heuler nr. 50 - niquan.com
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Rostock<br />
Michal Ignaczak ist Gaststudent an der Universität Rostock. In<br />
seinem Deutschkurs haben er und seine Kommilitonen unter anderem<br />
die Aufgabe, einen Aufsatz zu schreiben. Die Kursleiterin empfahl<br />
dem 24-Jährigen, doch einen Text für den <strong>heuler</strong> zu schreiben. Und<br />
hier folgt nur Michals Text über die ersten Eindrücke eines Fremden<br />
in einer Stadt, die nicht nur 2012 zu den olympischen Spielen<br />
die ganze Welt einladen möchte.<br />
Die häufigste Frage: Warum denn<br />
ausgerechnet Rostock<br />
12<br />
Schöne farbige Gebäude, die Menge<br />
der Geschäfte, die vollen Hauptstraßen,<br />
die vielen Leute, die See in<br />
der Nähe – und endlich das<br />
Universitätshauptgebäude… Das<br />
waren meine ersten Eindrücke in<br />
Rostock. So ein schönes Hauptgebäude<br />
habe ich in Lodz leider nicht,<br />
wo ich normalerweise studiere.<br />
Rostock als Stadt habe ich sehr positiv<br />
wahrgenommen. Nur am Anfang<br />
war das Gefühl der Fremdheit<br />
nicht zu vermeiden. Ja, das war im<br />
Oktober 2002, als ich nach Rostock<br />
gekommen bin. Zuerst bin ich am<br />
Hauptbahnhof gelandet. Weil ich<br />
mich sehr verspätet hatte, wartete<br />
niemand auf mich. Ich war wirklich<br />
schockiert.<br />
Ich habe dann gedacht, was ich hier<br />
in der ganz fremden Stadt mache.<br />
Das war mein ein bisschen komplizierter<br />
Anfang in Rostock. Die häufigsten<br />
Fragen, die die deutschen<br />
Studenten mir stellen, sind: Warum<br />
hast du dich für einen Studienaufenthalt<br />
an der Rostocker Universität<br />
entschieden Ich antworte immer:<br />
Das war Zufall, dass ich das Stipendium<br />
für Rostock bekommen habe.<br />
Ich hatte keinen Einfluss, wo ich in<br />
Deutschland studieren werde. Ich<br />
habe mir nur vorbehalten: Deutschland<br />
und Fachrichtung Germanistik.<br />
Die Entscheidung lag beim Koordinator<br />
von Socrates Erasmus.<br />
Jetzt bin ich sehr zufrieden, dass es<br />
so passiert ist. Rostock - ganz kleine<br />
aber wirklich sehr schöne Stadt. Ich<br />
würde sagen: Traumstadt. Und die<br />
Universität mit der Tradition, die<br />
älteste im Nordraum Europas zu<br />
sein. Das Datum der Gründung<br />
1419 zeugt von der Klasse dieser<br />
Universität. Es ist nur schade, dass<br />
man gegenwärtig an solchen Universitäten<br />
spart. Ich mache kein<br />
Geheimnis daraus, aber die Finanzprobleme<br />
der Rostocker Uni haben<br />
ein bisschen den Reiz meines Studienaufenthalts<br />
in Deutschland kaputtgemacht.<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
VON MICHAL IGNACZAK<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
Weitere Fragen sind: ist die deutsche<br />
Sprache schwierig Meine Antwort<br />
ist fast immer die gleiche: kann sein.<br />
Aber in Wirklichkeit bedeutet die<br />
Tatsache, dass ich Deutsch einmal<br />
besser, einmal schlechter spreche,<br />
dass die deutsche Sprache nicht allzu<br />
schwierig ist. Mit Sicherheit ist sie<br />
nicht so schwierig wie die polnische.<br />
Im Ernst, würde ich sagen: jede<br />
Sprache, die für uns Fremdsprache<br />
ist, macht uns Schwierigkeiten. Ich<br />
persönlich habe mich immer im<br />
Deutschen wohl gefühlt. Ich wollte<br />
immer Deutsch lernen. Vielleicht sagen<br />
mir deswegen jetzt viele deutsche<br />
Studenten, dass ich ganz gut<br />
Deutsch spreche. Und das freut<br />
mich wirklich. Davon habe ich<br />
immer geträumt.<br />
Zusätzliche Frage dazu ist noch:<br />
Warum Germanistik Also, als ich<br />
angefangen habe Deutsch zu lernen,<br />
habe ich mich in der gleichen Zeit<br />
für die deutsche Kultur, Literatur,<br />
Geschichte und Bräuche interessiert.<br />
Ich wollte viel mehr über das Volk<br />
wissen, dessen Sprache ich gelernt<br />
habe. Die Sache hat bis heute nur<br />
einen Haken- die deutschen Bücher.<br />
Es ist wirklich sehr schwer, sie zu<br />
lesen. Andere Frage ist: Wo hast du<br />
deutsch gelernt Selbstverständlich<br />
in Polen. Ich hatte vier Jahre Deutsch<br />
im Technikum (deutsche<br />
Entsprechnung: Gymnasium) und<br />
habe damit mein Abitur bestanden.<br />
Das war für mich ein großer Erfolg.<br />
Heutzutage ist es sehr wichtig, eine<br />
Fremdsprache zu kennen. Rostock<br />
war mein erstes Ziel in Deutschland<br />
und überhaupt die erste Begegnung<br />
mit den Deutschen, die leider immer<br />
sehr schnell gesprochen haben... Am<br />
Anfang war Rostock für mich ganz<br />
fremd, aber jetzt empfinde ich die<br />
Stadt als freundlich. Ich habe mich<br />
hier an alles gewöhnt. Es ist nur schade,<br />
dass mein Studienaufenthalt in<br />
Rostock fast zu Ende ist. Mit Sicherheit<br />
fällt mir das Verlassen dieser<br />
Stadt schwer.<br />
35<br />
Juli 2003