf einer Berufungsbegründung<br />

beigefügt, <strong>de</strong>r vom Prozessbevollmächtigten nicht unterschrieben<br />

war. Für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r Bewilligung von Prozesskostenhilfe<br />

wur<strong>de</strong> gleichzeitig Wie<strong>de</strong>reinsetzung in <strong>de</strong>n vorigen Stand<br />

begehrt. Allerdings war die ebenfalls beigefügte Erklärung über<br />

die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vollständig.<br />

Dies soll auf ein Versehen <strong>de</strong>r Büroangestellten bei <strong>de</strong>r<br />

Versendung <strong>de</strong>r Unterlagen per Fax zurückzuführen gewesen<br />

sein.<br />

Der BGH führt aus, dass ein Rechtsanwalt dafür Sorge tragen<br />

müsse, dass <strong>de</strong>r Prozesskostenhilfeantrag vollständig mit <strong>de</strong>r<br />

Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse<br />

einschließlich <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Belege innerhalb <strong>de</strong>r<br />

Begründungsfrist beim zuständigen Gericht eingeht. Bei <strong>de</strong>r<br />

Übermittlung per Fax müsse ein Sen<strong>de</strong>protokoll ausgedruckt<br />

und anhand <strong>de</strong>ssen überprüft wer<strong>de</strong>n, ob alle Seiten mit <strong>de</strong>n<br />

erfor<strong>de</strong>rlichen Unterlagen verschickt wur<strong>de</strong>n. Eine entsprechen<strong>de</strong><br />

allgemeine o<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>re Weisung ergab sich aus<br />

<strong>de</strong>m Vortrag <strong>de</strong>s Antragstellers nicht, so dass <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>reinsetzungsantrag<br />

auch beim BGH keinen Erfolg hatte.<br />

Postausgangskontrolle<br />

Rechtsanwalt Bertin Chab<br />

a) Wie<strong>de</strong>reinsetzung in <strong>de</strong>n vorigen Stand gegen die Versäumung<br />

<strong>de</strong>r Berufungsbegründungsfrist bei fehlen<strong>de</strong>r Ursächlichkeit eines<br />

möglichen Organisationsverschul<strong>de</strong>ns <strong>de</strong>s Prozessbevollmächtigten.<br />

b) Zu <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen an die anwaltliche Sorgfaltspflicht hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>r Postausgangskontrolle bei fristgebun<strong>de</strong>nen Schriftsätzen.<br />

BGH, Beschl. v. 16.2.2010 – VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378<br />

Anmerkung:<br />

Eine zuverlässige Fristenkontrolle durch <strong>de</strong>n Anwalt muss<br />

gewährleisten, dass <strong>de</strong>r fristwahren<strong>de</strong> Schriftsatz rechtzeitig<br />

hergestellt und postfertig gemacht wird. Ist die weitere Beför<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Post zuverlässig vorbereitet, darf die Frist im Kalen<strong>de</strong>r<br />

als erledigt vermerkt wer<strong>de</strong>n. Es genügt dazu, dass <strong>de</strong>r Schriftsatz<br />

in ein Postausgangsfach <strong>de</strong>r Kanzlei eingelegt wird, von<br />

<strong>de</strong>m aus ein unmittelbarer Transport zur Post o<strong>de</strong>r zum Gericht<br />

erfolgt. Das Postausgangsfach darf also in diesem Sinne nur<br />

„letzte Station“ auf <strong>de</strong>m Weg aus <strong>de</strong>r Kanzlei zum Adressaten<br />

sein. Unter diesen Umstän<strong>de</strong>n ist die Führung eines Postausgangsbuchs<br />

nicht notwendig.<br />

Im Ausgangsfall sah das Berufungsgericht ein Organisationsverschul<strong>de</strong>n<br />

schon darin, dass das Postausgangsfach nicht täglich<br />

gelehrt wür<strong>de</strong>; an <strong>de</strong>n Osterfeiertagen fielen zusätzlich Karfreitag<br />

und Ostermontag als Leerungstage aus.<br />

Der BGH lässt in <strong>de</strong>n Entscheidungsgrün<strong>de</strong>n offen, ob und<br />

unter welchen Umstän<strong>de</strong>n es ausreichen könnte, dass das Postausgangsfach<br />

lediglich drei Mal wöchentlich geleert wird. Ein<br />

etwaiger Organisationsfehler in diesem Zusammenhang sei<br />

vorliegend nicht kausal gewor<strong>de</strong>n, weil man konkret davon<br />

ausgehen musste, dass <strong>de</strong>r sonst zuverlässige Bote das Schriftstück<br />

zwar tatsächlich entnommen hatte, dann aber entgegen<br />

<strong>de</strong>n klaren Weisungen nicht mehr am selben Tag zu Gericht<br />

gebracht hatte. Dieser Umstand führte zur Wie<strong>de</strong>reinsetzung<br />

durch <strong>de</strong>n BGH.<br />

Es han<strong>de</strong>lt sich um eine Einzelfallentscheidung, die nur wenig<br />

allgemeine Aussagen zulässt. Insbeson<strong>de</strong>re ist nicht geklärt,<br />

unter welchen Umstän<strong>de</strong>n eine Leerung <strong>de</strong>s Postausgangsfachs<br />

im zweitägigen Turnus einer ausreichen<strong>de</strong>n Organisation entsprechen<br />

wür<strong>de</strong>.<br />

Rechtsanwalt Bertin Chab

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