Klinoptikum 03/2011 - LKH-Univ. Klinikum Graz
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Daher hat sich in der Kinderorthopädie im <strong>LKH</strong>-<br />
<strong>Univ</strong>. <strong>Klinikum</strong> <strong>Graz</strong> der Begriff „Tonus Asymmetrie<br />
Syndrom“ eingebürgert. Das bedeutet, dass der<br />
Muskeltonus, das heißt, die Muskelspannung im<br />
Körper unterschiedlich, also asymmetrisch ist.<br />
In ausgeprägteren Fällen entsteht durch die einseitige<br />
Kopfhaltung und das Wachstum des Babys<br />
eine asymmetrische Schädel- und Gesichtsform,<br />
ein so genannter „Schiefkopf – Plagiocephalus“.<br />
Auch eine C-förmige Veränderung des Gesichtes<br />
ist möglich.<br />
Ursachen<br />
• Die Asymmetrie entsteht schon im Mutterleib<br />
und ist gleich nach der Geburt deutlich sichtbar.<br />
• Die Asymmetrie ist vermutlich Folge einer sehr<br />
schweren Geburt mit einer Zerrung der sehr empfindlichen<br />
Hals-Nacken-Region, die das Baby<br />
eine Schonhaltung einnehmen lässt. Dadurch<br />
kann z.B. eine Blockade des 1. Halswirbels entstehen.<br />
Dieses Zustandsbild wird in der deutschen<br />
Literatur oft als „KISS-Syndrom – Kopfgelenk<br />
Induzierte Symmetrie Störung“ bezeichnet.<br />
• Oft jedoch entwickelt sich eine asymmetrische<br />
Haltung des Säuglings von den Eltern unbemerkt<br />
in den ersten zwei bis drei Lebensmonaten, ohne<br />
dass sich dafür eine eindeutige Ursache finden<br />
ließe.<br />
Erste Anzeichen –<br />
einige Anhaltspunkte<br />
• Das Baby hat verschieden große Augen.<br />
• Eine Körperhälfte erscheint etwas länger als die<br />
andere.<br />
• Auf den Fotos dreht das Baby den Kopf immer<br />
leicht zur gleichen Seite.<br />
• Das Baby scheint immer auf der gleichen Seite<br />
die interessanten Dinge zu entdecken.<br />
• Das Baby „will“ nicht auf die andere Seite schauen,<br />
auch wenn man es lockt.<br />
• Wenn es Milch erbricht, muss man immer nur auf<br />
einer Halsseite wischen.<br />
• Das Baby ist schon ca 3 Monate alt und fühlt sich<br />
ausgezogen auf fester Unterlage immer noch unsicher.<br />
MEDIZIN<br />
• Das Baby ist schon älter als 3 Monate, schaut<br />
Spielzeug an, „will“ aber nicht danach greifen<br />
oder nimmt es immer nur mit einer Hand.<br />
• Das Baby hebt den Kopf in Bauchlage nur unter<br />
Protest und schaut immer auf eine Seite.<br />
Viele Eltern interpretieren das „nicht können“ des<br />
Säuglings als „nicht wollen“.<br />
Physiotherapie<br />
Eltern lernen, die Asymmetrie ihres Babys zu erkennen,<br />
zu beobachten und unter physiotherapeutischer<br />
Anleitung auch zu Hause positiv zu beeinflussen.<br />
• Maßnahmen zur Verbesserung der Körperwahrnehmung<br />
der ungeliebten Seite, z. B. basale<br />
Stimulation.<br />
• Vorsichtiges Dehnen und Massieren der Halsund<br />
Nackenregion zur Schmerzreduktion und<br />
Förderung der Beweglichkeit zur schlechten<br />
Seite<br />
• Vermeidung einer Belastung der Hals- und<br />
Nacken region durch zu frühes Aufrichten in<br />
Babywippen oder Bauchtrage<br />
• Durch gezielte Lagerung, Handling, verschiedene<br />
Tragevarianten können im Alltag einseitige<br />
Gewohnheiten des Babys positiv beeinflusst werden.<br />
• Förderung einer symmetrischen Bewegungsentwicklung<br />
durch gezieltes Spielen auch zu Hause<br />
• CranioSacrale Therapie und Osteopathie während<br />
der Therapieeinheiten<br />
• Intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit mit<br />
den Kinderorthopäden<br />
• Intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit mit<br />
der Pflege in Bezug auf Lagerung und Handling<br />
von der ungeliebten Seite bei stationär betreuten<br />
Säuglingen in der Kinderchirurgie.<br />
(Quellenangaben bei der Autorin)<br />
Autorin:<br />
Eva Neuwirth<br />
Physiotherapeutin<br />
<strong>Univ</strong>.-Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie<br />
Klin. Abt. für Kinder- und Jugendorthopädie<br />
Tel.: 385 / 13681<br />
E-Mail: eva.neuwirth@klinikum-graz.at<br />
Ausgabe 3/<strong>2011</strong><br />
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