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Kanzlei- Informations- und Abrechnungssystem - brak-mitteilungen.de

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BRAK-Mitt. 6/2006 Pflichten <strong>und</strong> Haftung <strong>de</strong>s Anwalts 271Rechtsprechungsleitsätzeb) Das einer Anwaltssozietät erteilte Mandat erstreckt sich imZweifel auch auf später (scheinbar) eintreten<strong>de</strong> Sozietätsmitglie<strong>de</strong>r.OLG Saarbrücken, Urt. v. 22.12.2005 – 8 U 92/05-88, NJW-RR2006, 707, schon besprochen in BRAK-Mitt. 2006, 114Besprechung:Das OLG Saarbrücken hatte über die Berufungen in zwei Fällenzu entschei<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nen vergleichbare Sachverhaltezugr<strong>und</strong>e lagen. Betroffen war offenbar jeweils dieselbeAnwaltssozietät. In bei<strong>de</strong>n Fällen hatte die <strong>Kanzlei</strong> aus VerkehrsunfallmandatenAbfindungszahlungen seitens <strong>de</strong>r gegnerischenHaftpflichtversicherungen erhalten, aber nicht in vollemUmfang an die Mandanten ausgekehrt. Die Auszahlungsansprüchewur<strong>de</strong>n gegenüber <strong>de</strong>r Anwaltssozietät, <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>nschon seit Mandatsbeginn in <strong>de</strong>r <strong>Kanzlei</strong> tätigen Sozien sowieeiner weiteren – angestellten – Rechtsanwältin geltendgemacht, <strong>de</strong>ren Name im Verlauf <strong>de</strong>r Mandate auch auf <strong>de</strong>mBriefkopf erschien. Erstinstanzlich wur<strong>de</strong>n alle Beklagten verurteilt.Nur die angestellte Anwältin legte hiergegen Berufungein. Das OLG Saarbrücken hatte nun Gelegenheit, sich mit <strong>de</strong>rHaftung neu eintreten<strong>de</strong>r Gesellschafter, insbeson<strong>de</strong>re auchunter Rechtsscheinsgesichtspunkten, auseinan<strong>de</strong>rzusetzen.Dass die Berufungsverfahren zu unterschiedlichen Ergebnissenführten, zeigt schon, dass es auf die Feinheiten ankam.Zunächst stellt sich die Frage, inwieweit die angestellte Anwältin,die ja nicht Gesellschafterin <strong>de</strong>r BGB-Gesellschaft war,überhaupt in die Haftung kommen konnte. Die Anwältin warwährend <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n Mandate ohne weiteren Zusatz auf <strong>de</strong>n<strong>Kanzlei</strong>briefkopf als Rechtsanwältin aufgenommen wor<strong>de</strong>n.Damit wird nach einhelliger Auffassung <strong>de</strong>r Rechtsschein einerSozietät erweckt. Interessant ist in diesem Zusammenhang dieFormulierung <strong>de</strong>s OLG Saarbrücken, die vermuten lässt, dasses einen (hier nicht vorhan<strong>de</strong>nen) Hinweis auf das Anstellungsverhältnisgrds. für geeignet hält, <strong>de</strong>n Rechtsschein zu zerstören.Das OLG macht weiter <strong>de</strong>utlich – <strong>und</strong> dies wird bei <strong>de</strong>rAnnahme einer Rechtsscheinhaftung oft übersehen –, dass dasBestehen einer „Außensozietät“ allein nicht ausreicht: Es gehtnicht um <strong>de</strong>n „abstrakten“ Rechtsschein (so die Ansicht <strong>de</strong>serstinstanzlichen LG Saarbrücken), son<strong>de</strong>rn es kommt auf <strong>de</strong>nKenntnisstand <strong>de</strong>s konkreten Mandanten an. Es war also zuprüfen, wann <strong>de</strong>m jeweiligen Mandanten die vermeintlicheSozienstellung bekannt wur<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>r Sache 8 U 92/05 hatte<strong>de</strong>r Mandant bereits vor Eingang <strong>de</strong>r streitgegenständlichenVersicherungsleistung auf <strong>de</strong>m <strong>Kanzlei</strong>konto einen Briefbogen,auf <strong>de</strong>m die Anwältin aufgeführt war, erhalten, im an<strong>de</strong>ren Fallerst später.Es stellt sich hier die weitere Frage, welcher Zeitpunkt für dieZusammensetzung <strong>de</strong>r Sozietät maßgeblich ist. Das OLG Saarbrückenstellt – im Einklang mit <strong>de</strong>r bisherigen Rechtsprechungwohl auch <strong>de</strong>s BGH (z.B. NJW 1982, 1866) – auf <strong>de</strong>n Verstoßzeitpunktab. Erst durch Nichtauszahlung <strong>de</strong>r Versicherungsleistungist die Verbindlichkeit entstan<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Sache 8 U92/05 war die Beklagte <strong>de</strong>m Mandanten bereits vor <strong>de</strong>m Verstoßzeitpunktals (Schein-)Sozia bekannt. Das OLG bejahtefolglich die Rechtsscheinhaftung <strong>und</strong> wies die Berufungzurück.Im an<strong>de</strong>ren Fall – 8 U 91/05 – war die Bekl. erst nach <strong>de</strong>m Verstoßzeitpunktals (Schein-)Sozia aufgetreten. Das OLG diskutiertan dieser Stelle, ob die Neusozia nachträglich noch in <strong>de</strong>nMandatsvertrag einbezogen wur<strong>de</strong>. Dies