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Reinhard Gehlen und der Kalte Krieg - Deutschland 1933 – 1990

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üble Gesellen beschäftigt waren: „Unter den alten, langjährigen Mitarbeitern des RSHA [Reichssicherheitshauptamt],die sich einen Platz in <strong>der</strong> Organisation suchten, waren subjektiv ehrliche, anständigeMenschen, sogenannte Idealisten, die nicht die Naziideologie vertreten, son<strong>der</strong>n mit gutem Gewissenihre dienstlichen Pflichten erfüllt <strong>und</strong> sich in je<strong>der</strong> Hinsicht korrekt verhalten hatten.“Felfe brachte die Wi<strong>der</strong>sprüche auf den Punkt: „Wie war es eigentlich gekommen, dass unmittelbarnach <strong>der</strong> bedingungslosen Kapitulation, nach dem Untergang des Dritten Reichs <strong>und</strong> <strong>der</strong> Auflösung <strong>der</strong>Wehrmacht, Rudimente dieses <strong>Krieg</strong>sapparates weiterexistieren <strong>und</strong> mit amerikanischer Hilfe ihre Arbeitfortsetzen konnten, als wäre nichts geschehen? Wie war es möglich, dass die Amerikaner dem endlichnie<strong>der</strong>gerungenen Feind erlaubten, gegen den bisherigen Verbündeten dieselbe Arbeit fortzusetzen,die in <strong>der</strong> 12. Abteilung des Generalstabs des Heeres, <strong>der</strong> Abteilung Fremde Heere Ost (FHO), bis zum<strong>Krieg</strong>sende betrieben worden war? Und was waren das für Leute, die ihr Leben als Generalstabsoffizierefortsetzen durften, die keine Umerziehung durchzumachen brauchten, wie es wenigstens die Briten mitden <strong>Krieg</strong>sgefangenen in Wilton Park gemacht hatten, die nach ihrer Auffassung geeignet sein konnten,am Aufbau eines neuen deutschen Staatswesens mitzuarbeiten?“ Er hatte Fragen über Fragen, bei denenFelfe seine Tränen nur mit Mühe zurückhalten konnte. Fragen, auf die <strong>der</strong> Amerikaner Tim Weinerauch zwei Jahrzehnte nach dem Ende des <strong>Kalte</strong>n <strong>Krieg</strong>es noch immer keine Antworten fand. Er suchteaber auch in Korea, in China, in <strong>der</strong> Sowjetunion <strong>und</strong> zu Hause in Amerika nach guten Antworten. Beiden Deutschen geht er jedoch in CIA – Die ganze Geschichte nicht ins Detail. In <strong>Deutschland</strong> war allesklar. <strong>Deutschland</strong> war aber <strong>der</strong> neuralgische Punkt nach diesem <strong>Krieg</strong>. Dort hätten seine Analysen beginnen<strong>und</strong> enden müssen.Selbst <strong>der</strong> Umstand, dass lange vor Felfes bösem Tun Tausende Blitz-, Schock- <strong>und</strong> Eilmeldungen inden Jahren direkt nach dem Weltkrieg namentlich aus Berlin, Wien <strong>und</strong> aus den <strong>Krieg</strong>sgefangenenlagernin <strong>Deutschland</strong> kamen, weckte bei Weiner nicht den Verdacht, es könne sich eventuell um eineVerschwörung unter den Agenten gehandelt haben. Stattdessen vermutet er hinter dieser Flut anfalschen Infos die Gier nach Produkten wie Zigaretten. Sehr verständnisvoll. Nach den Worten Weinerstraf diese Informationsschwemme auf Amerikaner, die nicht in <strong>der</strong> Lage waren, Dichtung von Wahrheitzu unterscheiden. Schade auch.Putzig ist natürlich auch die Passage, in <strong>der</strong> Felfe vermerkt, er habe Anfang <strong>der</strong> fünfziger Jahre HerbertWehner zum ersten Mal getroffen, <strong>der</strong> „Vorsitzen<strong>der</strong> irgendeines