Lebe Moten un Frünnen - Quickborn. Vereinigung für ...
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SCHÜPPEN – Die beiden Idyllen von Sophie Dethleffs<br />
Der Vers deutet längere Verse an, die wie die Hexameter von Voss zweigeteilt<br />
sind, einen Gegensatz enthalten. Der Hexameter, den in der Nachfolge<br />
Homers Voss <strong>un</strong>d Goethe benutzen, klingt von fern an. Der <strong>un</strong>vollendete<br />
große Vers erinnert an gewaltige Kämpfe der Urzeiten <strong>un</strong>d Gegensätze<br />
in der Neuzeit, aber die Dichterin folgt dem Anruf aus der grauen<br />
Vorzeit nicht: Die Biedermeierzeit hat noch die napoleonischen Kriege nah<br />
genug, um kultivierte friedliche Zivilisation <strong>für</strong> einen großen Vorzug zu<br />
halten. Der Großvater, über dem Ganzen thronend, reagiert allerdings wie<br />
vom Erzähler geplant <strong>un</strong>d erwartet; denn weder der alte Patriarch noch<br />
die soliden einfachen Leute, die um ihn sitzen, werden von der Verfasserin<br />
verklärt. Ihre Möglichkeiten zur Wahl sind gering. Dominierend bleiben<br />
ohnehin (noch) die Männer, vor dem Großvater sind die beiden aktiven<br />
Handwerker Stichwortgeber, der Schneider <strong>un</strong>d der Schmied, so dass<br />
die Autorin nicht den Eindruck erweckt, als ob sie vergangene oder vergehende<br />
Zustände einfach verherrlichen wolle, die sie als biedermeierlich<br />
beschreibt. Sie hat Sinn <strong>für</strong> eine neue Welt, in der in schwierigen Zusammenhängen<br />
sachbezogen entschieden wird. Das galt schon <strong>für</strong> ihre Betracht<strong>un</strong>g<br />
der Eisenbahn. Die biedermeierliche Spätromantik ist an ihrem<br />
Ende. Ihren Großvater lässt Sophie Dethleffs z<strong>un</strong>ächst also einmal ziemlich<br />
töricht reagieren. Er macht ein ernsthaftes Gesicht <strong>un</strong>d lässt verlauten:<br />
”Kinners, dat ward wol´n Vörwarben sin. / O dat bedüdt <strong>un</strong>s en dulle<br />
Tied.” (V.175/76) Drohendes ist z<strong>un</strong>ächst einmal verkleinert. Der alte<br />
Prophet ist auf seine realen Dimensionen zurückgeführt.<br />
Die Verse haben jetzt teilweise drei, teilweise fünf Beton<strong>un</strong>gen: Die kurzen<br />
Verse scheinen den Boden <strong>un</strong>ter den Füßen zu verlieren, fünffüßige<br />
Verse, die <strong>un</strong>betont beginnen, nähern sich den berühmten fünffüßigen<br />
Jamben des deutschen Dramas auf dem Theater der Klassiker seit Lessings<br />
”Nathan der Weise” <strong>un</strong>d Schillers Tragödien. Die Dichterin arbeitet<br />
intuitiv, instinktiv, aber Sinn <strong>un</strong>d Gehalt werden ihr Ausdruck <strong>un</strong>d Form,<br />
<strong>un</strong>d zwar ohne dass ihr ein Schematismus aus Erlerntem zu Hilfe käme.<br />
Dazu wäre manches zu sagen <strong>un</strong>d zu forschen.<br />
Gefragt jedenfalls wird der Schmied, der feststellt, dass man seine j<strong>un</strong>g<strong>un</strong>d<br />
hochdeutsch artikulierte Mein<strong>un</strong>g – ”Vorwärts doch!” – kenne. Es<br />
soll endlich nach Norden gehen. Preußische <strong>un</strong>d schwedische Friedenstruppen<br />
scheinen abzuziehen. Auf Gott kann man dagegen vertrauen,<br />
<strong>un</strong>d man wird auch allein stark genug sein, muß in jedem Fall die eigene<br />
Sache selbst <strong>un</strong>d allein vertreten. ”Wenn man in Flensborg de Wirtschaft<br />
so süht!” bezieht sich keineswegs auf des Schneiders Erzähl<strong>un</strong>g, sondern<br />
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