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Reinhard Gehlen und der Kalte Krieg - Deutschland 1933 – 1990

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gen, so dass <strong>Deutschland</strong> die Aufgabe hat, die ihm zufallenden Missionen für die gemeinsame Verteidigung<strong>der</strong> christlichen Zivilisation des Westens zu erfüllen.«“ Das klang in den Ohren <strong>der</strong> Amerikaner offenbarlogisch, weil es ihrem Bild von den Nazis entsprach. Hätte <strong>Gehlen</strong> das jedoch ernst gemeint,dann hätte er nicht gemeinsam mit seinen Männern den Endsieg des Österreichers über die Bolschewistenverhin<strong>der</strong>t. Darüber hatte er dieFre<strong>und</strong>e in America offensichtlich nicht informiert.Eine Illustration lieferte <strong>Gehlen</strong> gleich persönlich. Ihm war nicht unbekannt, dass „die Sowjets in <strong>der</strong>deutschen obersten Führung über eine gut orientierte Nachrichtenquelle verfügen mussten“, da sie „inkürzester Zeit über Vorgänge <strong>und</strong> Erwägungen, die auf deutscher Seite an <strong>der</strong> Spitze angestellt wurden,bis ins Einzelne unterrichtet“ waren. Da stellte sich natürlich die Frage: Wer war es? Probieren Sie maldie Wendungen langes Schweigen, ein Geheimnis, den Schlüssel, verhängnisvolle Rolle, aufs Sorgfältigste,die rätselhaftesten Fälle <strong>und</strong> engster Vertrauter in zwei Sätzen unterzubringen. <strong>Gehlen</strong> schafftedas: „Ich will an dieser Stelle mein langes Schweigen um ein Geheimnis brechen, das – von sowjetischerSeite aufs Sorgfältigste gehütet – den Schlüssel zu einem <strong>der</strong> rätselhaftesten Fälle unseres Jahrh<strong>und</strong>ertsin sich birgt. Es ist die verhängnisvolle Rolle, die Hitlers engster Vertrauter, Martin Bormann, in denletzten <strong>Krieg</strong>sjahren <strong>und</strong> danach gespielt hat.“ Der gute Mann schrieb auch nicht: vermutlich gespielthat. Er hat <strong>und</strong> fertig; dazu lieferte er keinen Beweis, nichts. Spekulationen <strong>und</strong> warme Luft. Sein Textgipfelt in den Sätzen: „Zwei zuverlässige Informanten gaben mir in den 50er Jahren die Gewissheit,dass Martin Bormann perfekt abgeschirmt in <strong>der</strong> Sowjetunion lebte. Der ehemalige Reichsleiter war bei<strong>der</strong> Besetzung Berlins durch die Rote Armee zu den Sowjets übergetreten <strong>und</strong> ist inzwischen in Russlandgestorben.“ Sehen Sie? Dann hat Hitlers Vertrauter alles verraten! Das macht mich sehr betroffen.Vollkommen unabhängig davon würdigte er 77 Seiten später seinen Kollegen, „den OberstleutnantBaun, den Leiter <strong>der</strong> Dienststelle Walli I, in Bad Elster“. Hermann Baun hatte „auch zuletzt noch Verbindungenbis unmittelbar nach Moskau unterhalten können“. Während es hier wahrhaftig keiner blühendenPhantasie bedarf, in Baun die <strong>und</strong>ichte Stelle zu vermuten, äußerte Meister <strong>Gehlen</strong> bei ihmnoch nicht einmal einen Anfangsverdacht. Dafür lenkte er das Augenmerk des Lesers ohne jegliches Indizauf den Alt-Nazi Martin Bormann, <strong>der</strong> bekanntermaßen den Bunker des Fuehrers verließ, bevor sichselbiger Fuehrer dort seines Lebens beraubte. Genau <strong>der</strong> muss es gewesen sein, <strong>der</strong> den Russen allesverraten hat.Es erschien mir anfangs recht unwahrscheinlich, dass ein