04.12.2012 Aufrufe

SORENTO - Regio aktuell

SORENTO - Regio aktuell

SORENTO - Regio aktuell

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

AUSGEWANDERT<br />

www.regio<strong>aktuell</strong>.com<br />

64<br />

Kreativ in Madrid<br />

Daniela D’Antuono (34) ist in Basel geboren und aufgewachsen, hat aber<br />

einen italienischen Pass. Die gelernte Polygrafin fühlte sich in Basel zu Hause,<br />

wurde jedoch immer wieder als Ausländerin behandelt. Vielleicht ist sie<br />

deshalb nach Madrid aufgebrochen, wo sie heute als freie Grafikerin arbeitet.<br />

Das Thema Identität beschäftigt sie<br />

längst nicht mehr: «Früher hat man mir<br />

die Frage ‹Wo gehörst du hin?› immer wieder<br />

aufgedrängt, daher hatte ich schon als<br />

kleines Mädchen das Gefühl, nicht richtig<br />

dazuzugehören. In der Schweiz war ich die<br />

Italienerin und in Italien die Schweizerin.»<br />

Sie hätte sich leicht einbürgern lassen können,<br />

doch den bürokratischen Aufwand<br />

und die damit verbundenen Kosten empfand<br />

sie als ungerecht. «Ich bin doch in der<br />

Schweiz geboren und aufgewachsen – warum<br />

vereinfachte man mir die Einbürgerung<br />

nicht?», fragt sie. Seit sie sich in Spanien<br />

niedergelassen hat, ist auch das Gefühl<br />

gewachsen, einfach ein Weltmensch<br />

zu sein. In Spanien nennt man sie zwar<br />

manchmal die La Suiza neutral – die neutrale<br />

Schweizerin. «Aber das geschieht immer<br />

mit einem ironischen Unterton. Es<br />

zeigt jedenfalls doch, wie sehr mich die<br />

Schweiz geprägt hat.» Wenn sie sich einmal<br />

ärgert oder temperamentvoll unter-<br />

hält, ist sie dann blitzschnell wieder die<br />

Italienerin…<br />

Die lateinische Lebensart<br />

Daniela D’Antuono kannte bereits Paris<br />

und Rom, das waren für sie faszinierende<br />

Hauptstädte, aber eben nur Ferienorte.<br />

Ganz anders erging es ihr in Madrid: Das<br />

war eine Stadt, die zu ihr passen könnte,<br />

dachte sie und begann, sich ihr Leben dort<br />

vorzustellen. Nach ihrer Ausbildung zur<br />

Polygrafin bei Birkhäuser+GBC in Reinach<br />

und einer Zeit als Grafikerin bei «<strong>Regio</strong> <strong>aktuell</strong>»<br />

taten sich allmählich neue berufliche<br />

Perspektiven auf. Innerhalb eines Jahres<br />

flog sie fünf Mal nach Madrid – eine Stadt,<br />

deren Menschen und Atmosphäre sie einfach<br />

immer wieder anzog. Schon in Basel<br />

gehörten viele Spanier zu ihrem Freundeskreis,<br />

daher waren ihr die spanische Kultur<br />

und Sprache schon etwas vertraut. «Madrid<br />

war für mich lateinische Lebensart, Gross-<br />

stadt, Abenteuer, neue Kultur, Mentalität<br />

und Sprache – unter einem meist wolkenlosen,<br />

hellblauen Himmel. Am Abend mit<br />

Freunden in einer Tapas-Bar gemütlich beisammenzusitzen,<br />

bedeutete für mich echte<br />

Lebensfreude. Spanien hiess mich uneingeschränkt<br />

willkommen.»<br />

Es war für sie dann gar nicht so einfach,<br />

ohne ausreichende Sprachkenntnisse eine<br />

Stelle zu finden. Sie beschloss daher schon<br />

vor ihrem Wegzug aus Basel, eine Stelle in<br />

Madrid zu finden. Ihre damalige spanische<br />

Mitbewohnerin half ihr dabei, so gut sie<br />

konnte: «Sie schrieb mir fürs Vorstellungsgespräch<br />

am Telefon alles auf, und ich rasselte<br />

dann den Text herunter, ohne meinem<br />

Gegenüber überhaupt die Chance zu<br />

lassen, mich zu unterbrechen. So kam es natürlich<br />

zu lustigen Missverständnissen: Als<br />

man mir den Namen einer Website durchgeben<br />

wollte, notierte ich das Wort ‹buchstabieren›<br />

und suchte dann erfolglos nach<br />

www.buchstabieren.es».<br />

Im Fotostudio Manuel Díaz bekam sie,<br />

nach verschiedenen Anläufen, schliesslich<br />

die begehrte Stelle als einzige Grafikerin<br />

für die Bearbeitung digitaler Fotografien.<br />

Dann hiess es ganz schnell Koffer packen,<br />

Wohnung suchen. Sie stellte rasch fest, dass<br />

die Mieten in Madrid schlicht und ergreifend<br />

unbezahlbar sind. Daher hat sie sich<br />

zunächst ein WG-Zimmer gesucht. Die Arbeit<br />

im Fotostudio sei eine grosse Herausforderung<br />

gewesen, sagt sie – anspruchsvolle<br />

Kunden, enormer Zeitdruck und ungewöhnlich<br />

lange Arbeitszeiten. «Es brauchte<br />

eine Weile, mich daran zu gewöhnen. Ich<br />

hatte mich mental darauf eingestellt, den<br />

Job ein Jahr lang ‹durchzuhalten› und das<br />

Beste daraus zu machen. Mein berufliches<br />

Know-how hat sich enorm verbessert, und<br />

ich lernte, unter grossem Druck zu arbeiten.»<br />

Doch ihr geliebter Freizeitsport litt<br />

darunter. Wie früher in den Langen Erlen<br />

Zeit mit Joggen zu verbringen, war nicht<br />

mehr möglich, und sie merkte auch, dass sie<br />

eigentlich nur noch mit Arbeitskollegen<br />

Kontakt hatte.<br />

Berufliche Selbstständigkeit<br />

Nach ihrem selbst auferlegten intensiven<br />

Arbeitsjahr im Fotostudio entschied sich<br />

Daniela schliesslich für die berufliche<br />

Selbstständigkeit. Mittlerweile arbeitet sie<br />

schon seit sechs Jahren im eigenen Grafikstudio<br />

und gründete letztes Jahr mit einem<br />

Freund zusätzlich das Multimedia-Studio<br />

Comunicamia. Dazu gehört Mut, Vertrauen<br />

und Selbstbewusstsein, stellt Daniela fest,<br />

die es mag, allein oder in Kooperation mit<br />

anderen Studios zu arbeiten. «Heute bin ich<br />

sehr froh, trotz anfänglicher Hürden nach<br />

Spanien ausgewandert zu sein. Mittlerweile<br />

geniesse ich den Ausgleich zwischen Arbeit,<br />

Freizeit und Freundeskreis», schreibt<br />

sie. Das sei auch die einzig richtige Einstellung,<br />

um in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise<br />

in Spanien zu bestehen. «Ich freue<br />

mich über eine stabile Auftragslage und<br />

dass meine Kunden – übrigens dank Internet<br />

nicht nur aus Spanien – das Kreative in<br />

mir offenbar sehr schätzen.» re ■

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!