Faust in der Tasche - Ortho-Bio-Med Centro di cura Specialistico
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2/2011<br />
Praxis / Serie<br />
7 Gänsef<strong>in</strong>gerkraut<br />
In <strong>der</strong> Wirksamkeit an dritter Stelle, nach <strong>der</strong> Blutwurz und Uzara-Wurzel,<br />
steht das Gänsef<strong>in</strong>gerkraut. Das „Heilkraut“ gehört<br />
<strong>der</strong> gleichen Pflanzengattung an wie <strong>di</strong>e Blutwurz, besitzt aber<br />
größere gelbe Blüten mit fünf Kronblättern, und <strong>di</strong>e gefie<strong>der</strong>ten<br />
Blätter s<strong>in</strong>d, im Unterschied zu den Blutwurz-Blättern, auf<br />
<strong>der</strong> Blattunterseite silbrig-weiß behaart. Die Pflanze, Potentilla<br />
anser<strong>in</strong>a L., wächst fast überall im Allgäu, blüht von Mai bis Ende<br />
August und liebt ganz beson<strong>der</strong>s feuchten, stickstoffreichen,<br />
lehmig-tonigen Boden, kommt aber auch auf ste<strong>in</strong>igem Untergrund<br />
vor. Der Gerbstoffgehalt, (überwiegend handelt es sich<br />
um Ellagitann<strong>in</strong>e), ist mit 5–10 % zwar deutlich niedriger als <strong>der</strong><br />
des Blutwurz-Wurzelstockes, es genügt aber, dass <strong>di</strong>e pharmakologischen<br />
Effekte <strong>der</strong> Gerbstoffe zum Tragen kommen.<br />
Die 24 Sachverstän<strong>di</strong>gen beim Bundes<strong>in</strong>stitut für Arzneimittel<br />
haben sich nicht nur mit den jüngeren experimentellen<br />
und kl<strong>in</strong>ischen Stu<strong>di</strong>en, son<strong>der</strong>n ganz beson<strong>der</strong>s mit <strong>der</strong> tra<strong>di</strong>tionellen<br />
volksme<strong>di</strong>z<strong>in</strong>ischen Anwendungen des Gänsef<strong>in</strong>gerkrautes<br />
sehr sorgfältig beschäftigt. Die Kommission, <strong>der</strong> auch<br />
zwei Heilpraktiker angehören, attestiert den Gänsef<strong>in</strong>gerkraut-<br />
Zubereitungen <strong>in</strong> Form von Teeaufgüssen und -abkochungen<br />
sowie als Frischpflanzenpresssaft zusammenziehende (adstr<strong>in</strong>gierende),<br />
entzündungshemmende und entkrampfende<br />
(spasmolytische) Effekte. Beson<strong>der</strong>s <strong>di</strong>e am isolierten Uterus des<br />
Meerschwe<strong>in</strong>chens nachgewiesene krampflösende Wirkung<br />
rechtfertigt <strong>di</strong>e im Allgäu übliche Bezeichnung „Krampfkraut“.<br />
Aus den pharmakologischen Effekten ergeben sich folgende<br />
Anwendungsgebiete für das Gänsef<strong>in</strong>gerkraut:<br />
1. als Anti<strong>di</strong>arrhoikum bei akuten, unspezifischen Durchfallerkrankungen,<br />
beson<strong>der</strong>s geeignet bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
2. zur L<strong>in</strong><strong>der</strong>ung schmerzhafter Beschwerden während <strong>der</strong><br />
Menstruation<br />
3. zur L<strong>in</strong><strong>der</strong>ung bzw. Beseitigung leichter Entzündungen <strong>der</strong><br />
Mund- und Rachenschleimhaut<br />
Die Verwendung von Gänsef<strong>in</strong>gerkraut, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e als Milchabkochung,<br />
bei Verdacht e<strong>in</strong>er Blutvergiftung ist unverantwortlich<br />
(siehe dazu Infokasten). Bei <strong>der</strong> Verunre<strong>in</strong>igung von<br />
Bei Durchfällen, <strong>di</strong>e länger als 4 Tage dauern, o<strong>der</strong> wenn sich<br />
Blut im Stuhl bef<strong>in</strong>det, ist unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> Arzt zu konsultieren.<br />
Auf Reisen <strong>in</strong> Län<strong>der</strong>n, <strong>in</strong> denen durch Lebensmittel verursachte<br />
Darm<strong>in</strong>fektionen häufiger vorkommen, sollte man im<br />
Reisegepäck z.B. neben Loperamid, auch e<strong>in</strong> Gläschen mit<br />
etwa 100 g pulverisiertem Tormentillwurzelstock (Tormentillae<br />
rhizoma pulvis = Blutwurz-Pulver) aus <strong>der</strong> Apotheke o<strong>der</strong><br />
