heuler nr. 50 - niquan.com
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Fragwürdige Jagd auf<br />
„Mogel-Studenten“<br />
Stura-Präsident weist Suche nach Bafög-Betrügern als unangemessen zurück<br />
Studium<br />
Die Meldung hat auch Rostocks Studenten aufgeschreckt: Kommilitonen müssen mit<br />
Strafanzeigen rechnen, weil sie - beabsichtigt oder nicht – Fehler im Bafög-Antrag<br />
gemacht haben. Mit Hilfe eines Datenabgleichs kamen Finanzbehörden,<br />
Studentenwerk und Banken den vermeintlichen „Betrügern“ auf die Spur. Rostocks<br />
Stura-Präsident Christoph Friederich will diesen Betrugs-Vorwurf stellvertretend<br />
für seine Kommilitonen nicht gelten lassen.<br />
„Die hohe Zahl der Verdachtsfälle<br />
bezieht sich auf Studierende, die anteilige<br />
Kredite nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz<br />
empfangen“,<br />
sagt Christoph Friederich. Als<br />
Verdachtsfall gilt unter anderem, wer<br />
mehr als 100 Euro Zinsen pro Jahr<br />
erhält. „Dazu steht unserer Meinung<br />
nach die Art und Weise der Überprüfung<br />
mit Hilfe des Datenabgleiches<br />
zwischen Behörden und<br />
Banken nicht im Einklang mit den<br />
Datenschutzgesetzen“, betont der<br />
Präsident des Studierenden-Parlaments.<br />
Der Begriff „Bafög-Betrug“ sei weit<br />
übertrieben. „Teile der Antragsformulare<br />
sind missverständlich formuliert“,<br />
erklärt Friederich. So müssten<br />
zum Beispiel auch Lebensversicherungen<br />
beim Bafög-Antrag angegeben<br />
werden, auch wenn sie dem<br />
Antragsteller nicht bekannt sind.“<br />
Den Bafög-Empfängern werde Sparen<br />
unmöglich gemacht. Falls jemand<br />
länger als die Regelstudienzeit zum<br />
Studium benötige, was die Regel,<br />
nicht die Ausnahme darstelle, sollen<br />
Studierende die Zeit ohne Ersparnisse<br />
überbrücken.<br />
„Der Skandal um das Bafög offenbart<br />
die Schwäche dieses<br />
Förderungssystems“, sagt Friederich.<br />
„Wer Bafög bekommen will, muss<br />
mittellos sein und muss es auch bleiben.“<br />
Gleichzeitig sei die Prozedur<br />
der Antragsstellung sehr kompliziert. völlige Neuordnung der Bundesausbildungsförderung<br />
vorzunehmen.<br />
Friederich: „Es kommt schnell und<br />
unbeabsichtigt zu Fehlern. Gesetzesnovellen<br />
und große Arbeitsbelastung vertreter auch eigene Vorschläge ein.<br />
Dabei bringen die Studierenden-<br />
führen oft zu Fehlberatungen durch Friederich: „Denkbar wäre eine<br />
die Bafög-Sachbearbeiter.“ Grundförderung jedes Studierenden<br />
Der Asta der Universität Rostock sowie<br />
die Landeskonferenz der Außerdem stelle sich die Frage, ob<br />
wie in skandinavischen Ländern.“<br />
Studierendenschaften in Mecklenburg-Vorpommern<br />
fordern die mäßig ist. „Die Landesdatenschutz-<br />
der Datenabgleich überhaupt recht-<br />
Bundesregierung auf, das Bafög beauftragten haben scharf dagegen<br />
transparenter und einfacher zu gestalten,<br />
die Freibeträge den heutigen Bedenken geäußert. In vielen Städ-<br />
protestiert und datenschutzrechtliche<br />
Gegebenheiten anzupassen oder eine ten wurden schon begründete Klagen<br />
gegen die Handhabung des<br />
Datenabgleichs eingereicht“, berichtet<br />
Friederich. Aber nicht nur die juristische,<br />
auch die moralische<br />
Rechtfertigung müsse in Frage gestellt<br />
werden. Der Staat mache Jagd<br />
auf die „Mogel-Studenten“ und dies<br />
mit sehr fragwürdigen Methoden.<br />
Hier werde erneut bei den<br />
Schwächsten eingegriffen.<br />
„Fakt ist, dass die ersten Stichproben<br />
bei Bafög-Empfängern in der<br />
Regierung Goldgräberstimmung<br />
aufkommen ließen, die einzig und allein<br />
dazu führen wird, dass noch viel<br />
mehr finanziell schlecht gestellte Abiturienten<br />
kein Studium aufnehmen<br />
werden“, sagt Friederich. „Ob<br />
Stura-Präsident Christoph das während der Entwicklung zur<br />
Friederich: „Der Betrugsvorwurf Bildungsgesellschaft der richtige Weg<br />
ist in vielen Fällen nicht gerechtfertigt.“<br />
Christian Kohlhof<br />
ist, stellen wir in Frage.“<br />
15<br />
Juli 2003