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Rostock 19. Juli in Rostock: Christopher Street Day 32 heuler: Wozu dieser Straßenumzug Mehdi Salehi: Will man den CSD verstehen, muss man die Geschichte der Schwulen- und Lesbenbewegung zurückverfolgen. Die Schwulen und Lesben wurden sehr lange Zeit diskriminiert, verstoßen, verfolgt und als krank, eklig, pervers und Menschen zweiter Klasse behandelt. Auch in Amerika war es normal, dass Schwulen- und Lesbenveranstaltungen oft der Willkür von Polizeirazzien ausgesetzt waren. Kam es zu so einer Polizeirazzia, wurden die Personalien der Anwesenden aufgenommen, sie wurden verhöhnt und lächerlich gemacht. Im Sommer 1969 ließen sich das die Schwulen und Lesben aus New York nicht mehr gefallen. Als es wieder einmal zu einer Polizeirazzia kam, wehrten sich die Homosexuellen an dieser Nacht, und die Polizei musste sich zurückziehen. Am nächsten Tag kam es zu einem Protestzug der Schwulen und Lesben. Das war einmalig bis zu dem Zeitpunkt! Wie ein Lauffeuer ging es durchs Land und auch in anderen Städten kam es zu Demonstrationen und Aufmärschen. Stolz und selbstbewusst verlangten die Schwulen und Lesben ihre Rechte zurück. Seit diesem besonderen Tag im Sommer 1969 ziehen Schwule, Lesben, ihre Freunde und ihre Eltern jedes Jahr einmal durch die Straßen der Städte und zeigen der Öffentlichkeit, dass sie stolz sind, schwul/ lesbisch zu sein oder stolz sind auf ihre homosexuellen Kinder und Freunde. Proud to be gay! heuler: Was erwartet uns in diesem Jahr beim Rostocker CSD Der CSD wird in diesem Jahr eingeleitet durch die „hansegay“ eine Woche für Schwule, Lesben und Freunde mit Parties, 12Filmabenden, Lesungen und einem Sommergrillfest. Die hier in Rostock zum ersten Mal stattfindende CSD - Parade ist am Samstag, den 19. Juli, und beginnt um 15 Uhr am Neuen Markt. Begleitet wird die Parade, die quer durch die Innenstadt verläuft, von einer heißen Samba-Gruppe und einigen Wagen. Ihr Ende findet sie dann um 17 Uhr in der Leonhardstraße beim jährlichen Straßenfest. Ein sehr abwechslungsreiches Programm sorgt für klasse Unterhaltung auf der Showbühne, und fürs leibliche Wohl ist ebenfalls gesorgt. Das große Finale beginnt dann um 23 Uhr: die CSD-Party, mit 2 DJs, der Krönung der „Miss Drag Queen Rostock 2003“ und diversen anderen Überraschungen. Auf die schönen warmen Tage des Jahres! Der Zwang zur Rechtfertigung Was soll das überhaupt Interview: Carsten Schmidt „Seit Monaten liest und hört man täglich nur noch von Schwulen und Lesben“ heißt es in einem Leserbrief an die Saarbrücker Zeitung. „Ich habe nichts gegen Andersartige. Die Schwulen-Hochzeiten finde ich abscheulich. Es ist furchtbar, wenn sie durch die Saarbrücker Bahnhofstraße gehen, und ein Lesbenpaar über 50 verknutscht und verküsst sich. Mehdi Salehi ist der Schwulen- und Lesbenreferent des Asta. Er ist wohl derjenige, der am häufigsten erklären muss, warum seine Arbeit nötig ist. Seine Antwort: Weil ich finde, dass alle Interessengruppen im Asta (Allgemeiner Studierenden Ausschuss) vertreten sein sollten, und weil es für viele nicht normal ist, wenn jemand homosexuell ist. Wenn ich höre, wie abfällig und verhöhnend zum Beispiel über den schwul-lesbischen Studentenstammtisch „Happy Gay Students“ gesprochen wird oder wie die Studenten mich ansehen, wenn ich Plakate aufhänge für schwul-lesbische Veranstaltungen, dann weiß ich, dass Rostocks Universität immer noch einen Lesben- und Schwulenreferenten braucht. Es ist sehr angenehm und motivierend, mit dem Asta zusammen zu arbeiten. Durch seine Unterstützung ist vieles erst möglich geworden. Dankeschön!“ Commedia dell’ arte Das „Freie Theater Rostock“ lädt zu „Herz und Leber, Hund und Schwein“. Die szenischen Auffährungen frei nach Hansjörg Schneider finden jeweils um 21 Uhr in der Alten Gerberei statt. Und zwar am 25., 26. und 30. Juli und am 1. und 2. August. Radeln, Geld verdienen Das Unternehmen Velotaxi sucht Studierende als Radfahrer. Sie sollen Besucher mit Rikscha-Rädern durch Warnemüde kutschieren. Pro Passagier gibt’s mindestens 7,50 Euro, abhängig von der Fahrzeit. Wer Interesse hat, kann sich unter 0173/ 6292124 bei Velotaxi melden. heuler - das Studentenmagazin