dürfte allerdings indiesem Zusammenhang irrelevant sein, da die Verbindlichkeitje<strong>de</strong>nfalls bereits zuvor entstan<strong>de</strong>n war. Auch für echte Sozienkommt in diesen Fällen eine Haftung analog § 128 HGB nichtin Betracht. Es kann dann nur noch um die Eintrittshaftung analog§ 130 HGB gehen, ein Thema, welches seit <strong>de</strong>r Entscheidung<strong>de</strong>s II. ZS <strong>de</strong>s BGH vom 7.4.2003 (NJW 2003, 1803) in<strong>de</strong>r Diskussion ist. Dort hatte <strong>de</strong>r II. ZS die analoge Anwendung<strong>de</strong>s § 130 HGB auf Gesellschaften bürgerlichen Rechtszwar generell bejaht, bezüglich <strong>de</strong>r Haftung für berufliche Versehenvon Rechtsberatern aber ausdrücklich offen gelassen.Das OLG musste diese Frage hier nicht entschei<strong>de</strong>n. Es stelltnämlich fest, dass selbst die Argumente, die generell für eineanaloge Anwendung <strong>de</strong>s § 130 HGB sprechen könnten, inBezug auf Scheinsozien nicht durchgreifen. Die Eintrittshaftungsoll ja nach Ansicht <strong>de</strong>s II. ZS im Wesentlichen <strong>de</strong>m Gläubigerschutzdienen, d.h. es soll verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, dass durch Entnahmen<strong>de</strong>s Neugesellschafters das Gesellschaftsvermögen,<strong>und</strong> damit die Haftungsmasse, gemin<strong>de</strong>rt wird. Diese Überlegungentreffen auf einen Scheinsozius aber in keinem Fall zu,da dieser nur <strong>de</strong>n Anschein einer Gesellschafterstellungerweckt, faktisch aber keinen Zugriff auf das Gesellschaftsvermögenhat. Das OLG hält es daher nicht für angemessen, dieHaftung analog § 130 HGB auf einen nur scheinbar in dieGesellschaft Eingetretenen zu erstrecken. Die Klage wur<strong>de</strong> hierabgewiesen.Das OLG hat allerdings in diesem Fall die Revision zugelassen<strong>und</strong> damit die Möglichkeit eröffnet, dass sich <strong>de</strong>r IX. ZS <strong>de</strong>sBGH endlich mit <strong>de</strong>r Problematik beschäftigen kann. Unabhängigdavon, wie <strong>de</strong>r IX. ZS die Anwendung <strong>de</strong>s § 130 HGBauf Rechtsberatersozietäten generell sieht, ist aber festzustellen,dass die Argumentation <strong>de</strong>s OLG Saarbrücken im Hinblickauf die Scheinsozien absolut stichhaltig ist. Die Einbeziehungeiner Person, die während <strong>de</strong>s Vertragsverhältnisses <strong>und</strong> bis zurEntstehung <strong>de</strong>r Verbindlichkeit überhaupt noch nicht inErscheinung getreten ist, kann – wenn überhaupt – nur damitgerechtfertigt wer<strong>de</strong>n, dass das haften<strong>de</strong> Vermögen hierdurchgemin<strong>de</strong>rt wird. Wer <strong>de</strong>m Mandanten zusätzlich das Privatvermögen<strong>de</strong>s Neusozius als Haftungsmasse zur Verfügung stellt<strong>und</strong> ihm damit ein „Überraschungsgeschenk“ macht, stellt dasGläubigerinteresse zu sehr in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>. Ein Rückgriffmuss sich auf eine etwa durch <strong>de</strong>n Neusozius herbeigeführteMin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Gesellschaftsvermögens beschränken. Beieinem Schein-Neusozius besteht diese Möglichkeit aber nichteinmal theoretisch. Für eine gesamtschuldnerische Haftungfehlt daher je<strong>de</strong> Rechtfertigung.Rechtsanwältin Antje JungkHaftungRechtsprechungsleitsätzeKeine Nachfragepflicht beim MandantenDie Verpflichtung <strong>de</strong>s Anwalts, nach <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>satz <strong>de</strong>s sicherstenWeges <strong>de</strong>n Nachweis <strong>de</strong>s Zugangs empfangsbedürftiger Willenserklärungen<strong>de</strong>s Mandanten an Dritte sicherzustellen o<strong>de</strong>rdrohen<strong>de</strong> Verjährungen von Ansprüchen gegen Dritte unter Kontrollezu nehmen, ist auf das Verhältnis <strong>de</strong>s Anwalts zum Mandantennicht übertragbar. (eigener Leitsatz)BGH, Beschl. v. 29.6.2006 – IX ZR 176/04, NJW 2006, 2779Anmerkung:Dem bekl. RA war nach Abschluss eines Prozessvergleichs einKFB zugestellt wor<strong>de</strong>n. Er unterrichtete <strong>de</strong>n Mandanten hiervondurcheinfachenBrief,in<strong>de</strong>merauchaufdieMöglichkeit<strong>de</strong>r Beschwer<strong>de</strong> <strong>und</strong> die einzuhalten<strong>de</strong> Frist hinwies. Ob <strong>de</strong>rBrief <strong>de</strong>n Mandanten noch vor Fristablauf erreichte, bliebungeklärt; <strong>de</strong>r Mandant mel<strong>de</strong>te sich je<strong>de</strong>nfalls vor Fristablaufnicht. Erst nachher machte er geltend, er hätte Beschwer<strong>de</strong> ein-

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