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Wegweiser für den Umgang nach Trennung und Scheidung

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Demgegenüber zeigen Kinder in Situationen von Verunsicherungoder Angst, wie zum Beispiel in einer frem<strong>den</strong>Umgebung oder bei Abwesenheit von Bezugspersonen, sogenanntes Bindungsverhalten. Sie suchen die Nähe <strong>und</strong> <strong>den</strong>Kontakt zu einer vertrauten Person, die ihnen als sichereBasis dient: sie weinen, strecken die Arme <strong>nach</strong> ihr aus,folgen ihr, schmiegen sich an oder klammern sich an sie.Einmal gefestigte Bindungsbeziehungen weisen eine großeStabilität auf <strong>und</strong> bleiben auch im späteren Leben <strong>und</strong> beigetrennt leben<strong>den</strong> Personen wirksam.Horst, 31 Jahre, Vater eines einjährigenSohnes: „Ich bin unsicher, ob das so gut fürNiklas ist, wenn sich fast je<strong>den</strong> Tag jemandanderes um ihn kümmert. Ich wohneganz in der Nähe meiner Exfrau <strong>und</strong> je<strong>den</strong>Freitag – da hab’ ich frei – ist Niklas beimir. Weil seine Mutter <strong>und</strong> ich ganztägigarbeiten, ist er Montag <strong>und</strong> Dienstag beieiner Tagesmutter, Mittwoch hat meineExfrau frei <strong>und</strong> Donnerstag bringe ichihn zu seiner Oma. Eigentlich ist Niklasmeistens gut gelaunt …“Warum Bindungenso wichtig sindKinder kommen mit einer angeborenen Bereitschaft zurWelt, sich bedingungslos an Personen zu bin<strong>den</strong>, die ihnenvertraut wer<strong>den</strong>. Sie sind von Natur aus soziale Wesen.Bereits im Alter von wenigen Wochen sind Babys in derLage, zwischen Stimme <strong>und</strong> Gesicht der Mutter, des Vaters<strong>und</strong> einer frem<strong>den</strong> Person zu unterschei<strong>den</strong> <strong>und</strong> jeweilsunterschiedlich zu reagieren. Eine positive Entwicklunghängt davon ab, ob die Sicherheits- oder Bindungsbedürfnissedes Kindes, aber auch sein Bestreben <strong>nach</strong> Erk<strong>und</strong>ung<strong>und</strong> Selbständigkeit gleichermaßen <strong>und</strong> ausgewogenbefriedigt wer<strong>den</strong>.Das Bindungs- <strong>und</strong> das Erk<strong>und</strong>ungsbedürfnis desKindes ergänzen sich gegenseitig. In sicheren <strong>und</strong> vertrautenSituationen wollen Kinder Neues erkun<strong>den</strong> <strong>und</strong>reagieren auf ihre Umwelt vor allem mit Interesse <strong>und</strong>Neugier. Dieses Interesse wird von dem schon für Neugeborenebefriedigen<strong>den</strong> Gefühl aufrecht erhalten, Verhaltenoder Ereignisse verursachen <strong>und</strong> beeinflussen zu können<strong>und</strong> dadurch selbst wirksam <strong>und</strong> erfolgreich zu sein.Alle Kinder entwickeln im Verlauf des erstenLebensjahres gewöhnlich eine oder mehrere Bindungsbeziehungenzu nahe stehen<strong>den</strong> Personen,in der Regel Mutter <strong>und</strong> Vater. Im zweiten <strong>und</strong> drittenLebensjahr reagieren Kinder besonders empfindlich auf<strong>Trennung</strong>en. In dieser Zeit wer<strong>den</strong> die wichtigen erstenBindungen stabilisiert. Dabei hängt die Stärke einerBindung nicht von der Qualität der Beziehung ab. AuchKinder, die wenig geliebt oder sogar abgelehnt wer<strong>den</strong>,bauen eine Bindung zu Personen auf, zu <strong>den</strong>en sie gehören.Die Qualität einer Bindung entwickelt sich in Abhängigkeitvom Verhalten der Erwachsenen. Wer<strong>den</strong> die Bedürfnissedes Säuglings von <strong>den</strong> Bindungspersonen in feinfühligerWeise beantwortet, entwickelt sich in der Regel einesichere Bindungsbeziehung. Sicher gebun<strong>den</strong>e Kinderlernen, dass sie verlässlich beruhigt <strong>und</strong> getröstet wer<strong>den</strong>,sobald sie Unruhe oder Kummer signalisieren. Sie erlebendie Bindungsperson als sichere Basis, von der aus sie interessiertdie Umgebung erkun<strong>den</strong> <strong>und</strong> auf die sie sich inalltäglichen Notsituationen stützen können.Kinder, die ihre Bindungsperson als zurückweisend, ignorierendoder sogar feindselig erleben, entwickeln gewöhnlicheine unsichere Bindung. In Belastungssituationen neigen siedazu, wenig von ihren Bindungsbedürfnissen zu äußern<strong>und</strong> die Bindungsperson eher zu mei<strong>den</strong>. Auf diese Weisepassen sie sich so gut es geht <strong>den</strong> Anforderungen derBindungsperson an, die von dem Kind rasche Selbständigkeit<strong>und</strong> das Vermei<strong>den</strong> negativer Gefühle wie Angst <strong>und</strong>Ärger erwartet.Wenn Bindungspersonen sich in Belastungssituationen ineiner für das Kind wechselhaften <strong>und</strong> wenig <strong>nach</strong>vollziehbarenWeise verhalten, entwickeln die Kinder eine ambivalenteoder kontrollierende Bindung. Das Verhalten der Bindungspersonsignalisiert gleichermaßen Zuwendung, aberauch Hilflosigkeit <strong>und</strong> Ärger. Das Kind versucht, mit verstärkten<strong>und</strong> übertriebenen Gefühlsäußerungen die Aufmerksamkeitder Bindungsperson zu erregen. Gleichzeitigwird es von diesen Bemühungen stark in Anspruchgenommen <strong>und</strong> wirkt dadurch emotional abhängig.Eine kindliche Bindung kann nur durch konkrete Erfahrungenmit Erwachsenen entstehen. Nicht die biologischeHerkunft schafft Bindung, sondern die Vertrautheit,die durch Fürsorge, Nähe <strong>und</strong> Zuwendung entsteht.Die Anzahl der Personen, an die sich ein Kind bin<strong>den</strong> kann,12 Der <strong>Umgang</strong> aus Sicht des Kindes/ <strong>Wegweiser</strong> für <strong>den</strong> <strong>Umgang</strong>

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