heuler nr. 50 - niquan.com
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Reportage<br />
muss natürlich jeder individuell probieren.<br />
Meine erste Station war Krakau in<br />
Polen, dann folgte Budapest. Mein<br />
Hostel war schon ein Knüller für sich!<br />
Der Eingang befand sich im Keller<br />
und dort fanden abends (genauer<br />
gesagt jeden Abend!) Billardspiele und<br />
Abschiedsfeiern abreisender Gäste<br />
statt. Seltsamerweise habe ich in<br />
Budapest mehr Australier als Ungarn<br />
kennen gelernt, trotzdem war<br />
Budapest ein Höhepunkt! Mein Tipp:<br />
Unbedingt hinfahren und drei Tage<br />
auf sich wirken lassen. Ein Besuch<br />
auf der Fischerbastion (möglichst<br />
nachmittags mit der Sonne im Rücken),<br />
ein Spaziergang am Donauufer,<br />
der Blick von der Zitadelle und<br />
auch das Parlamentsgebäude sind<br />
dabei Pflicht!<br />
Von Budapest fuhr ich weiter nach<br />
Bella Italia. Nach Mailand konnte ich<br />
einen Nachtzug nutzen, was immer<br />
ein gutes Mittel ist, um Zeit zu gewinnen.<br />
Mit einem Schlafsack kann<br />
man es sich in normalen Abteilen<br />
recht gemütlich machen. Leider wurde<br />
ich ständig von Kontrolleuren aus<br />
dem Schlaf gerissen, und ich hatte<br />
den Eindruck, denen machte es auch<br />
noch Spaß!<br />
Nach Mailand folgte Rom, das wohl<br />
der Knüller meiner Reise war. In<br />
Roma muss man sich eigentlich alles<br />
ansehen und wer nicht mindestens<br />
drei Tage bleibt, begeht eine Todsünde,<br />
auch weil mit dem Vatikan<br />
buchstäblich ein Staat im Staate zu<br />
bestaunen ist!<br />
Nach Rom war ich in Neapel, leider<br />
bin ich auf dem Bahnhof bestohlen<br />
worden und auch sonst war immer<br />
Vorsicht geboten! Generell rate ich,<br />
Papiere und Geld in einem Brustbeutel<br />
mit sich zu führen und wichtige<br />
Dokumente als Kopie im Rucksack<br />
zu haben. Ansonsten: Wertsachen<br />
ins Innere des Rucksacks stopfen,<br />
alles eng am Mann haben und<br />
unübersichtlichen Situationen aus<br />
dem Weg gehen.<br />
Italien - die Züge dort glänzen mit<br />
Unpünktlichkeit! Mein Zug von<br />
Rom nach Neapel sollte gegen 22<br />
Uhr in Neapel ankommen. Er hatte<br />
zwei Stunden Verspätung und verlor<br />
auf der Strecke noch eine halbe,<br />
so dass ich erst um 0.30 Uhr in<br />
Napoli eintraf, mein Hostel schon<br />
dicht hatte und ich auf dem Bahnhof<br />
nächtigen musste – und das ausgerechnet<br />
in Neapel!<br />
Weitere Stationen: Florenz, Pisa,<br />
Lucca und Siena in der Toskana. Allgemein<br />
sei hier gesagt, dass Interrail<br />
nichts für Warmduscher ist! Ich gebe<br />
allen potentiellen Nachahmern den<br />
Rat, für alle Fälle stets Schlafsack,<br />
Isomatte und ein leichtes Zelt mitzunehmen.<br />
Es kann immer dazu<br />
kommen, dass kein erschwingliches<br />
Bett mehr frei ist. Die Nacht kann<br />
dann sehr unangenehm werden! Langes<br />
Vorplanen und Vorbuchen<br />
ist keine gute<br />
Lösung, denn es<br />
schränkt die Spontanität<br />
immens ein. Einen<br />
Grobplan, welche Strecke<br />
man fahren und welche<br />
Städte man sehen<br />
möchte ist dagegen ratsam,<br />
wobei weniger<br />
mehr sein kann.<br />
In Italien gibt es hervorragende<br />
Museen, die keiner<br />
auslassen sollte. Ein<br />
Muss sind die Galleria<br />
Borghese und die Vatikanischen<br />
Museen in<br />
Rom, in Florenz die<br />
Uffizien. Allerdings ist<br />
Italien kein billiges Reiseland.<br />
Die Eintritte<br />
schrammen hart an der<br />
Wucherei vorbei. Nach Florenz und<br />
Venedig (Tipp: bis abends bleiben,<br />
ist dann nicht mehr voller Japaner<br />
und verboten romantisch...) erreichte<br />
ich schließlich Wien. Dort fiel mir<br />
sofort der sprichwörtliche Schmäh<br />
und die typische Sprachfärbung auf.<br />
Man sagt dort auch nicht „Tag“, sondern<br />
„Grüß Gott“. Und das Wort<br />
„Kaffee“ bitte immer mit Betonung<br />
auf dem „e“ aussprechen, sonst kann<br />
man gleich einpacken. „Kaffe“ gibt’s<br />
in Wien nicht!<br />
Wien war nach dem lauten und bunten<br />
Italien ein willkommener Ruhepol.<br />
Es gibt sehr vieles zu sehen, am<br />
besten aber ist Schloss Schönbrunn,<br />
wo einst Sissi und ihr Franz weilten.<br />
Zu Wien gehört natürlich auch ein<br />
Stück Sachertorte und eine Melange<br />
in einem der Kaffeehäuser inklusive<br />
steif-höflicher Bedienung. Nervtötend<br />
kann leider der Zwang sein,<br />
immer Trinkgeld geben zu müssen,<br />
sonst fällt man als Deutscher auf und<br />
27<br />
Juli 2003