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hallertau magazin 2012-2

Entdecken Sie das bayerische Hopfenland, eine einzigartige europäische Kulturlandschaft! Reportagen über Menschen, Landschaft, Feste, Freizeitangebot, Spezialitäten, Geschichte, Hopfen und Bier…

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8<br />

PORTRAIT<br />

über die Hopfenwirtschaft erzählt. Bis<br />

1997 war er noch operativ im Unternehmen<br />

tätig. Jetzt genießt er den Ruhestand<br />

in seinem mittelalterlichen Patrizierhaus<br />

mitten in Nürnberg. Wenngleich ihn das<br />

Thema Hopfen natürlich nicht loslässt.<br />

„Ich werde schon noch auf dem Laufenden<br />

gehalten und auch mal um meine Meinung<br />

gefragt.“ Kein Wunder bei der Erfahrung.<br />

Und bei der Barthschen Tradition,<br />

die Unternehmensführung immer auf<br />

mehrere Schultern meist zweier Generationen<br />

der Familie zu verteilen.<br />

Beim Hopfenzupfen dabei<br />

Bereits im Mai 1945 tritt der vom Krieg zurückgekehrte<br />

„Heiner“ Barth in die Firma<br />

ein, um diese zusammen mit seinem Vater<br />

nach den verheerenden Kriegsjahren wieder<br />

zu alter Bedeutung zu führen. Den Hopfen<br />

lernt er schon früh kennen auf dem<br />

familieneigenen Hopfenbetrieb Barthhof<br />

bei Wolnzach, den seine Mutter leitet. „Ich<br />

lebte bereits seit 1934 während der großen<br />

Ferien auf unserem Hopfengut und wurde<br />

beim Hopfenpflücken, Messen, Stangeln bis<br />

zum Darren eingesetzt“, erinnert sich Barth.<br />

Und er lernt früh die Menschen kennen,<br />

die mit Hopfen zu tun haben: die Hopfeneinkäufer<br />

oder Schmuser („schmusen“ ist<br />

jüdisch und bedeutet „schön reden“/<br />

Anm.d.Red.), die Hopfentreter, die Bonitierer,<br />

die Waagmeister. Und natürlich die<br />

Hopfenpflanzer. Mit der Familie Bogensberger,<br />

die den Barthhof 1978 erwirbt,<br />

verbindet ihn noch heute ein freundschaftliches<br />

Verhältnis.<br />

In den 50er Jahren – nach einigen sehr<br />

schlechten Hopfenernten – ist der junge<br />

Barth wochenlang im Gebiet unterwegs, um<br />

für seine Idee der langjährigen Hopfenkontrakte<br />

zu werben, über die heute ca. 70-80 %<br />

der Ernte erfasst sind und so Produzenten,<br />

Handel wie Abnehmer Planungssicherheit<br />

verschaffen.<br />

„Wir haben uns damals wirklich bemüht,<br />

waren allerdings nur bedingt erfolgreich“,<br />

erzählt Barth, „viele Bauern argumentierten,<br />

wir können doch nicht verkaufen, was<br />

wir noch gar nicht haben!“ Diese Anfangskontrakte<br />

liefen auf fünf Jahre zu DM 500<br />

je Zentner.<br />

Bis 1977 unterhielt die Familie Barth einen eigenen Hopfenbaubetrieb bei Wolnzach.<br />