Rambo die Amis allein auf das neue Gleis setzenkonnte; <strong>und</strong> siehe da, das war gar nicht nötig. General <strong>Reinhard</strong> <strong>Gehlen</strong> hatte einen ganzen Anhangim Gefolge: „Viele Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Untergebene des Leiters <strong>der</strong> Abteilung Fremde Heere Ost (FHO) desOberkommandos <strong>der</strong> Wehrmacht, General <strong>Reinhard</strong> <strong>Gehlen</strong>, waren in die Verschwörung [gegen Adolf]verwickelt gewesen. An ihrer Spitze stand wohl Alexis Freiherr von Roenne, 1940 zur FHO versetzt, ab1942 Major <strong>und</strong> Leiter <strong>der</strong> Gruppe III <strong>der</strong> FHO <strong>und</strong> seit 1944 Oberst <strong>und</strong> Leiter <strong>der</strong> Abteilung FremdeHeere West. [...] Gestapo-Chef Heinrich Müller leitete im persönlichen Auftrag Hitlers eine Son<strong>der</strong>kommissionmit 400 Spezialisten zur Untersuchung des Attentats. Die Spur Roenne führte ihn auch zurFHO.“Heinrich Walle führte in Aufstand des Gewissens aus, dass schon seit <strong>der</strong> Röhm-Affäre von 1934 <strong>und</strong>verstärkt durch die unwürdige Ablösung von Generaloberst Werner Freiherr von Fritsch im Jahr 1938in den oberen Rängen <strong>der</strong> Wehrmacht das Bedürfnis nach Wi<strong>der</strong>stand gegen den Führer wuchs. „Blombergwie auch Fritsch hatten geglaubt, <strong>der</strong> Wehrmacht durch Anpassung einen herausragenden Platz imDritten Reich sichern zu können. Bei <strong>der</strong> übereilt durchgeführten Aufrüstung waren diesen Offizierenjedoch Bedenken vor Sanktionen des Auslands gekommen, vor allem als Hitler am 5. November 1937vor den Oberbefehlshabern <strong>und</strong> dem Außenminister die Lösung seiner Lebensraumfor<strong>der</strong>ungen durcheine kriegerische Auseinan<strong>der</strong>setzung in naher Zukunft bekanntgab <strong>und</strong> die militärische Nie<strong>der</strong>werfung<strong>der</strong> Tschechoslowakei <strong>und</strong> Österreichs 1939 ins Auge fasste. Dagegen hatten Blomberg <strong>und</strong> Fritsch Einwändeerhoben. Bei Generaloberst Fritsch hatte sich nach <strong>der</strong> Röhmaffäre, durch die Eindrücke <strong>der</strong> zunehmendenKirchenverfolgung <strong>und</strong> durch dauernde Reibereien mit <strong>der</strong> SS eine Distanzierung vom Nationalsozialismusvollzogen. So kam es Hitler gelegen, den zögernden <strong>Krieg</strong>sminister <strong>und</strong> den unbequemgewordenen Oberbefehlshaber des Heeres entlassen zu können. Gleichzeitig wurden weitere Generaleentlassen. [...] Dennoch blieb Hitlers Misstrauen gegen das Offizierskorps zu Recht wach. In <strong>der</strong>Tat begannen als Folge <strong>der</strong> Fritsch-Affäre die Ansätze zur Bildung einer bürgerlich-konservativen Oppositiongegen Hitler. [...] Ihr technisches Zentrum bildete sich im Amt Ausland/Abwehr (Spionage <strong>und</strong>Spionageabwehr) im OKW unter Admiral Wilhelm Canaris <strong>und</strong> seinem engsten Mitarbeiter OberstleutnantHans Oster. Diesen Männern waren schon bald auf Gr<strong>und</strong> ihrer eingehenden Informationen dieAugen über die verbrecherischen Methoden <strong>und</strong> Ziele <strong>der</strong> neuen Machthaber aufgegangen. Canaris <strong>und</strong>

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