„Frodo“ und die Saar-Talente - Landessportverband für das Saarland
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Mit Volleyball<br />
zur Normalität<br />
Gefangene der JVA <strong>Saar</strong>brücken<br />
spielen offiziell in der Hobbyr<strong>und</strong>e<br />
des <strong>Saar</strong>ländischen Volleyball-Verbandes<br />
mit. Möglich macht <strong>die</strong>s <strong>das</strong><br />
Programm „Integration durch Sport“ des<br />
LSVS. Unser Magazin war bei einem solchen<br />
Spiel hinter Gittern dabei.<br />
Dass Sport neben den ges<strong>und</strong>heitlichen Aspekten<br />
auch sonst viel Gutes tut, weiß jeder. Unter<br />
anderem <strong>die</strong>nt er auch der Integration. Beim<br />
<strong>Landessportverband</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Saar</strong>land (LSVS)<br />
hilft <strong>das</strong> Programm „Integration durch Sport“ vor<br />
allem Menschen mit Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />
einen Weg in den Verein zu finden.<br />
Menschen, <strong>die</strong> am Rand der Gesellschaft stehen,<br />
gibt es auch in der <strong>Saar</strong>brücker Justizvollzugsanstalt<br />
auf der Lerchesflur. Sport ist <strong>für</strong> sie<br />
extrem wichtig. In der JVA wird aber nicht nur<br />
Fußball gespielt, seit Kurzem nimmt auch ein<br />
Team aus Gefangenen an der offiziellen<br />
Hobbyr<strong>und</strong>e des <strong>Saar</strong>ländischen Volleyball-<br />
Verbandes teil. „Viele bleiben dabei <strong>und</strong> spielen<br />
auch nach ihrer Haftzeit Volleyball. Das<br />
zeigt, <strong>das</strong>s wir damit, <strong>die</strong>s anzubieten, richtig<br />
gelegen haben“, sagt Aron Reimann, beim LSVS<br />
<strong>für</strong> „Integration durch Sport“ zuständig. Das Programm,<br />
<strong>das</strong> vom B<strong>und</strong>es-Innenministerium<br />
finanziell gefördert wird, stößt auf große Resonanz.<br />
So besteht der Großteil des Freizeitsportvereins<br />
(FSV) Eschberg aus Menschen mit<br />
Migrationshintergr<strong>und</strong>, vornehmlich aus Russland.<br />
Sportlehrer Peter Merkel erklärt: „Bei <strong>die</strong>sen<br />
Menschen ist <strong>die</strong> Hemmschwelle, einzeln in<br />
einen Verein einzutreten, besonders groß. Und<br />
wenn sie mit mehreren Leuten zusammen in den<br />
Verein gehen, bleiben sie dort als Gruppe auch<br />
meist unter sich.“<br />
Auf der Lerchesflur leben r<strong>und</strong> 700 Häftlinge,<br />
darunter sind 200 mit Migrationshintergr<strong>und</strong>.<br />
Die sind <strong>für</strong> Abwechslung dankbar. „Es ist<br />
wichtig, körperlich aktiv zu sein. Danach fühlt<br />
man sich viel ausgeglichener. Ich würde gern<br />
noch mehr Sport machen. Die meisten, <strong>die</strong> im<br />
Volleyballteam spielen, machen sonst draußen<br />
keinen Sport“, erzählt der 22-jährige Manuel.<br />
Auch <strong>für</strong> den 38-jährigen Laurent, er stammt<br />
aus Frankreich, ist <strong>das</strong> Volleyballspiel an einem<br />
Donnerstag <strong>das</strong> Highlight der Woche. „Das ist<br />
ein schöner Sport. Ich spiele aber auch immer<br />
samstags in unserer Fußball-Mannschaft im Tor“,<br />
sagt er. Ältester Spieler der Truppe ist Andreas,<br />
51. Er spielte früher in Russland Eishockey. „Ein<br />
echter Männersport“, lacht er. Volleyball ist<br />
aber in Ost-Europa auch sehr populär.<br />
An <strong>die</strong>sem Tag treffen <strong>die</strong> Spieler der Lerchesflur<br />
Sportgemeinschaft 88 (LSG) in zwei<br />
Spielen auf den FSV Eschberg <strong>und</strong> den LC<br />
Altenkessel. In der kleinen Sporthalle prallen <strong>die</strong><br />
Bälle an <strong>die</strong> mit Holz verkleideten Wände. Die<br />
Gummisohlen der Sportschuhe quietschen, es ist<br />
warm. Die Spieler in den neonfarbenen Trikots<br />
lachen viel miteinander, flachsen, klatschen<br />
immer wieder ab. Ihre Gegner tragen blaue T-<br />
Shirts, auf denen „Integration durch Sport“ steht.<br />
„Gerade der soziale Kontakt mit den Teams<br />
von außen ist wichtig“, erklärt Sportlehrer Dieter<br />
SPORT & PRÄVENTION<br />
Keßler: „Das Wichtigste ist, <strong>das</strong>s es fair zugeht.<br />
Es gibt kein böses Blut oder böse Worte. Unsere<br />
Erfahrungen sind nur positiv.“ Denn Sport verbindet<br />
über alle Grenzen hinweg. So stehen im<br />
LSG-Team ein Türke, Russen, Deutsche, Albaner.<br />
Die Gegner der Gefangenen haben auch keine<br />
Vorbehalte. Martin Rupp vom LC Altenkessel<br />
findet: „Es ist mal was anderes, eine ganz interessante<br />
Erfahrung.“ Auch Manfred Lallemand<br />
vom FSV Eschberg war schon ein paar Mal zum<br />
Volleyballspielen im Gefängnis. „Vorgefallen<br />
ist noch nie etwas“, sagt er. Die Häftlinge spielen<br />
in der ganz normalen Hobbyr<strong>und</strong>e des Verbandes.<br />
„Wir haben halt nur Heimspiele“, meint<br />
Dieter Keßler mit einem Schmunzeln im Gesicht.<br />
Da dort zwei Frauen pro Mannschaft vorgeschrieben<br />
sind, müssen sich <strong>die</strong> Häftlinge <strong>die</strong>se<br />
aus anderen Teams „ausleihen“. Für <strong>die</strong> Gegner<br />
entfällt nur <strong>das</strong> gemeinsame Bierchen nach dem<br />
Spiel, auch <strong>das</strong> Ein- <strong>und</strong> Auschecken in der JVA<br />
kostet Zeit.<br />
Trainiert werden <strong>die</strong> Insassen von Thomas<br />
Zimmer, der <strong>die</strong> Trainer-A-Lizenz im Volleyball<br />
besitzt. Angesichts der Technik seiner Schützlinge<br />
bekommt der zwar manchmal graue Haare,<br />
aber egal. Fünf Jahre hat jeder der JVA-Spieler<br />
im Schnitt noch zu verbüßen. Das meiste seien<br />
Raub-, Diebstahl- <strong>und</strong> Einbruchsdelikte, verrät<br />
ein Beamter. Spätestens, wenn der erste Aufschlag<br />
übers Netz fliegt <strong>und</strong> der erste Schmetterschlag<br />
ins Feld kracht, ist <strong>das</strong> aber alles vergessen.<br />
Und dann sind alle Gewinner, ganz egal,<br />
wie es ausgeht. ▲ STEFAN REGEL<br />
Keßler. Er weiß, <strong>das</strong>s Resultate zweitrangig sind. Foto: Wieck<br />
3/2010<br />
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