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Reinhard Gehlen und der Kalte Krieg - Deutschland 1933 – 1990

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dem Ende des furchtbar kalten <strong>Krieg</strong>es: „Heute, nach vierzig Jahren, wo das sowjetische Reich zum Teilauseinan<strong>der</strong>bricht, hat diese unsere Politik des »Containments« zur Folge, dass die zwei stärksten Wirtschaftsmächtein <strong>der</strong> Welt, die japanische <strong>und</strong> die westdeutsche, in direkter Konkurrenz zur amerikanischenWirtschaft stehen. Heute, wo allmählich je<strong>der</strong> akzeptiert, dass ökonomischer Wohlstand <strong>der</strong>wichtigste Maßstab des politischen Erfolgs ist!“Ein Schnellmerker. Da war die Rechnung <strong>Gehlen</strong>s aber schon sehr lange aufgegangen gewesen. „In <strong>der</strong>Einstellung unserer amerikanischen Fre<strong>und</strong>e zum weiteren Schicksal <strong>der</strong> »Organisation <strong>Gehlen</strong>« hattesich ab Ende 1950 ein bemerkenswerter Wandel vollzogen. Sie hatten – vor allem Mr. M., aber auch diebeiden Chefs <strong>der</strong> CIA, zuerst General Walter Bedell Smith, dann Allan Dulles (ab Januar 1953) – erkannt,dass sich meine Konzeption von 1945 realisieren würde, zu <strong>der</strong> sich als erster General Sibert im»Gentlemen’s Agreement« bekannt hatte. Sie zogen daraus den Schluss, die Überführung <strong>der</strong> Organisationin die Hände <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung mit allen Kräften zu unterstützen. Amerikanische Beauftragteführten deshalb im Laufe <strong>der</strong> Jahre mehrere Gespräche mit dem B<strong>und</strong>eskanzleramt über technischeFragen <strong>der</strong> Überführung <strong>und</strong> bewogen auf den verschiedensten Wegen auch die an<strong>der</strong>en Alliiertendazu, die gleiche zustimmende Haltung einzunehmen. Sie taten dies in <strong>der</strong> selbstverständlichen Erwartung,dass die enge Zusammenarbeit des Dienstes mit ihnen <strong>und</strong> den an<strong>der</strong>en Alliierten auch in Zukunftbestehen bleiben würde. Die CIA war darüber hinaus davon überzeugt, dass sich diese positive Haltungspäter in <strong>der</strong> zukünftigen politischen Partnerschaft <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik mit den Westalliierten bezahltmachen würde. Diese Rechnung ging selbstverständlich auf; die vertrauensvolle kameradschaftlichePartnerschaft trug für alle Teile reiche Frucht.“ Für den Westen <strong>Deutschland</strong>s auf jeden Fall. Der Rest<strong>der</strong> Welt hat seine Steuergel<strong>der</strong> in die Aufrüstung gesteckt.Von Günter Gaus hatten Sie etwas über den Ursprung <strong>der</strong> sowjetischen Gefahr erfahren. Als langjährigerRedakteur des Spiegel wusste er allerdings auch, dass Medien wie Der Spiegel zur Unausrottbarkeitdes von ihm kritisierten Blödsinns „von <strong>der</strong> kommunistischen Welteroberung“ über Jahrzehnte beitrugen.Gaus benannte auch den offensichtlichen Wi<strong>der</strong>spruch, <strong>der</strong> sich vermutlich unbemerkt in den Köpfeneinnistete: „einerseits kommt morgen <strong>der</strong> Russe, aber an<strong>der</strong>erseits werden wir demnächst siegreichdurchs Brandenburger Tor marschieren <strong>und</strong> den Annaberg in Schlesien zurückerobern“. Ganz selbstverständlichhatten die Polen <strong>und</strong> die Russen vor den Deutschen Angst. Und alle an<strong>der</strong>en Nachbarnauch. Aber die intellektuelle Elite, die den Wi<strong>der</strong>spruch säte, dürfte sich des Wi<strong>der</strong>spruchs doch wohlbewusst gewesen sein?!Zur Unausrottbarkeit dieser zweckdienlichen Verschwörungstheorie trugen logischerweise auch unabhängigeWissenschaftler <strong>der</strong> bunten Republik bei. Wer unabhängige westdeutsche Geschichtsschreibungvom Feinsten haben will, muss unbedingt Prof. Dr. Heinrich August Winkler lesen. In Der langeWeg nach Westen heißt es bei ihm über den beginnenden <strong>Kalte</strong>n <strong>Krieg</strong>: „Amerika übernahm mit demMarshallplan jene Führungsrolle in Europa, vor <strong>der</strong> es nach dem Ersten Weltkrieg noch zurückgeschrecktwar. Die Folgen <strong>der</strong> damaligen Zugeständnisse an den politischen Isolationismus waren denverantwortlichen Akteuren <strong>der</strong> USA sehr wohl bewusst. Eine Spätfolge dieser Zurückhaltung war, dassHitler bei seiner Expansionspolitik lange Zeit auf keinen wirksamen Wi<strong>der</strong>stand gestoßen war.“Welchen Satz schloss Prof. Dr. Winkler an diesen nachvollziehbaren Gedanken über Hitlers Expansionspolitikan? Ohne neu Luft zu holen, setzte er an dieser Stelle fort: „Einer weiteren Ausdehnung <strong>der</strong>sowjetischen Hemisphäre wollte Amerika nicht tatenlos zusehen. Die Politik <strong>der</strong> »Eindämmung« war<strong>der</strong> Versuch, aus <strong>der</strong> Geschichte zu lernen – ein gelungener Versuch, wie man rückblickend feststellenmuss.“ Hier benutzt Winkler die antizipierte Überzeugung seines Publikums, dass Hitlers Expansionismusvöllig zu Recht ein Riegel vorgeschoben wurde, <strong>und</strong> überträgt dieses Gefühl kurzerhand auf die Sowjetunion.Damit sein Trick funktioniert, lässt er einfach das Argument weg, dass die sowjetischenTruppen in den osteuropäischen Län<strong>der</strong>n (scheinbar) die einzigen Garanten für die östlichen deutschenNachkriegsgrenzen waren. Noch stärkeren Tobak findet man in dieser Frage bei Helmut Schmidt in denachtziger Jahren. Ihm schien es noch nach dem Amtsantritt Gorbatschows „unklug, unsere eigene Politikauf ein tatsächliches Ende des russisch-sowjetischen Expansionismus zu gründen“. Schräge Argumentationenvon dieser Klangqualität bestärkten mich, mir selbst ein Bild von den Vorgängen in unseremLand zu machen. Wenn dieser Professor Doktor Winkler rückblickend feststellen muss, dass <strong>der</strong>amerikanische Versuch gelang, klingt das übrigens auch nicht so, als hätte jemand darauf gehofft.Er gelang aber erst <strong>1990</strong>. Rückblickend muss man auch feststellen, wie rabiat Bonn offensichtlich fünf<strong>und</strong>vierzigJahre lang die Amerikaner an <strong>der</strong> Nase herumgeführt hat. Aber schon im Vorwort zur deutschenAusgabe des über achth<strong>und</strong>ertseitigen Bandes CIA – Die ganze Geschichte vermerkte ja <strong>der</strong> an-

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