In § 1626 Absatz 3 BGB wird ausgeführt, dass der <strong>Umgang</strong>mit anderen Personen immer dann dem Wohl des Kindesentspricht, wenn eine Bindung zu dieser Person besteht<strong>und</strong> der <strong>Umgang</strong> für seine Entwicklung förderlich ist.Ob eine wechselseitige Bindung vorliegt, hängtvom Einzelfall ab. Hierbei spielt vor allem eineRolle, in welchem Umfang Großeltern, Geschwister<strong>und</strong> Kinder Zeit miteinander verbracht haben.Jana, 16 Jahre: „Als meine Eltern sichtrennten, wollte ich zuerst mit bei<strong>den</strong>nichts mehr zu tun haben. Ich habe meinePatentante angerufen <strong>und</strong> gefragt, ob ichbei ihr wohnen kann. Das klappte ganzgut, weil wir uns immer toll verstan<strong>den</strong>haben. Sie hat mich oft beim Shoppenbegleitet, das war cooler als mit meinerMutter. Meine Patentante hat mir dannauch geholfen, meine Eltern etwas besserzu verstehen. Jetzt wohne ich bei meinerMutter, ziehe aber nächstes Jahr zumeinem Vater, weil ich in seiner Firmaeine Ausbildung anfange.“Schwieriger ist es zu bestimmen, was dem Wohl des Kindesdient. Eine allgemeingültige Bestimmung des Kindeswohlsgibt es nicht, allerdings besteht ein Konsens über gr<strong>und</strong>legendeAspekte. Das Kindeswohl umfasst alle notwendigenBedingungen, die für das physisch <strong>und</strong> psychisch ges<strong>und</strong>eAufwachsen des Kindes vorhan<strong>den</strong> sein müssen <strong>und</strong> seinerEntwicklung förderlich sind. In erster Linie sind dafür dieEltern verantwortlich. Um diese Bedingungen herstellen<strong>und</strong> erhalten zu können, darf die Beziehung zwischen Eltern<strong>und</strong> Kind nicht durch Dritte <strong>nach</strong>teilig beeinflusst odergestört wer<strong>den</strong>. Dieser Zielsetzung sollten sich Großeltern<strong>und</strong> Geschwister verpflichtet fühlen. Auch Großelternhaben eine Wohlverhaltenspflicht gegenüber <strong>den</strong> Eltern<strong>und</strong> dürfen die Kinder nicht in Loyalitätskonflikte stürzen.Der <strong>Umgang</strong> aus der Sicht vonanderen engen BezugspersonenKinder können in unterschiedlichen Familienformen aufwachsen.Häufig tritt zu <strong>den</strong> Eltern ein Stiefelternteil odereine andere für das Kind enge Bezugsperson hinzu. Sieleben mit dem Kind in einer Familie <strong>und</strong> übernehmen ihmgegenüber Verantwortung <strong>und</strong> Pflichten. Die Intensitätkann im Einzelfall unterschiedlich sein. Je <strong>nach</strong>dem, inwelchem Umfang sie sich <strong>den</strong> Kindern zuwen<strong>den</strong>, ihnenLiebe, Fürsorge <strong>und</strong> Vertrauen geben, entwickeln sich Bindungen.Kinder wählen ihrerseits ihre Bezugspersonen nichtauf Gr<strong>und</strong> eines bloß verwandtschaftlichen Verhältnisses.Die Basis der kindlichen Bindung bil<strong>den</strong> die gemeinsamenAlltagserfahrungen <strong>und</strong> besonderen Erlebnisse. Zerbrichtdie Familie durch <strong>Trennung</strong> oder <strong>Scheidung</strong>, so kannauch der Verlust eines Stiefelternteils oder eineranderen engen Bezugsperson für das Kind schmerzlichsein. Daher kann der <strong>Umgang</strong> mit diesem Familienmitgliedfür ein Kind die gleiche oder sogar eine größereBedeutung haben wie der <strong>Umgang</strong> mit einem leiblichenElternteil.So vielfältig wie die Familienformen können auch die Personensein, die zu Bezugspersonen für das Kind gewor<strong>den</strong>sind. Onkel, Tanten, Paten oder andere enge Fre<strong>und</strong>eder Familie können diese Rolle beim Kind einnehmen. Istes beispielsweise eine Tante, die