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Reinhard Gehlen und der Kalte Krieg - Deutschland 1933 – 1990

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steht in <strong>der</strong> großen Tradition von Wissenschaftlern wie Wilhelm <strong>und</strong> Jacob Grimm, wenn es sich auchbei den Bil<strong>der</strong>n auf schwarz-weiße Fotos beschränkt. Der Künstler zeigt sich befähigt mit <strong>der</strong> Mutter -sprache umzugehen wie ein Chamäleon mit seinen Farben. Angepasst an den Inhalt changiert er in einembeeindruckenden Spektrum zwischen <strong>der</strong> nüchternen Sprache des Agenten im <strong>Krieg</strong>, <strong>der</strong> keinenZweifel lässt an seinen fachlichen Qualitäten <strong>und</strong> seiner Eignung, <strong>und</strong> einer Sprache, die bis hin zu denFeinheiten <strong>der</strong> Wortwahl jeden Journalisten des Neuen <strong>Deutschland</strong> aus Ost-Berlin in den Schattenstellt. In dieser Art schreibt kein Eiferer für eine Ideologie. So schreibt ein Profi, <strong>der</strong> weiß, wie Leutefunktionieren.Mit einem lachenden <strong>und</strong> einem weinenden Auge stelle ich fest, dass <strong>der</strong> Ost-Berliner 001 Markus Wolfnach <strong>der</strong> richtigen Methode vorging; er setzte die Puzzleteile zusammen; <strong>und</strong> er hatte Recht, als ermeinte, dass die gegnerische Seite auch nur mit Wasser kochte. Bleibt nur zu ergänzen, dass ein Gericht,das ein Hobbykoch wie Wolf mit Wasser bereitet, häufig nicht annähernd die Qualität hat wie einGericht, das ein Fünf-Sterne-Koch wie <strong>Gehlen</strong> mit dem gleichen Wasser kreiert.Jossif Wissarjonowitsch Stalin dürfte es nach dem Interventionskrieg vieler Staaten gegen das kommunistischeLand Anfang <strong>der</strong> zwanziger Jahre <strong>und</strong> dem deutschen Überfall im Sommer 1941 vorrangig umdie Sicherheit seines Vielvölkerstaates sowie um Reparationsleistungen für die <strong>Krieg</strong>sschäden als Wie<strong>der</strong>aufbauhilfegegangen sein. Darüber hinaus wünschte er einen Friedensvertrag mit dem besiegtenLand bei Anerkennung <strong>der</strong> polnisch-deutschen Grenze an <strong>der</strong> O<strong>der</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Görlitzer Neiße. WeitereZiele, wie eine Ausdehnung <strong>der</strong> sowjetischen Innenpolitik auf <strong>Deutschland</strong> o<strong>der</strong> einen Teil davon, durftenden übergeordneten Zielen zumindest nicht im Wege stehen. Wenn ich westdeutsche Propagandalese, die von einer geplanten Bolschewisierung ganz <strong>Deutschland</strong>s spricht, frage ich mich unwillkürlich,wie das hätte funktionieren sollen. Der Westen stand ja unter dem Schutz von drei Mächten; hätte Stalinsie denn alle wegbomben sollen? Dann hätte er auf den Ärger nicht lange warten müssen. Pläne dieserArt hatten die Amerikaner jedoch nach <strong>Reinhard</strong> <strong>Gehlen</strong>s vermeintlichen Kassandra-Sprüchen jahrzehntelangbefürchtet.Das Bedürfnis nach Sicherheit für die Sowjetunion dürfte sich weiter verstärkt haben, nachdem <strong>der</strong>amerikanische Präsident im August am Beispiel zweier japanischer Städte demonstriert hatte, dass er in<strong>der</strong> Lage <strong>und</strong> bereit war, Atomwaffen einzusetzen. Dafür sprechen auch Stalins Verzicht auf den Einflussin Finnland <strong>und</strong> in Österreich, nachdem ihm diese Län<strong>der</strong> Sicherheitsgarantien gegeben hatten.Auch für <strong>Deutschland</strong> stand dieses Angebot bis Mitte <strong>der</strong> fünfziger Jahre.Da es nach 1945 nun we<strong>der</strong> zu einem Friedensvertrag noch zu Sicherheitsgarantien o<strong>der</strong> zu einer Festlegungvölkerrechtlich verbindlicher Grenzziehungen kam, blieb Jossif Stalin gar nichts an<strong>der</strong>es übrig, alsseine Truppen dort stehen zu lassen, wo sie waren, <strong>und</strong> abzuwarten, wann sich in Bonn irgendetwas bewegt.Vielleicht darf man ja auch bei einem Diktator strategisches Denken annehmen. Richtig ist allerdings,dass sich im Windschatten <strong>der</strong> großen Politik deutsche Kommunisten ihren Lebenstraum vomSozialismus auf heimatlichem Boden erfüllte. Über die Bemühungen Walter Ulbrichts, nichtkommunistischeKräfte, gegen die die Sowjets damals durchaus nichts hatten, aus den lokalen Verwaltungen hinauszudrängen,kann man eine gute Darstellung in einem Buch des Historikers Norbert Podewin unterdem Titel Walter Ulbricht – Eine neue Biographie finden. Die Russen waren nach diesem <strong>Krieg</strong> schonfroh, als sie in <strong>Deutschland</strong> nicht nur auf Nazis stießen.Erinnern Sie sich, wie Herr Prof. Dr. Heinrich A. Winkler versuchte, uns den Ursprung des <strong>Kalte</strong>n <strong>Krieg</strong>eszu erläutern? Die Einschätzung, die Helmut Kohls Chefunterhändler bei den „Zwei-plus-Vier“-Verhandlungenvon <strong>1990</strong>, Dieter Kastrup, im Jahr 1991 über die 1945er politischen Ziele Moskaus abgab,klingt dann schon nachvollziehbarer: „Der Zweite Weltkrieg war von <strong>der</strong> Sowjetunion zur Befreiung ihresTerritoriums <strong>und</strong> <strong>der</strong> anschließenden Nie<strong>der</strong>werfung des Nationalsozialismus geführt worden. Diedabei erbrachten ungeheuren Opfer sind bekannt. Die Behandlung des besiegten <strong>Deutschland</strong> war inverschiedenen Absprachen <strong>der</strong> vier Siegermächte nie<strong>der</strong>gelegt worden, insbeson<strong>der</strong>e im sogenanntenPotsdamer Abkommen. Die Sowjetunion hat stets den Standpunkt bezogen, die Politik, die sie in ihrerBesatzungszone betrieben habe, sei eine <strong>der</strong> Entnazifizierung, Entmilitarisierung <strong>und</strong> Demokratisierunggewesen. Diese Politik ist von <strong>der</strong> sowjetischen Gesellschaft als Frucht <strong>der</strong> erbrachten Opfer begriffenworden. [Es ging um die Enteignung von Großgr<strong>und</strong>besitz auf Gr<strong>und</strong> des Potsdamer Abkommensbzw. um die Rückgabe <strong>der</strong> Flächen.] Sie nachträglich zur Disposition des besiegten <strong>Deutschland</strong>zu stellen, hätte bei <strong>der</strong> sowjetischen Bevölkerung das Gefühl wecken können, die sowjetische Nachkriegspolitikin <strong>Deutschland</strong> sei nutzlos geblieben, die Opfer <strong>der</strong> sowjetischen Bevölkerung im ZweitenWeltkrieg seien vergebens gewesen.“ Sagte <strong>der</strong> CDU-Mann.

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