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Reinhard Gehlen und der Kalte Krieg - Deutschland 1933 – 1990

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alle Herren zunächst angesprochen hätte, ohne meinen Brief vorzuweisen; sie wären allesamt völlig unzugänglichgewesen, bis er den Brief, <strong>der</strong> wie eine Art »Sesam öffne dich« gewirkt habe, hervorzog. Ergab freimütig zu, wie sehr ihn diese Haltung beeindruckt habe.“Schön, dass sich <strong>der</strong> Amerikaner so fürstlich amüsiert hat. Auf diese Art hatte <strong>Gehlen</strong> jedoch abgesichert,dass sein Plan aufging. Er nahm sich die Zeit, in Ruhe zu sondieren, ob er mit den AmerikanernFußball spielen konnte, <strong>und</strong> nachdem er alles vorbereitet hatte, ließ er die an<strong>der</strong>en Spielfiguren auf denTisch holen. Mir fiel auf, dass er die Deutschen in seinem Büchli auf Seite 58 als ungeeignete Verschwörerbezeichnete. Kann ja sein, er hatte sich etwas dabei gedacht. „Seinen neuen Verbündeten bot <strong>Gehlen</strong>,wie er es nannte - »gute Deutsche«, die ideologisch auf einer Linie mit dem siegreichen Westen seien.“Wenn diese Argumentation die Amerikaner überzeugt hat, muss ich lei<strong>der</strong> annehmen, dass sienicht wussten, wie ein richtiger Nazi getickt hat <strong>und</strong> was „ein guter Deutscher“ zu jener Zeit vom Westenim Allgemeinen <strong>und</strong> von America im Beson<strong>der</strong>en hielt. Aber es ist schön, dass sich die Amerikanerüber ihren Erfolg gefreut haben.„Ein erster Schritt war getan. Ein kleiner Kreis meiner engsten Mitarbeiter war um mich versammelt.Damit waren wir in die Lage versetzt, uns über die verschiedensten Fragen auszusprechen <strong>und</strong> uns ge -genseitig abzustimmen. Die nächste Zeit verging mit Gesprächen über die verschiedensten Themen ausVergangenheit <strong>und</strong> Zukunft. Meine Unterhaltungen mit Hallstedt kreisten immer wie<strong>der</strong> um das gleicheThema: Das Zerbrechen des alliierten Bündnisses kann nur eine Frage <strong>der</strong> Zeit sein. Damit wird <strong>der</strong> bishernur unterschwellig spürbare Ost-West-Gegensatz aufbrechen <strong>und</strong> zu Gefahren für die SicherheitEuropas wie auch <strong>der</strong> Vereinigten Staaten führen. Wie können wir angesichts dieser Zukunftserwartungenmöglichst bald zur Zusammenarbeit gelangen? – Wir beide waren überzeugt, dass es hierzu kommenmüsse, waren uns aber auch <strong>der</strong> Schwierigkeiten bewusst, die sich zwangsläufig ergeben mussten.Zunächst einmal stand noch keineswegs fest, dass mein Vorschlag, das deutsche nachrichtendienstlichePotenzial für die USA nutzbar zu machen, außerhalb des amerikanischen G-2-Dienstes positiv aufgenommenwerden würde. Der G-2-Dienst freilich wusste, wie gering die eigenen Kenntnisse über »UncleJoe« <strong>und</strong> sein Imperium im Augenblick waren. Dem G-2-Dienst musste daher, wie die bisherigenGespräche gezeigt hatten, das Angebot auf Zusammenarbeit nicht nur einleuchten, son<strong>der</strong>n sogar verlocken<strong>der</strong>scheinen. Seine Annahme würde ihm viele organisatorische Arbeit ersparen. Sie gewährleisteteaußerdem den Zugang zu Erkenntnissen, <strong>der</strong>en Beschaffung aus eigener Kraft erst nach Jahren möglichgewesen wäre. Aber im allgemeinen Bewusstsein war die Sowjetunion <strong>der</strong> Verbündete <strong>und</strong> Siegespartner,an dessen Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> demokratische Entwicklung viele noch glaubten. Waren nicht dieAmerikaner auch deshalb in den <strong>Krieg</strong> gezogen, um den »preußisch-deutschen Militarismus« auszurotten?Konnte man <strong>der</strong> eigenen Öffentlichkeit, ja selbst <strong>der</strong> Masse <strong>der</strong> eigenen Offiziere zumuten, angesichts<strong>der</strong> Naziverbrechen, die das Fraternisierungsverbot ausgelöst hatten, nun mit ehemaligen deutschenOffizieren <strong>und</strong> früheren Angehörigen des deutschen Nachrichtendienstes zusammenzuarbeiten?[...] Wenn die Sprache auf meine Vorschläge kam, so war noch um die Jahreswende 1945/46 die Reaktionausweichend, da man offensichtlich zu diesem Zeitpunkt noch die damit verb<strong>und</strong>enen politischenRisiken scheute. Uns wurde gesagt, man müsse abwarten, bis sich die öffentliche Meinung gegenüber<strong>Deutschland</strong> beruhigt <strong>und</strong> gegenüber den Russen abgekühlt habe. Die Öffentlichkeit müsse erst einmaldie Sowjets <strong>und</strong> das sowjetische Problem so sehen wie es in Wirklichkeit gesehen werden müsste, an<strong>der</strong>nfallswürden in einem demokratisch geführten Staat wie den Vereinigten Staaten sowohl außenpolitischewie innenpolitische Schwierigkeiten eintreten.“Verehrtes Publikum! Sie dürfen jetzt nicht lachen, auf welcher Gr<strong>und</strong>lage sich diese Zusammenarbeitzwischen den Westdeutschen <strong>und</strong> ihren Fre<strong>und</strong>en in America letztlich abspielte. Sie wurde in einemGentlemen’s Agreement fixiert. Stellen Sie sich also vor, Sie schließen mit jemandem einen Vertrag ab.Es geht darum, dass Sie sich gegen einen Dritten verteidigen <strong>und</strong> dafür die Hilfe Ihres Partners nutzenwollen. Ihr Partner gedenkt jedoch, nicht unter Ihnen o<strong>der</strong> auch nur für Sie zu arbeiten, son<strong>der</strong>n nurmit Ihnen zusammen – aber unter seiner eigenen Regie. Sobald er souverän ist, dürfen Sie ihm jedochnoch nicht einmal mehr die Aufgaben stellen. Doch Sie sollen den ganzen Spaß finanzieren. Ihr Partnergibt Ihnen dafür die Informationen, die er für richtig hält, die Sie allerdings in absehbarer Zeit nichtüberprüfen können. Ist Ihr Partner erst einmal souverän, kann er darüber entscheiden, ob die Arbeitüberhaupt fortgesetzt wird o<strong>der</strong> nicht. Sie dürfen den Partner wie<strong>der</strong>um nur bis zu diesem Zeitpunktbetreuen. Sollte Ihr Partner einmal vor einer Lage stehen, in <strong>der</strong> Ihr <strong>und</strong> sein Interesse voneinan<strong>der</strong> abweichen,so steht es Ihrem Partner frei, <strong>der</strong> Linie seines eigenen Interesses zu folgen. Sie hatten sichaber zuvor verpflichtet, Ihrem Partner die dabei entstehenden Unkosten zu begleichen. Wenn Sie dasunterschreiben würden, dann sind Sie ein Amerikaner. Sie können diesen Text gerne auch auf den Seiten149 <strong>und</strong> 150 in Der Dienst von <strong>Reinhard</strong> <strong>Gehlen</strong> selbst nachlesen.

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