heuler nr. 50 - niquan.com
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Beratung<br />
10<br />
Liebe Margot.<br />
Viele Leute haben mir erzählt, dass Döner<br />
Kebab echt lecker ist. Das möchte ich gerne<br />
selbst herausfinden. Angebote gibt es ja genug<br />
– und ich möchte wirklich mal so ein Ding<br />
probieren. Aber ich habe Angst vor den<br />
Folgen. Benni, 24<br />
Benni, mein kleiner Gierschlund. Nur<br />
zu gut kann ich Deine Sorgen verstehen.<br />
So lecker dieses extra für den<br />
deutschen Markt entwickelte<br />
anatolische Nationalgericht auch sein<br />
mag, so gefährlich sind auch dessen<br />
Nebenwirkungen.<br />
Einmal herzhaft ins Fladenbrot gebissen,<br />
schon entstehen unter ungünstigen<br />
Bedingungen bleibende Schäden<br />
durch Soßenspritzer an Kleidungsstücken<br />
und Schrankwänden.<br />
Wenn es ganz schlecht läuft, kleckern<br />
Fleischbrocken und Salatfitzel so unvorteilhaft<br />
auf den Fußweg vor Dir,<br />
dass kleine Kinder denken können,<br />
Du hättest gerade eine Katze zertreten.<br />
Das muss nicht sein.<br />
Ich habe zu diesem Thema, das<br />
immer wieder an mich herangetragen<br />
wird, eine Ratgeberbroschüre<br />
verfasst. Titel: „Schöner Döner. Kebab<br />
essen ohne Sorgen.“ Hier die<br />
wichtigsten Aussagen:<br />
A) Vor dem Genuss: Ziehe Dir alte<br />
Klamotten an. In etwa die, die Du<br />
auch verwendest, wenn Freunde und<br />
Familie Dich bitten, ihr Schlafzimmer<br />
zu tapezieren oder die Küche zu<br />
malern. Sofern nötig, rasiere Dich<br />
sorgfältig, damit später nicht unbemerkt<br />
Soße<strong>nr</strong>este, Salatstreifen,<br />
Lämmerhälften und Fladenbrote im<br />
Gesicht hängen bleiben. Jetzt noch<br />
schnell eine rolle Küchenpapier eingesteckt<br />
und dann auf zum Kebabmann.<br />
B) Während des Genusses: Du haste<br />
gerade Dein Döner-komplett-mitnicht-so-wenig-Tzatziki-dafür-aberkaum-Zwiebeln-und-können-Sieein-bisschen-mehr-Krautsalatreinmachen-und-nicht-soviel-Scharfund-geht-auch-Schafskäse-ach-derkostet-extra-nee-dann-nicht-zum-<br />
Mitnehmen-nein-halt-doch-zumgleich-essen-Kebap<br />
bestellt, bezahlt<br />
und erhalten.<br />
Jetzt geht’s los. Manche Döner werden<br />
in einer hauchdünnen, weißen<br />
Plastiktüte serviert, eingehüllt in einen<br />
Aluminium-Mantel und in einer witzlosen<br />
Papierhülle steckend. Tüte und<br />
Alu kannst Du entfernen. Doch Vorsicht,<br />
hier lauern in kleinen Falten und<br />
Spalten zuweilen apokalyptische<br />
Mengen bunt gefärbter Soßen, die<br />
über Deine Finger, die Hände bis in<br />
die Ärmel laufen können.<br />
Döner werden am besten im Freien<br />
gegessen. Suche Dir einen Standpunkt<br />
mit festem Untergrund. Setze beide<br />
Füße fest auf den Boden. Beuge den<br />
Oberkörper vor. Nimm den Döner<br />
in beide Hände. Das Fladenbrot lagert<br />
auf den gekrümmten kleinen Fingern.<br />
Die Ring- und Mittelfinger geben<br />
zusätzlichen Halt. Die Zeigefinger<br />
biegen den oberen Teil der<br />
Papierhülle zurück, klemmen sie unter<br />
den Mittelfinger. Gleichzeitig halten<br />
die Daumen die untere Papierhülle<br />
ab. Natürlich müssen Zeigefinger<br />
und Daumen auch das Fladenbrot<br />
zusammendrücken (Vorsicht,<br />
Spritzgefahr, Vorsicht, heiß).<br />
Inzwischen dürfte Dein herzhafter<br />
Imbiss aber auf eine körperverträgliche<br />
Temperatur abgekühlt<br />
sein, so dass Du herzhaft anfangen<br />
kannst zu knabbern.<br />
Das hat zwei Vorteile. Ersten kannst<br />
Du so vermeiden, dass beim wilden<br />
Herumkauen Döner-Teile umherfliegen<br />
und Unbeteiligte verletzen.<br />
Zweitens kannst Du so herausfinden,<br />
ob Dich der Imbiss-Mann wirklich<br />
verstanden hat, als Du sagtest: „Bitte<br />
nur ein bisschen Scharf draufmachen,<br />
ja“ Die nächste halbe Stunde ist bei<br />
diesen Vorsichtsmaßnahmen ein purer<br />
Genuss.<br />
C) Danach: Jetzt steht die Grundreinigung<br />
an. Die Küche<strong>nr</strong>olle hilft.<br />
Auf dem Weg nach Hause trocknen<br />
die Soßenspritzer auf Deiner Kleidung.<br />
Du kannst sie zu Hause ausbürsten.<br />
Danach die Sachen auf 60<br />
Grad waschen. Du selbst duscht ausgiebig.<br />
Vorteil: Nach einem Kebab-<br />
Genuss stellt sich unweigerlich Durst<br />
ein. Unter der Dusche kannst Du ihn<br />
stillen.<br />
Diese A-B-C-Methode hat sich millionenfach<br />
bewährt. Ich wünsche Dir<br />
einen zauberhaften Appetit.<br />
31<br />
Juli 2003