Die rollenden Hügel der Hallertau<br />

Im Jahre 1977, seine Firma war längst vom<br />

reinen Handelsunternehmen zum internationalen<br />

Mischkonzern für Hopfenhandel<br />

und Hopfenverarbeitung geworden, geht<br />

Heinrich Barth in die Vereinigten Staaten,<br />

wo Joh. Barth & Sohn das große US-Unternehmen<br />

John I. Haas, Washington,<br />

übernommen hatte. Rund 26 Jahre lebt er<br />

mit seiner Familie in Washington D.C. und<br />

leitet bis zu seinem Ruhestand 1997 die<br />

Geschäfte in Nordamerika. So gern er in<br />

den USA gelebt hätte, so sehr habe er sich<br />

über seine Rückkehr 2003 in seine Heimatstadt,<br />

die ehemalige Hopfenmetropole<br />

Nürnberg und die nahe Hallertau gefreut,<br />

die er regelmäßig bereist. Um Freunde zu<br />

besuchen oder an der Hopfenrundfahrt<br />

teilzunehmen. „Ich bin gerne hier. Die rollenden<br />

Hügel und die wohlbestellten Hopfengärten<br />

und Felder sind eine Attraktion<br />

der Hallertau. Ein Land im Wohlstand mit<br />

schönen Dörfern, angenehmer Gastlichkeit<br />

und weltoffenen Menschen“, schwärmt<br />

Heinrich Barth. Dabei habe die Region<br />

und die Hopfenwirtschaft während der<br />

letzten 50 Jahre ganz erhebliche Veränderungen<br />

erfahren. Die Bedeutendste war die<br />

Mechanisierung der Landwirtschaft. So<br />

haben Pflückmaschinen Tausende von<br />

Erntehelfern ersetzt, die während der<br />

„Pflücke“ die Hallertau bevölkerten. Oder<br />

die Bedeutung der Hopfenveredelungswerke,<br />

den Aufbau moderner Lager- und<br />

Kühlhäuser sowie die Einführung von<br />

Quadratpackungen anstelle der alten Originalballen<br />

und eine Flexibilisierung der<br />

Siegelung.<br />

„Kaum ein Gebiet des Hopfenweltmarktes<br />

ist besser für die Zukunft aufgestellt als<br />

die Hallertau. Ich bin stolz darauf, dass Joh.<br />

Barth & Sohn stets an der Spitze des Fortschrittes<br />

steht.“<br />

Und Barth sieht für die Zukunft zunehmende<br />

Konzentrationstendenzen: „Es<br />

werde immer weniger, dafür größere Hopfenbaubetriebe<br />

geben“, prognostiziert der<br />

Hopfenmarktkenner. „In den USA bewirtschaften<br />

60 Pflanzer die gleiche Fläche wie<br />

bei uns 1.100 Landwirte!“ Die Handelsunternehmen<br />

haben diese Entwicklung<br />

bereits hinter sich.<br />

Am meisten Kopfzerbrechen macht Barth<br />

aber die „maßlose Konzentration auf<br />

Brauereiseite, wo heute fünf Braukonzerne<br />

den Weltmarkt dominieren“ und damit natürlich<br />

eine enorme Marktmacht besitzen.<br />

Vertrag ist Vertrag<br />

Hopfenpreise waren und sind ein Ergebnis<br />

von Angebot und Nachfrage. Und auch von<br />

Ernteerträgen. Drei große (1949/1981/ 2007)<br />

und mehrere kleinere Haussen hat Barth in<br />

seiner Berufslaufbahn erlebt, wie zuletzt<br />

2007, als zwei Minderernten den Hopfenpreis<br />

nach oben trieben. „So mancher Vertrag<br />

stand da im Feuer“, erinnert sich der<br />

Hopfenkaufmann, „wer seinerzeit langfristige<br />

Kontrakte abgeschlossen hatte, war der Gewinner.<br />

Heute ist wieder zuviel Hopfen am<br />

Markt. Aber es wird sich wieder einpendeln.“<br />

Unabhängig von der Marktsituation gibt<br />

es bei Barth von jeher eine goldene Regel:<br />

Vertrag ist Vertrag.<br />

Was die Zukunft betrifft, ist für Heinrich<br />

Barth die Entwicklung sogenannter „Craft<br />

Breweries“ in den USA interessant (kleinere,<br />

handwerklich geprägte Brauereien/<br />

Anm.d.Red.), von denen es inzwischen<br />

mehr als 3.000 gibt, die zum Teil rasant<br />

wachsen und gegenüber den Großbrauereien<br />

ein Vielfaches an Hopfen verwenden,<br />

um charaktervolle Biere zu brauen.<br />

Inzwischen seien ähnliche Entwicklungen<br />

auch in skandinavischen Ländern, Österreich<br />

oder Italien feststellbar, weiß Barth.<br />

In Italien kennt er sich besonders gut aus.<br />

Er ist in Meran/Südtirol geboren und seine<br />

Ehefrau ist Mitinhaberin der größten<br />

Privatbrauerei Italiens, der Brauerei Forst,<br />

in Algund/Meran.<br />

Die Haushälterin, die mich am Tor des<br />

Hauses abgeholt hat, trägt Kaffee auf. Auf<br />

dem mächtigen Tisch im geschmackvoll<br />

möblierten Salon stehen Lkw-Miniaturen.<br />

Ja, er sei leidenschaftlicher Sammler und<br />

Verehrer von Goethe und Schiller. Das<br />

Sammeln von Hopfenverträgen machen<br />

heute seine Söhne.<br />

www.barthhaasgroup.com

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