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MOTORRAD Classic 7/2014

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SZENE I<br />

Ducati-Eigenbau<br />

weil sich neue Gedanken spontan an Ort<br />

und Stelle umsetzen lassen.<br />

Kein Teil blieb unangetastet<br />

So gesehen, ist Lothars neueste Schöpfung<br />

tatsächlich ein Traum-Motorrad. Ein klassischer<br />

Renner, unglaublich schön gemacht,<br />

unter Verwendung all seiner gesammelten<br />

Erfahrungen. Mit 860 Kubikzentimetern,<br />

86 PS und einem Trockengewicht<br />

von gerade mal 157 Kilogramm,<br />

inklusive Öl! An diesem Motorrad gibt es<br />

nicht ein Teil, an das er nicht selbst Hand<br />

angelegt hat. Neben der Hubraumerweiterung<br />

hat er dem V2 mit klassischem<br />

Tuning – Kanäle bearbeiten, Verdichtung<br />

auf 10:1 erhöhen, größere Ventile – das<br />

Atmen erleichtert. Fragt man ihn zum Beispiel<br />

über die Formgebung der Quetschkante<br />

zwischen Kolben und Zylinderkopf,<br />

so kann er darüber mindestens 20 Minuten<br />

referieren, enthusiastisch gestikulierend<br />

und erklärend, unter Zuhilfenahme<br />

von Kolben früherer Fehlversuche, die<br />

natürlich in der Küche lagern.<br />

Die NCR-Kurbelwelle wurde ebenso<br />

wie die SS-Pleuel erleichtert und poliert.<br />

Mit seiner langjährigen Erfahrung überarbeitete<br />

und erleichterte er weitere Motorund<br />

Getriebeteile, baute auf einen gerade<br />

verzahnten Primärtrieb um und versah<br />

die Trockenkupplung mit einem ganz speziellen<br />

Deckel, den der Metall-Virtuose<br />

aus einer Bratpfanne angefertigt hat!<br />

Auch das NCR-Fahrgestell musste<br />

einige Änderungen über sich ergehen<br />

lassen. Ein auf 1440 Millimeter verkürzter<br />

Radstand verbessert im Verbund mit<br />

einem steileren Lenkkopfwinkel (63 Grad,<br />

Nachlauf 110 Millimeter) das Handling.<br />

Weiterhin hat Lothar den Motor hinten<br />

um rund 30 Millimeter höher im Rahmen<br />

positioniert. Klar, dass hierfür Rahmenrohre<br />

abgesägt, ausgefräst und anschließend<br />

verstärkt werden mussten. An<br />

einem Beispiel erkennt man den Perfektionsdrang<br />

des Erbauers besonders gut:<br />

Um trotz des knappen Abstands zwischen<br />

Rahmen und Motor an eine Schraube des<br />

Königswellendeckels zu gelangen, versah<br />

der gewiefte Oberschwabe das entsprechende<br />

Rahmenrohr zunächst mit einer<br />

Bohrung, in die er dann eine stabilitätsfördernde<br />

Buchse eingelötet hat.<br />

Ähnlich gekonnt und eigenwillig auch<br />

die Konstruktion der Telegabel, die aus<br />

Teilen diverser anderer Forken und neu<br />

gefertigter Teile durch Aufschrumpfen,<br />

Überdrehen und einer modifizierten<br />

Dämpfer-Mimik nun dem Vorbild, einer<br />

Ceriani-Grand Prix-Gabel, entspricht. Jene<br />

hat es nämlich nie mit diesen dicken<br />

38er-Standrohren gegeben. Nicht unangetastet<br />

blieben natürlich auch die Trommelbremsen.<br />

Insbesondere die vordere<br />

Doppel-Duplexbremse von Grimeca, die<br />

jetzt schmaler baut, wurde mit einer größeren<br />

Lufthutze, überfräßter Nabe und<br />

neuem Gestänge überarbeitet.<br />

Typisch für den Ästheten sind auch<br />

die im Bereich der hinteren Rahmenrohre<br />

mit feinem Bogen nach innen verlegten<br />

Krümmer der stilistisch an die Imola-Renner<br />

angelehnten Auspuffanlage. Klar, dass<br />

der Metall-Künstler auch alle Schrauben,<br />

Halter, Momentabstützungen und die<br />

Fußrasten sowie den Seitenständer selbst<br />

angefertigt hat. Selbiges gilt weiterhin für<br />

sämtliche GFK-Teile einschließlich des<br />

Indo-Langstreckentanks von NCR, die er<br />

sehr dünnwandig laminiert hat.<br />

Genial einfach zudem die Halter für<br />

die Verkleidungsteile, die mittels Nuten<br />

und Federsplinten einrasten und bombenfest<br />

sitzen, obwohl sie nur aufgesteckt<br />

werden. Drei Minuten reichen, dann ist<br />

das Motorrad komplett gestrippt!<br />

Perfekte Funktionalität, gepaart mit<br />

harmonischen Formen – das trifft den<br />

„Kern“ von Lothars Leidenschaft. ◻<br />

So einen Ducati-Renner hat es nie gegeben.<br />

Deshalb hat ihn Lothar eben selbst gebaut<br />

Schlank und schnell: Die 86 PS des<br />

860er-V2 haben mit den 157 Kilogramm,<br />

inklusive Öl, leichtes Spiel.<br />

Schwarzer Höcker als Reminiszenz<br />

an die einstigen Ledersitze<br />

96 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 7/<strong>2014</strong>

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