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Reinhard Gehlen und der Kalte Krieg - Deutschland 1933 – 1990

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vor allem Oster traten mit dem Chef des Generalstabes des Heeres, General <strong>der</strong> Artillerie Ludwig Beck,in Verbindung. Hatte General Beck <strong>1933</strong> noch den Siegeszug <strong>der</strong> nationalsozialistischen Bewegung begrüßt,so kamen ihm schon bald aus vorwiegend fachlich-technischen Gründen ernste Bedenken überdie Folgen <strong>der</strong> neuen Politik. Spätestens nach dem endgültigen Entschluss Hitlers am 30. Mai 1938, dieTschechoslowakei anzugreifen, sah er eine drohende kriegerische Verwicklung mit Frankreich <strong>und</strong> England,die den Bestand von Volk <strong>und</strong> Vaterland ernsthaft gefährden musste. Hier waren für ihn die Grenzendes militärischen Gehorsams erreicht.“Es blieb nicht ohne Folgen, dass sich <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand gegen den <strong>Krieg</strong> gerade in dem Amt Ausland/Ab -wehr (Spionage <strong>und</strong> Spionageabwehr) bildete. So gelang es letztlich, den Sieg in diesem <strong>Krieg</strong> davonzutragen.Den fanatischen Militärs war dann irgendwann aufgefallen, dass ihre Aufklärungsorgane nichtsbeziehungsweise nichts Brauchbares auf die Reihe bekamen. Obwohl <strong>der</strong> Zweite Weltkrieg an sich jaschon eine irre Veranstaltung war, darf davon ausgegangen werden, dass er aus zwei <strong>Krieg</strong>en bestand:einem <strong>Krieg</strong> um den Endsieg <strong>und</strong> dem <strong>Krieg</strong> um ein schnelles Ende des <strong>Krieg</strong>es. Beide <strong>Krieg</strong>e for<strong>der</strong>tenzahllose Opfer.Wilhelm Canaris war <strong>der</strong> Chef <strong>der</strong> Abwehrabteilung im Reichskriegsministerium, <strong>und</strong> <strong>Reinhard</strong> <strong>Gehlen</strong>war <strong>der</strong> Chef <strong>der</strong> Militärspione im Osten. „Als <strong>der</strong> Ostfeldzug ins Stocken geriet, schob man die Schulddem zuständigen militärischen Nachrichtendienst, genannt Abteilung »Fremde Heere Ost«, in dieSchuhe.“ Inzwischen ist mir klar, dass man es <strong>der</strong> Abteilung auch nicht umsonst zuschrieb, dass dieserrassistisch motivierte <strong>und</strong> genauso geführte <strong>Krieg</strong> vor den Baum ging. Weil es im Westen dann offensichtlichwurde, hat man Wilhelm Canaris, den Chef <strong>der</strong> Spione, 1944 hingerichtet. Wenn Sie Bil<strong>der</strong> vonihm sehen – ein Vatertyp mit warmen, schönen Augen. Ein Mensch <strong>und</strong> kein Fanatiker. Die Nazis habennoch nach mehreren Jahren nicht gerafft, dass die Spionagechefs ihre Informationen so hinbogen,dass <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> möglichst schnell zu Ende ging, hoffend, dass schon bald einem Attentat auf den Führer<strong>der</strong> Fanatiker inzwischen Erfolg beschieden sein möge.In den Memoiren <strong>Reinhard</strong> <strong>Gehlen</strong>s finden sich unter an<strong>der</strong>em einige Seiten über Admiral Wilhelm Canaris.In <strong>der</strong> gebotenen Kürze will ich nur ein paar Sätze exemplarisch zitieren, um einen Eindruck vomVerhältnis dieser beiden Männer zu vermitteln: „Die Persönlichkeit des Admirals ist fünf<strong>und</strong>zwanzigJahre nach seinem tragischen Tode – er wurde am 9. April 1945 nach einem höchst fragwürdigen Verfahrenvor einem SS-Gericht in Flossenbürg hingerichtet – noch immer mit einem scheinbaren Schleierdes Zwielichtes umgeben. Er teilt dieses Los mit vielen an<strong>der</strong>en hervorragenden Persönlichkeiten desNachrichtendienstes im In- <strong>und</strong> Ausland, wie z. B. mit Oberst Nicolai. In manchen Veröffentlichungenäußern sich Verfasser, die den Admiral sicherlich nicht gründlich gekannt haben dürften, kritisch überseine Persönlichkeit <strong>und</strong> sein Wirken. Sie werfen ihm Zau<strong>der</strong>n, mangelndes Stehvermögen <strong>und</strong> letztlichimmer wie<strong>der</strong> Undurchsichtigkeit vor.“Dabei lag es im Auge des jeweiligen Betrachters, wie man den Admiral sah. Undurchsichtigkeit werdenihm die Kämpfer für den Endsieg vorgeworfen haben; die Abgeklärten unter den <strong>Krieg</strong>skameraden sahenihn sicherlich eher so: „Dagegen spricht vor allem die Verehrung, welche die Angehörigen <strong>der</strong> »Abwehr«dem Admiral entgegenbrachten <strong>und</strong> auch heute noch entgegenbringen.“ Wären aber alle Kameradenzu den Abgeklärten zu zählen gewesen, hätte <strong>Gehlen</strong>s Abteilung nicht „nach außen abgeschirmt“sein müssen, <strong>und</strong> es wäre nicht so wichtig gewesen, dass sich diese Männer „vorbehaltlos aufeinan<strong>der</strong>verlassen konnten“. Bei <strong>Gehlen</strong> findet sich folgerichtig auch diese Feststellung: „Dem Nationalsozialismusstand Canaris ablehnend gegenüber. Ebenso wie Generaloberst Beck litt er ständig darunter, dassseine innere Einstellung dem unter Bezug auf Gott geleisteten Diensteid wi<strong>der</strong>sprach.“ Marion Dönhoff,die sich äußerst emanzipiert in <strong>der</strong> Männerdomäne bewegte, notierte später: „Sehr beschäftigte dieKreisauer auch das Problem <strong>der</strong> Loyalität in <strong>der</strong> Diktatur, das Recht auf Wi<strong>der</strong>stand, die Bedeutung desEides, die Bestrafung <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong>sverbrecher.“ Bei <strong>der</strong> Gräfin fand ich auch Worte von Ludwig Beck, demChef des Generalstabs <strong>der</strong> Wehrmacht, an die ihm unterstellten Offiziere: „Ihr soldatischer Gehorsamhat dort eine Grenze, wo Ihr Wissen, Ihr Gewissen <strong>und</strong> Ihre Verantwortung Ihnen die Ausführung einesBefehls verbieten.“Vielleicht interessiert es Sie, dass diese Anweisung auf einer Gr<strong>und</strong>feste des preußischen Befehls basierte.Er war nur bindend, wenn er höherem Gesetz nicht wi<strong>der</strong>sprach. Erst 1934 wurde schließlich je<strong>der</strong>Soldat auf den Führer vereidigt, was es dem Gewissen viel schwerer machte, den Führer selbst über dieKlinge springen zu lassen. General Ludwig Beck gab auch die Or<strong>der</strong> aus: „Es ist ein Mangel an Größe<strong>und</strong> an Erkenntnis <strong>der</strong> Aufgabe, wenn ein Soldat in höchster Stellung in solchen Zeiten seine Pflichten

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