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FINE Das Weinmagazin - 02/2013

FINE Das Weinmagazin ist in der Welt der großen Weine zu Hause. Hauptthema dieser Ausgabe: WEINGUT ROBERT WEIL

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an kann sich Marchese Leonardo Frescobaldi auch gut in einer anderen Zeit<br />

1M! vor stellen. Nicht, weil der Chef des toskanischen Weinhauses Marchesi de’<br />

Frescobaldi mit bald zweiundsiebzig Jahren irgendwie unmodern oder gar angestaubt wirkte.<br />

In tadellos aufrechter Haltung, unauffällig in land-elegantes Tuch gekleidet, steuert der<br />

Edelmann seinen Mercedes- Kombi flott, zentimetergenau durch die enge Ausfahrt seines<br />

Florentiner Stadt-Palazzos in der Via Santo Spirito Nummer 11, direkt neben der Kirche<br />

zum Heiligen Geist. Zuvor musste er schnell oben im dritten Stock einige Anweisungen<br />

geben. In den Büros schwirrte und summte es wie in einem Bienenstock. <strong>Das</strong> Wein-Reich<br />

will ordentlich verwaltet sein. <strong>Das</strong> angesehene Mailänder Geldhaus Mediobanca setzt<br />

Frescobaldi mit einem 2011 überwiegend im Premium-Sektor erwirtschafteten Umsatz<br />

von 86 Millionen Euro auf die zwölfte Stelle in der Rangliste der italienischen Aziende<br />

vinicole – mit so be rühmten Weinen wie Mormoreto, Castelgiocondo oder Giramonte.<br />

Manche schreiben den Frescobaldi gar sagenhaften<br />

Einfluss unter den großen Familien<br />

der Welt zu, und unermesslichen Reichtum.<br />

Richtig ist, dass es Beziehungen der vielköpfigen<br />

Familie aus der Toskana zum englischen Königshaus<br />

gibt. Es stimmt auch, dass die Königin der<br />

Niederlande Beatrix zu Besuch in der Toskana war<br />

und sicher zu den Frescobaldi wieder kommen wird.<br />

Aber der Marchese ist diskret und macht von all<br />

dem kein Aufhebens. Vielleicht auch, weil die heutigen<br />

Royals von Rotwein nicht so begeistert sind<br />

wie etwa Heinrich VIII., dem im Reformationsjahr<br />

1517 vom Florentiner Haus eine ordentliche<br />

Ladung Rotwein nach London geliefert wurde.<br />

Nachzulesen in den Dokumenten des vom italienischen<br />

Ministerium für Kulturgüter im Internet<br />

zur Verfügung gestellten Archivio familiare. In<br />

dieser Sphäre also sind wir. Der Geschmack von<br />

Geschichte ist da.<br />

Leonardo Frescobaldis markantes Gesicht mit<br />

der ausgeprägten Nase, dem freundlichen Mund<br />

und den prüfenden Augen scheint vertraut, weil<br />

man es schon auf vielen Bildern gesehen zu haben<br />

glaubt: in Darstellungen erdverbundener Landedelleute<br />

auf den Tafeln des Mittelalters etwa oder<br />

auf den wunderschönen Fresken und Gemälden<br />

der Renaissance, die überall in den Palazzi und<br />

Kirchen von Florenz gegenwärtig sind. Die erste<br />

Frage, die amerikanische oder australische Journalisten<br />

dem Presidente Frescobaldi gewöhnlich<br />

stellen, ist, wie es sich denn anfühle, in der neunundzwanzigsten<br />

Generation – »oh my God« – die<br />

Familie zu leiten.<br />

Wir haben die schmalen Florentiner Gassen<br />

nach Osten hin verlassen und uns zum<br />

hundertsten Mal darüber gewundert, wie es die<br />

Italiener geschafft haben, um ihre wunderbaren,<br />

durch keinen Krieg zerstörten historischen Innenstädte<br />

so hässliche Vororte zu legen, als Leonardo<br />

Frescobaldi anfängt, von der Arbeit zu erzählen.<br />

F I N E<br />

T o s k a n a<br />

31

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