Lebe Moten un Frünnen - Quickborn. Vereinigung für ...
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SCHÜPPEN – Die beiden Idyllen von Sophie Dethleffs<br />
gott sin Welt is schön; / Hier kreeg man blot Elend op eer to sehn;...”<br />
(V.389f.) Erzähler ist noch der Schmied, der – fortgerissen von den Fakten<br />
– auf Zeichen der Fre<strong>un</strong>dinnen der Betroffenen nicht achtet. Das j<strong>un</strong>ge<br />
Mädchen weint bei der rücksichtslosen Darstell<strong>un</strong>g der Vorgänge. Er hat<br />
sich nichts gedacht bei solcher bloß sachlichen Schilder<strong>un</strong>g! Ihm bleibt<br />
am Ende deshalb auch nur das Amen nach dem schnellen allgemeinen<br />
Aufbruch, der wie Flucht vor den erkannten Wahrheiten aussieht, wenn<br />
auch erst nach dem Ne<strong>un</strong>-Uhr-Läuten <strong>un</strong>d im Rahmen der üblichen Ordn<strong>un</strong>g.<br />
Es ist nichts mehr zu sagen, <strong>un</strong>d der ”Großvater” entlässt alle mit<br />
einer Ermahn<strong>un</strong>g, die nichts präjudiziert, aber Möglichkeiten erhalten<br />
will:<br />
Un Grotvader trock sik de Mütz von´n Kopp,<br />
Un andächtig fol he de Hann darop:<br />
”He, de da baben de Welt regeert,<br />
Glövt mi dat Kinners, makt nicks verkehrt.<br />
He höllt de Welt in sin starke Hand,<br />
He schickt den Freeden för´t arme Land.<br />
Lat <strong>un</strong>s na Em man voll Globen schu´n,<br />
Op usen Herrgott in´n Himmel bu´n ! (S. 42f., V.438-445)<br />
Der Schluss lenkt in eine höhere Ordn<strong>un</strong>g zurück, im Rahmen der Spinnstube<br />
zum Glauben an eine göttliche Ordn<strong>un</strong>g der Welt, ein <strong>für</strong> die Menschen<br />
stets bedrohtes Idyll. Heute kann der zugehörige Friede im mitteldeutschen<br />
R<strong>un</strong>df<strong>un</strong>k menschlich ”in aller Fre<strong>un</strong>dschaft” geregelt werden,<br />
nachdem die Leipziger Universitätsklinik die Tumore entfernt hat.<br />
Entstanden ist bei Sophie Dethleffs in einer realistisch-kritischen Situation<br />
ein einmaliges Idyll, das die wirklichen Probleme der damaligen Gegenwart<br />
– in diese bildlich-poetische Form gefasst freilich auch auf Späteres<br />
übertragbar – in allem <strong>un</strong>widerruflichen Ernst nennt. Eine Lös<strong>un</strong>g<br />
gibt die Autorin nicht trotz ihrer Nähe zur kämpfenden Partei der Herzogtümer.<br />
Die Erbarm<strong>un</strong>gs- <strong>un</strong>d Ausweglosigkeit dessen, was geschieht,<br />
ist in <strong>un</strong>gewöhnlicher Weise <strong>un</strong>erbittlich dargestellt. Der religiöse Gegenhalt<br />
beruht mit seiner Ernsthaftigkeit auf dem vorhergehenden Naturalismus,<br />
überwindet ihn aber nicht restlos. Es klingt insofern falsch, dass<br />
Entstandene ein ”Idyll” zu nennen, so sehr die Möglichkeit des Weiterlebens<br />
Thema ist mit Wünschen <strong>un</strong>d Möglichkeiten <strong>un</strong>d so sehr der ”Winterabend”<br />
als eine schreckliche Phase im Bild einer häuslichen Zusammenk<strong>un</strong>ft<br />
in sich abger<strong>un</strong>det <strong>un</strong>d – wie es scheint – überwindbar bleibt.<br />
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