das Kind umsorgt <strong>und</strong>sich ihm liebevoll zuwendet, kann sich zwischen ihr <strong>und</strong>dem Kind eine enge <strong>und</strong> förderliche Bindung entwickeln.Damit wird die Tante zu einer wichtigen Bezugsperson.Veränderungen in der Familie, wie sie durch <strong>Trennung</strong> <strong>und</strong><strong>Scheidung</strong> der Eltern entstehen, sollten sich nicht auf <strong>den</strong>54 Der <strong>Umgang</strong> mit anderen Bezugspersonen / <strong>Wegweiser</strong> für <strong>den</strong> <strong>Umgang</strong>
<strong>Umgang</strong> dieser engen Bezugsperson mit dem Kind auswirken.Je mehr es gelingt, <strong>den</strong> <strong>Umgang</strong> mit engen Bezugspersonendes Kindes aufrecht zu erhalten bzw. zu fördern,desto sanfter kann sich das Kind an die unvermeidlichenVeränderungen anpassen.Die Bedeutung von engenBezugspersonen für das KindDie größte Gruppe der engen Bezugspersonen sind Stiefeltern.Ihre Rolle für das Kind kann im Einzelfall ganzunterschiedlich sein. Ein Stiefelternteil kann ein Vertrauterdes Kindes, ein Ersatz für einen Elternteil, oder vor allemEhepartner(in) oder Lebensgefährte von Mutter oder Vatersein. Wie sich im einzelnen die Beziehung zum Kind <strong>und</strong>damit die Rolle in der Familie gestaltet, hängt davon ab,welche Bindung zum Kind aufgebaut wer<strong>den</strong> kann. EinStiefelternteil nimmt in vielen Familien zusätzlich Elternverantwortungwahr. Bricht der Kontakt zum getrenntleben<strong>den</strong> Elternteil ab oder ist er nur noch sporadischvorhan<strong>den</strong>, kann der/die neue Partner(in) die Rolle dessozialen Vaters oder der sozialen Mutter einnehmen.Stiefelternteile kommen in der Regel erst <strong>nach</strong> der Geburtdes Kindes in die Familie. Damit fehlt ihnen ein wichtigesStück gemeinsam erlebter Familiengeschichte. Weilder getrennt lebende Elternteil für das Kind einBestandteil seiner Familie bleibt – unabhängigdavon, ob er diese Rolle aktiv ausfüllt –, ist eswichtig, dass der Stiefelternteil <strong>den</strong> abwesen<strong>den</strong>Elternteil respektiert. Er zeigt damit auch, dass er dasKind als ganze Persönlichkeit, also auch mit <strong>den</strong> Anteilendes abwesen<strong>den</strong> Elternteils, annimmt.Die rechtliche Situationvon engen BezugspersonenDie Rechte enger Bezugspersonen wer<strong>den</strong> in <strong>den</strong> §§ 1626Absatz 3 <strong>und</strong> 1685 Absatz 2 BGB geregelt. Als enge Bezugspersonengelten Stiefeltern, Lebensgefährten oder unterUmstän<strong>den</strong> Onkel oder Tanten. Diese Personengruppehat ebenso wie Großeltern <strong>und</strong> Geschwister ein Recht auf<strong>Umgang</strong> mit dem Kind.Hierbei handelt es sich um ein Recht, das an Bedingungengeknüpft ist. Eine dieser Bedingungen ist das Kindeswohl,an dem sich das Recht auf <strong>Umgang</strong> ausrichtenmuss. Da es keine allgemeingültige Definition darübergibt, was das Kindeswohl ist, kann nur der Konsens übergr<strong>und</strong>legende Aspekte des Kindeswohls zielführend sein.Das Kindeswohl umfasst alle notwendigen Bedingungen,die für das physisch <strong>und</strong> psychisch ges<strong>und</strong>e Aufwachsendes Kindes vorhan<strong>den</strong> sein müssen <strong>und</strong> seiner Entwicklungförderlich sind.Anders als Großeltern <strong>und</strong> Geschwister müssenenge Bezugspersonen <strong>nach</strong> dem Gesetz einesozial-familiäre Beziehung zum Kind haben.<strong>Wegweiser</strong> für <strong>den</strong> <strong>Umgang</strong> / Der <strong>Umgang</strong> mit anderen Bezugspersonen 55