aus <strong>der</strong> eigenen Sammlung mit sich führen.<br />
Bei Verdacht e<strong>in</strong>er Blutvergiftung ist aufgrund <strong>der</strong> hohen<br />
Todesrate von über 50 % bei zu spät begonnener Antibiotika-Therapie,<br />
von e<strong>in</strong>er Verzögerung ärztlicher Maßnahmen,<br />
etwa durch <strong>di</strong>e E<strong>in</strong>nahme von Gänsef<strong>in</strong>gerkraut,<br />
gekocht <strong>in</strong> Milch, dr<strong>in</strong>gend zu warnen!<br />
zaenmagaz<strong>in</strong><br />
Wunden mit Erde von Gärten und Fel<strong>der</strong>n müssen Personen,<br />
<strong>der</strong>en Tetanusimpfung nicht während <strong>der</strong> letzten 10 Jahre aufgefrischt<br />
wurde, damit rechnen, dass <strong>di</strong>e Tox<strong>in</strong>e von Clostri<strong>di</strong>um<br />
tetani und e<strong>in</strong>e Reihe weiterer pathogener Keime zu e<strong>in</strong>er Blutvergiftung<br />
(Sepsis) führen können. Es ist sicherlich nicht falsch,<br />
<strong>di</strong>e Wunden mit e<strong>in</strong>er 20%igen Abkochung von Gänsef<strong>in</strong>gerkraut<br />
zu re<strong>in</strong>igen, weil durch <strong>di</strong>e Gerbstoffwirkung möglicherweise<br />
<strong>di</strong>e Infektionsverursacher nicht <strong>in</strong> den Körper e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen<br />
können.<br />
S<strong>in</strong>d <strong>di</strong>e Erreger <strong>der</strong> Blutvergiftung aber <strong>in</strong> den Blutkreislauf<br />
e<strong>in</strong>gedrungen, darf mit e<strong>in</strong>er wirkungsvollen Antibiotika-<br />
Behandlung unter ke<strong>in</strong>en Umständen gewartet werden (siehe<br />
Infokasten). Ke<strong>in</strong>e plausible Begründung gibt es für <strong>di</strong>e Empfehlung,<br />
frisches, <strong>in</strong> Milch gekochtes Gänsef<strong>in</strong>gerkraut zu tr<strong>in</strong>ken<br />
o<strong>der</strong> für Umschläge zu verwenden. Die e<strong>in</strong>zigen pharmakologisch<br />
bedeutsamen Inhaltsstoffe, <strong>di</strong>e Gerbstoffe, werden durch<br />
<strong>di</strong>e Milchprote<strong>in</strong>e gebunden und damit <strong>in</strong>aktiviert(!). Die<br />
B<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Gerbstoffe an <strong>di</strong>e Milchprote<strong>in</strong>e ist uns durch <strong>di</strong>e<br />
Zu gabe von Milch zu starkem schwarzem Tee, wie <strong>in</strong> England<br />
üblich, bekannt.<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. He<strong>in</strong>z Schilcher<br />
E<strong>in</strong>e Blutvergiftung (Sepsis) , zu erkennen an hohem Fieber,<br />
Schüttelfrost, Verwirrtheit, häufig grau-blasser Hautfarbe, rotem<br />
Streifen von <strong>der</strong> Wunde aus, erfor<strong>der</strong>t sofort das Anlegen<br />
e<strong>in</strong>er Blutkultur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik o<strong>der</strong> ärztlichen Praxis, um dem<br />
verursachenden Keim schnell und gezielt entgegen wirken<br />
zu können.<br />
E<strong>in</strong>e Verzögerung <strong>der</strong> antibiotischen Therapiemaßnahme<br />
kann tödlich se<strong>in</strong>!<br />
Bei dem Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es roten Streifens muss es sich<br />
allerd<strong>in</strong>gs nicht zw<strong>in</strong>gend um e<strong>in</strong>e bereits e<strong>in</strong>getretene akute<br />
Blutvergiftung handeln, son<strong>der</strong>n es kann auch e<strong>in</strong>e Entzündung<br />
<strong>der</strong> Lymphbahnen vorliegen. Nach Abkl<strong>in</strong>gen <strong>di</strong>eser<br />
Entzündung und wenn sich <strong>di</strong>e <strong>in</strong>fektiösen Keime nicht<br />
weiter verbreitet haben, verschw<strong>in</strong>det <strong>der</strong> rote Streifen auch<br />
ohne <strong>di</strong>e E<strong>in</strong>nahme von Gänsef<strong>in</strong>gerkrautzubereitungen.<br />
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