Klinoptikum 03/2011 - LKH-Univ. Klinikum Graz
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standen wäre. Beispielsweise weil der Angehörige<br />
im Verdacht steht, den Patienten verletzt, missbraucht,<br />
misshandelt etc. zu haben, die getrennt<br />
lebende Ehefrau sich ausschließlich um ihren Unterhalt<br />
sorgt etc.<br />
Klar ist, dass es weder möglich noch zumutbar ist,<br />
die tatsächliche Nahebeziehung in welcher Form<br />
auch immer nachzuprüfen. Es gilt daher der allgemein<br />
gültige Vertrauensgrundsatz – wie auch im<br />
Straßenverkehr.<br />
Im Übrigen können Angehörige helfen, die Frage<br />
nach dem mutmaßlichen Einverständnis im Sinn<br />
des Patienten zu klären, wenn es um die Informationsweitergabe<br />
an andere Personen geht.<br />
Kennwort mit Angehörigen?<br />
Mitunter wird bei nicht ansprechbaren Patienten<br />
ein Kennwort mit einem nahen Angehörigen vereinbart.<br />
Dabei wird jedoch außer Acht gelassen,<br />
dass auch der Ehepartner kein Recht hat, gegen<br />
den (mutmaßlichen) Wunsch des Patienten zu<br />
entscheiden. Dies sei an einem Beispiel veranschaulicht:<br />
Die Ehefrau aus zweiter Ehe versteht<br />
sich mit dem Kind des Patienten aus erster Ehe<br />
nicht. Sie war bei Einlieferung des bewusstlosen<br />
Patienten anwesend, mit ihr wurde ein Kennwort<br />
vereinbart. Durch Zufall erfährt das Kind von der<br />
Einlieferung seines Vaters und erkundigt sich nach<br />
seinem Zustand.<br />
Insbesondere bei zerrütteten, undurchsichtigen<br />
Familienverhältnissen kann es sein, dass die Informationsweitergabe<br />
innerhalb der Familie nicht<br />
funktioniert. Wichtig ist, dass es nicht auf das<br />
Einverständnis eines Angehörigen ankommt, ob<br />
jemand Auskunft erhält. Vielmehr kommt es auf<br />
die vermutliche Nahebeziehung des Patienten und<br />
seine – mutmaßliche – Einwilligung an, die anfragende<br />
Person über seinen Zustand zu informieren.<br />
Mit anderen Personen als dem Patienten selbst ist<br />
ein Kennwort daher ausschließlich zur Identifikation<br />
(z.B. für telefonische Nachfragen) zu vereinbaren.<br />
Auskunft an Fremde<br />
Prinzipiell darf bei Anfragen von anderen Personen<br />
als Familienangehörigen unter Hinweis auf die<br />
Schweigepflicht keine Auskunft erfolgen.<br />
RECHT aktuell<br />
Auch hier tauchen aber in der Praxis Fälle auf, in<br />
denen – wiederum vom Willen des Patienten ausgehend<br />
– eine Auskunft zulässig sein kann: der<br />
betagte Patient wurde vor drei Tagen eingeliefert,<br />
er ist nicht ansprechbar, kein Angehöriger meldet<br />
sich, offensichtlich hat er keine Familie. Am<br />
vierten Tag erscheint der Nachbar und versichert<br />
glaubhaft, der einzige Freund zu sein. Würde der<br />
Patient nicht wollen, dass sein Freund über seinen<br />
Zustand Bescheid weiß?<br />
VERANSTALTUNGSHINWEIS<br />
Die nächsten Veranstaltungen des Bereiches<br />
Recht und Beschwerden:<br />
„Recht einfach“ 20.09.<strong>2011</strong><br />
„Ich bin der eingetragenen Partner, daher<br />
habe ich das Recht ...“ 29.09.<strong>2011</strong><br />
„Die Eigenverantwortung im mitverantwortlichen<br />
Tätigkeitsbereich bei interdisziplinärer<br />
Zusammenarbeit“ 6.10.<strong>2011</strong><br />
Informationen und Anmeldungen bitte<br />
über den Bildungskalender!<br />
Neues aus dem Bereich Recht und Beschwerden<br />
im Intranet:<br />
• Aufklärung über Kaiserschnitt nur bei Indikation;<br />
Beweislast bei Verdacht auf Kunstfehler, OGH<br />
Entscheidung März <strong>2011</strong><br />
• Aufklärungspflicht über Folgen des Scheiterns<br />
einer OP und Größenordnung des Risikos, OGH<br />
Entscheidung Februar <strong>2011</strong><br />
• FORMULAR – Ideenvorschlag zum Bürokratieabbau<br />
Autorin und Kontakt:<br />
Mag. Andrea Kohlwein<br />
Bereich Recht und Beschwerden<br />
Tel.: 385 / 16022<br />
E-Mail: andrea.kohlwein@klinikum-graz.at<br />
Ausgabe 3/<strong>2011</strong><br />
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