B<strong>und</strong>estagsausschusses“ gewesen sei.Es muss erstaunen, dass ihm entfallen war, dass Wehner damals <strong>der</strong> Vorsitzende des B<strong>und</strong>estagsausschussesfür gesamtdeutsche <strong>und</strong> Berliner Fragen war, denn er selbst war zu dieser Zeit im B<strong>und</strong>esmi -nisterium für gesamtdeutsche Fragen beschäftigt – ein guter Gr<strong>und</strong>, um Herbert Wehner hin <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>zum ersten Mal zu begegnen. Was sich durch logisches Kombinieren zum Verdacht verdichtete, istbeim Lesen <strong>der</strong> Autobiographie Heinz Felfes zur Gewissheit geworden. Natürlich hat Felfe für <strong>Gehlen</strong>böse Planungen <strong>der</strong> Amerikaner den Sowjets verraten. Wissenswert ist ebenfalls, dass ihn im Vorfeldseiner Aktivitäten in <strong>der</strong> Organisation <strong>Gehlen</strong> <strong>der</strong> britische Geheimdienst MI 6 fallen gelassen hatte,weil man bei ihm schon im Jahr 1946 eine Doppelagententätigkeit vermutet hatte, wie Wikipedia zu berichtenweiß. Er selbst konnte sich daran jedoch nur noch schwach erinnern: „Vorher hatte ich mich übrigensbei <strong>der</strong> Polizei beworben, nachdem ich durch mein Studium in Bonn die Voraussetzungen dafürgeschaffen hatte. Die Englän<strong>der</strong> verhin<strong>der</strong>ten jedoch meine Einstellung. Ihre Gründe dafür sind mir bisheute unbekannt.“ Genauso unbekannt wie <strong>der</strong> MI 6. Vielleicht noch ein Wort zu Wikipedia. Dort wurdeHeinz Felfes Buchtitel Im Dienst des Gegners – Autobiographie kreativ umgewandelt in Im Dienstdes Gegners – 10 Jahre Moskaus Mann im BND. Falsche Zitate sind kein Ost-Phänomen.Bleibt nur noch anzumerken, dass Heinz Felfe von einer sowjetfre<strong>und</strong>lichen Uncle-Joe-StimmunginAmerika nichts wusste, die an<strong>der</strong>e Zeitzeugen wie Siegfried Zoglmann jedoch nach <strong>1990</strong> bestätigten.Dafür untermauerte Heinz Felfe mit vorgeblichem Insi<strong>der</strong>-Wissen die Weltverschwörung gegen<strong>Deutschland</strong>. Ihm sei schon während des <strong>Krieg</strong>es zu Ohren gekommen, dass Briten <strong>und</strong> Amerikaner<strong>Deutschland</strong> teilen <strong>und</strong> gegen den russischen Bären in Marsch setzen wollten. Das scheint mir nichtglaubhaft, da er selbst auf <strong>der</strong> Seite 149 konstatierte, dieser <strong>Kalte</strong> <strong>Krieg</strong> habe erst „Mitte 1947“ eingesetzt.Das war aber nicht vor son<strong>der</strong>n nach dem Zusammentreffen <strong>der</strong> Amis mit <strong>Reinhard</strong> <strong>Gehlen</strong>.Je mehr Darstellungen ich zur Nachkriegsgeschichte lese, um so besser fügen sich die Puzzleteile zusammen<strong>und</strong> ergeben ein Bild. An<strong>der</strong>s als bei einem Puzzlespiel gibt es im richtigen Leben aber deutlichmehr Einzelteile als für das Bild nötig sind, so dass es darauf ankommt, die brauchbaren von den un -brauchbaren Teilen zu trennen, um langsam ein realistisches <strong>und</strong> lebenstaugliches Bild vor seinem geistigenAuge zu entwickeln. Es war ganz gewiss eine gute Idee Im Dienst des Gegners von Heinz Felfe erstzu lesen, nachdem ich das Feld r<strong>und</strong>um abgegrast hatte. Dieses Meisterwerk <strong>der</strong> deutschen Literatur

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