06.12.2012 Aufrufe

„Frodo“ und die Saar-Talente - Landessportverband für das Saarland

„Frodo“ und die Saar-Talente - Landessportverband für das Saarland

„Frodo“ und die Saar-Talente - Landessportverband für das Saarland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Mit Volleyball<br />

zur Normalität<br />

Gefangene der JVA <strong>Saar</strong>brücken<br />

spielen offiziell in der Hobbyr<strong>und</strong>e<br />

des <strong>Saar</strong>ländischen Volleyball-Verbandes<br />

mit. Möglich macht <strong>die</strong>s <strong>das</strong><br />

Programm „Integration durch Sport“ des<br />

LSVS. Unser Magazin war bei einem solchen<br />

Spiel hinter Gittern dabei.<br />

Dass Sport neben den ges<strong>und</strong>heitlichen Aspekten<br />

auch sonst viel Gutes tut, weiß jeder. Unter<br />

anderem <strong>die</strong>nt er auch der Integration. Beim<br />

<strong>Landessportverband</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Saar</strong>land (LSVS)<br />

hilft <strong>das</strong> Programm „Integration durch Sport“ vor<br />

allem Menschen mit Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />

einen Weg in den Verein zu finden.<br />

Menschen, <strong>die</strong> am Rand der Gesellschaft stehen,<br />

gibt es auch in der <strong>Saar</strong>brücker Justizvollzugsanstalt<br />

auf der Lerchesflur. Sport ist <strong>für</strong> sie<br />

extrem wichtig. In der JVA wird aber nicht nur<br />

Fußball gespielt, seit Kurzem nimmt auch ein<br />

Team aus Gefangenen an der offiziellen<br />

Hobbyr<strong>und</strong>e des <strong>Saar</strong>ländischen Volleyball-<br />

Verbandes teil. „Viele bleiben dabei <strong>und</strong> spielen<br />

auch nach ihrer Haftzeit Volleyball. Das<br />

zeigt, <strong>das</strong>s wir damit, <strong>die</strong>s anzubieten, richtig<br />

gelegen haben“, sagt Aron Reimann, beim LSVS<br />

<strong>für</strong> „Integration durch Sport“ zuständig. Das Programm,<br />

<strong>das</strong> vom B<strong>und</strong>es-Innenministerium<br />

finanziell gefördert wird, stößt auf große Resonanz.<br />

So besteht der Großteil des Freizeitsportvereins<br />

(FSV) Eschberg aus Menschen mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong>, vornehmlich aus Russland.<br />

Sportlehrer Peter Merkel erklärt: „Bei <strong>die</strong>sen<br />

Menschen ist <strong>die</strong> Hemmschwelle, einzeln in<br />

einen Verein einzutreten, besonders groß. Und<br />

wenn sie mit mehreren Leuten zusammen in den<br />

Verein gehen, bleiben sie dort als Gruppe auch<br />

meist unter sich.“<br />

Auf der Lerchesflur leben r<strong>und</strong> 700 Häftlinge,<br />

darunter sind 200 mit Migrationshintergr<strong>und</strong>.<br />

Die sind <strong>für</strong> Abwechslung dankbar. „Es ist<br />

wichtig, körperlich aktiv zu sein. Danach fühlt<br />

man sich viel ausgeglichener. Ich würde gern<br />

noch mehr Sport machen. Die meisten, <strong>die</strong> im<br />

Volleyballteam spielen, machen sonst draußen<br />

keinen Sport“, erzählt der 22-jährige Manuel.<br />

Auch <strong>für</strong> den 38-jährigen Laurent, er stammt<br />

aus Frankreich, ist <strong>das</strong> Volleyballspiel an einem<br />

Donnerstag <strong>das</strong> Highlight der Woche. „Das ist<br />

ein schöner Sport. Ich spiele aber auch immer<br />

samstags in unserer Fußball-Mannschaft im Tor“,<br />

sagt er. Ältester Spieler der Truppe ist Andreas,<br />

51. Er spielte früher in Russland Eishockey. „Ein<br />

echter Männersport“, lacht er. Volleyball ist<br />

aber in Ost-Europa auch sehr populär.<br />

An <strong>die</strong>sem Tag treffen <strong>die</strong> Spieler der Lerchesflur<br />

Sportgemeinschaft 88 (LSG) in zwei<br />

Spielen auf den FSV Eschberg <strong>und</strong> den LC<br />

Altenkessel. In der kleinen Sporthalle prallen <strong>die</strong><br />

Bälle an <strong>die</strong> mit Holz verkleideten Wände. Die<br />

Gummisohlen der Sportschuhe quietschen, es ist<br />

warm. Die Spieler in den neonfarbenen Trikots<br />

lachen viel miteinander, flachsen, klatschen<br />

immer wieder ab. Ihre Gegner tragen blaue T-<br />

Shirts, auf denen „Integration durch Sport“ steht.<br />

„Gerade der soziale Kontakt mit den Teams<br />

von außen ist wichtig“, erklärt Sportlehrer Dieter<br />

SPORT & PRÄVENTION<br />

Keßler: „Das Wichtigste ist, <strong>das</strong>s es fair zugeht.<br />

Es gibt kein böses Blut oder böse Worte. Unsere<br />

Erfahrungen sind nur positiv.“ Denn Sport verbindet<br />

über alle Grenzen hinweg. So stehen im<br />

LSG-Team ein Türke, Russen, Deutsche, Albaner.<br />

Die Gegner der Gefangenen haben auch keine<br />

Vorbehalte. Martin Rupp vom LC Altenkessel<br />

findet: „Es ist mal was anderes, eine ganz interessante<br />

Erfahrung.“ Auch Manfred Lallemand<br />

vom FSV Eschberg war schon ein paar Mal zum<br />

Volleyballspielen im Gefängnis. „Vorgefallen<br />

ist noch nie etwas“, sagt er. Die Häftlinge spielen<br />

in der ganz normalen Hobbyr<strong>und</strong>e des Verbandes.<br />

„Wir haben halt nur Heimspiele“, meint<br />

Dieter Keßler mit einem Schmunzeln im Gesicht.<br />

Da dort zwei Frauen pro Mannschaft vorgeschrieben<br />

sind, müssen sich <strong>die</strong> Häftlinge <strong>die</strong>se<br />

aus anderen Teams „ausleihen“. Für <strong>die</strong> Gegner<br />

entfällt nur <strong>das</strong> gemeinsame Bierchen nach dem<br />

Spiel, auch <strong>das</strong> Ein- <strong>und</strong> Auschecken in der JVA<br />

kostet Zeit.<br />

Trainiert werden <strong>die</strong> Insassen von Thomas<br />

Zimmer, der <strong>die</strong> Trainer-A-Lizenz im Volleyball<br />

besitzt. Angesichts der Technik seiner Schützlinge<br />

bekommt der zwar manchmal graue Haare,<br />

aber egal. Fünf Jahre hat jeder der JVA-Spieler<br />

im Schnitt noch zu verbüßen. Das meiste seien<br />

Raub-, Diebstahl- <strong>und</strong> Einbruchsdelikte, verrät<br />

ein Beamter. Spätestens, wenn der erste Aufschlag<br />

übers Netz fliegt <strong>und</strong> der erste Schmetterschlag<br />

ins Feld kracht, ist <strong>das</strong> aber alles vergessen.<br />

Und dann sind alle Gewinner, ganz egal,<br />

wie es ausgeht. ▲ STEFAN REGEL<br />

Keßler. Er weiß, <strong>das</strong>s Resultate zweitrangig sind. Foto: Wieck<br />

3/2010<br />

11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!