Gilligan´s Island für Intellektuelle Kultur Der 2002 in Norderstedt erschienene Roman „Die Sulma“ wurde von einem Rostocker und Mecklenburger Jung-Original geschrieben: Frithjof Meinke. Dazu ist er auch noch ein Kommilitone, der sich sowohl der Physik bis zum Diplom als auch der Philosophie bis zu diesem Buch gewidmet hat. Nun zu eben diesem Buch: Es begab sich eine Gruppe von Menschen, angeführt von einem Professor für Quantenphysik, auf eine ferne Insel und vorsätzlich in den Bann einer Zeitmaschine. Die Hauptpersonen sind der Physiker Gilgamesch, seine Begleiterin Violetta sowie Seneca und Gorgias. Sie alle machen sich auf, klingt komisch Ist es auch. Das philosophische Buch wartet mit mehr als nur einer unklaren Begebenheit auf und man muss nicht lange warten, bis man nicht mehr weiter weiß. Die Dialoge sind entweder postmodern kurz und verstecken ihre tiefere Bedeutung wenn dann sehr tief oder sie sind sehr lang und verlangen nach Ordnung. Der sogenannte dialektische Roman von Herrn Meinke soll, so er denn ernst gemeint ist, durch These und Antithese zu einer höheren Erkenntnis führen. Dies jedenfalls bedeutet es, wenn man sich der Platonschen Form der Sprache anlehnt. Die Kapiteleinteilung hilft dem Leser sehr, sich das wie einer aufgeblähten Kurzgeschichte daherkommende Buch einzuteilen. In Kapitel 73 erscheint die Sulma, so wird angedeutet. Was das für die Handlung bringt, und ob das Buch kann, was Sophies Welt nicht konnte, muss jeder selbst herausfinden. Viel Spaß beim philosophischen Blättern auf 460 Seiten. Carsten Schmidt Kaufen, Lesen: Never Mind Nirvana Agenda, Pisa, Sommerloch Politisches Sommergespräch: Wie steht es um Deutschland Pete Tyler ist Staatsanwalt in Seattle. Er muss gerade einen Vergewaltigungsfall bearbeiten. Das ist der Einstieg in einen der besten Texte, die ich seit langem gelesen habe. Pete bildet nur den Rahmen für eine schnell und spannend erzählte Geschichte. Der Staatsanwalt ist ehemaliger Grunge-Musiker. Obwohl mittlerweile 36 und beim Staat angestellt, will Pete nicht wirklich erwachsen sein. Er feiert ungehemmt und erobert Mädchen wie am Fließband. Glücklich ist er damit nicht, und er fasst den Entschluss zu heiraten. Wen, dass weiß er noch nicht so richtig. Der Staatsanwalt muss sich nicht nur mit dem Vergewaltigungsfall, der von einem Sänger begangen wurde, auseinandersetzen, sondern auch mit sich selbst ins Reine kommen. Der Autor macht richtig Tempo: Kurze, knappe Sätze, die nie zu einfach wirken. Aufzuhören fällt schwer. Ich habe sogar mitgeschrieben, denn mit den erwähnten Song- Zitaten, Albumtiteln oder Bands ließe sich eine formidable Plattensammlung aufbauen.. Alles in allem: Kaufen! Mark Lindquist: Never Mind Nirvana. Für 11,80 Euro. Michael Fengler Elisabeth Niejahr von der Zeit, Autorin im Bereich Innenpolitik, stand dem heuler Rede und Antwort. heuler: „Frau Niejahr, am Anfang eine Frage zur nächsten Generation. Seit den letzten Tagen ist das Thema Ganztagsbetreuung zwischen Bund und Ländern wieder heiß diskutiert worden. Wie beurteilen Sie die Lage und kann das ein erster Schritt aus der sogenannten Bildungskrise sein“ Niejahr: „Ein erster Schritt vielleicht, aber unendlich viel zu wenig angesichts der Bildungskrise im Land. Denn während der Bund Geld für Ganztagsbetreuung zur Verfügung stellt, kürzen ja viele Länder ihre Unterstützung für Krippen und Horte.“ heuler: „Innenpolitisch ist Deutschland ja gerade dabei, Pflaster auf die Wunden der Finanz-, Sozial und Reformpolitik zu pressen. Glauben Sie an große Schritte vor der Sommerpause und wie könnten die aussehen“ Niejahr: „Das Reformprogramm der Regierung Schröder enthält viel Richtiges, ist aber eines gewiss nicht: Eine Agenda für das Jahr 2010. In den Regierungsparteien wird allmählich vielen klar, dass es einer Agenda nach der Agenda bedarf – schon deshalb, weil Finanzminister Hans Eichel den gigantischen Betrag von 15 Milliarden Euro einsparen muss, um im Jahr 2004 einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzulegen.“ heuler: „Was genau bringt Deutschland in Zeiten der Rezession eigentlich weiter Das Kehren vor der eigenen Tür oder Imagepflege im Ausland“ Niejahr: „Imagepflege allein wird schon deshalb nicht viel bringen, weil kaum jemand im Ausland uns glauben wird, wenn nicht wirklich Reformen dahinter stehen. Nein, zu den Strukturreformen in Deutschland gibt es keine Alternative.“ Interview: Carsten Schmidt 33 Juli 2003
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