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heuler nr. 50 - niquan.com

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Gilligan´s Island für Intellektuelle<br />

Kultur<br />

Der 2002 in Norderstedt erschienene<br />

Roman „Die Sulma“ wurde von<br />

einem Rostocker und Mecklenburger<br />

Jung-Original geschrieben: Frithjof<br />

Meinke. Dazu ist er auch noch ein<br />

Kommilitone, der sich sowohl der<br />

Physik bis zum Diplom als auch der<br />

Philosophie bis zu diesem Buch gewidmet<br />

hat. Nun zu eben diesem<br />

Buch: Es begab sich eine Gruppe von<br />

Menschen, angeführt von einem Professor<br />

für Quantenphysik, auf eine<br />

ferne Insel und vorsätzlich in den<br />

Bann einer Zeitmaschine. Die Hauptpersonen<br />

sind der Physiker<br />

Gilgamesch, seine Begleiterin Violetta<br />

sowie Seneca und Gorgias. Sie alle<br />

machen sich auf, klingt komisch Ist<br />

es auch. Das philosophische Buch<br />

wartet mit mehr als nur einer unklaren<br />

Begebenheit auf und man muss<br />

nicht lange warten, bis man nicht<br />

mehr weiter weiß. Die Dialoge sind<br />

entweder postmodern kurz und verstecken<br />

ihre tiefere Bedeutung wenn<br />

dann sehr tief oder sie sind sehr lang<br />

und verlangen nach Ordnung. Der<br />

sogenannte dialektische Roman von<br />

Herrn Meinke soll, so er denn ernst<br />

gemeint ist, durch These und Antithese<br />

zu einer höheren Erkenntnis<br />

führen. Dies jedenfalls bedeutet es,<br />

wenn man sich der Platonschen Form<br />

der Sprache anlehnt. Die Kapiteleinteilung<br />

hilft dem Leser sehr, sich<br />

das wie einer aufgeblähten Kurzgeschichte<br />

daherkommende Buch<br />

einzuteilen. In Kapitel 73 erscheint die<br />

Sulma, so wird angedeutet. Was das<br />

für die Handlung bringt, und ob das<br />

Buch kann, was Sophies Welt nicht<br />

konnte, muss jeder selbst herausfinden.<br />

Viel Spaß beim philosophischen<br />

Blättern auf 460 Seiten.<br />

Carsten Schmidt<br />

Kaufen, Lesen:<br />

Never Mind Nirvana<br />

Agenda, Pisa, Sommerloch<br />

Politisches Sommergespräch: Wie steht es um Deutschland<br />

Pete Tyler ist Staatsanwalt in Seattle. Er<br />

muss gerade einen Vergewaltigungsfall<br />

bearbeiten. Das ist der Einstieg in einen<br />

der besten Texte, die ich seit langem<br />

gelesen habe. Pete bildet nur den Rahmen<br />

für eine schnell und spannend erzählte<br />

Geschichte. Der Staatsanwalt ist<br />

ehemaliger Grunge-Musiker. Obwohl<br />

mittlerweile 36 und beim Staat angestellt,<br />

will Pete nicht wirklich erwachsen<br />

sein. Er feiert ungehemmt und erobert<br />

Mädchen wie am Fließband. Glücklich<br />

ist er damit nicht, und er fasst den<br />

Entschluss zu heiraten. Wen, dass weiß<br />

er noch nicht so richtig. Der Staatsanwalt<br />

muss sich nicht nur mit dem<br />

Vergewaltigungsfall, der von einem<br />

Sänger begangen wurde, auseinandersetzen,<br />

sondern auch mit sich selbst ins<br />

Reine kommen. Der Autor macht richtig<br />

Tempo: Kurze, knappe Sätze, die<br />

nie zu einfach wirken. Aufzuhören fällt<br />

schwer. Ich habe sogar mitgeschrieben,<br />

denn mit den erwähnten Song-<br />

Zitaten, Albumtiteln oder Bands ließe<br />

sich eine formidable Plattensammlung<br />

aufbauen.. Alles in allem: Kaufen! Mark<br />

Lindquist: Never Mind Nirvana. Für<br />

11,80 Euro. Michael Fengler<br />

Elisabeth Niejahr von der Zeit,<br />

Autorin im Bereich Innenpolitik,<br />

stand dem <strong>heuler</strong> Rede und<br />

Antwort.<br />

<strong>heuler</strong>: „Frau Niejahr, am Anfang eine<br />

Frage zur nächsten Generation. Seit den<br />

letzten Tagen ist das Thema<br />

Ganztagsbetreuung zwischen Bund und<br />

Ländern wieder heiß diskutiert worden.<br />

Wie beurteilen Sie die Lage und kann<br />

das ein erster Schritt aus der sogenannten<br />

Bildungskrise sein“<br />

Niejahr: „Ein erster Schritt vielleicht,<br />

aber unendlich viel zu wenig<br />

angesichts der Bildungskrise im<br />

Land. Denn während der Bund<br />

Geld für Ganztagsbetreuung zur<br />

Verfügung stellt, kürzen ja viele<br />

Länder ihre Unterstützung für<br />

Krippen und Horte.“<br />

<strong>heuler</strong>: „Innenpolitisch ist Deutschland ja<br />

gerade dabei, Pflaster auf die Wunden der<br />

Finanz-, Sozial und Reformpolitik zu<br />

pressen. Glauben Sie an große Schritte vor<br />

der Sommerpause und wie könnten die<br />

aussehen“<br />

Niejahr: „Das Reformprogramm<br />

der Regierung Schröder enthält viel<br />

Richtiges, ist aber eines gewiss nicht:<br />

Eine Agenda für das Jahr 2010. In<br />

den Regierungsparteien wird<br />

allmählich vielen klar, dass es einer<br />

Agenda nach der Agenda bedarf –<br />

schon deshalb, weil Finanzminister<br />

Hans Eichel den gigantischen<br />

Betrag von 15 Milliarden Euro<br />

einsparen muss, um im Jahr 2004<br />

einen verfassungsgemäßen Haushalt<br />

vorzulegen.“<br />

<strong>heuler</strong>: „Was genau bringt Deutschland<br />

in Zeiten der Rezession eigentlich weiter<br />

Das Kehren vor der eigenen Tür oder<br />

Imagepflege im Ausland“<br />

Niejahr: „Imagepflege allein wird<br />

schon deshalb nicht viel bringen, weil<br />

kaum jemand im Ausland uns<br />

glauben wird, wenn nicht wirklich<br />

Reformen dahinter stehen. Nein, zu<br />

den Strukturreformen in<br />

Deutschland gibt es keine<br />

Alternative.“<br />

Interview: Carsten Schmidt<br />

33<br />

Juli 2003

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