Zeitschrift für Bildung und Kultur - Freie Waldorfschule Oberberg
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durften, um Spiralen, Lemniskaten, Brezeln <strong>und</strong><br />
eingerollte Brezeln zu formen. Diese Formen kannten<br />
sie aus dem Unterricht der ersten drei Schulwochen.<br />
Es war <strong>für</strong> sie nicht einfach, aus dem Teig<br />
eine lange Rolle zu drehen, ohne dass sie ihnen<br />
zerbrach. Es fi el auf, dass Kinder, die im Unterricht<br />
große Schwierigkeiten hatten, die Lemniskate zu<br />
malen, diese plötzlich mit dem Teig sofort legen<br />
konnten. Selbst die schweren Formen gelangen<br />
gut.<br />
An einem weiteren Tag entstanden Mäuse, Igel <strong>und</strong><br />
viele andere Tiere wie Drachen, Katzen <strong>und</strong> Schlangen.<br />
Die Kinder waren jetzt am dritten Tag schon<br />
viele Handgriffe gewohnt <strong>und</strong> es gelang ihnen gut,<br />
die Tiere zu formen, die aus Rollen oder Kugeln entstanden.<br />
Jedes Kind hat dann seine Tiere in einer<br />
R<strong>und</strong>e vorgestellt. Am Schluss wurden sie gebacken<br />
<strong>und</strong> am nächsten Tag im Unterricht verteilt.<br />
Nach der ersten Woche hat sich folgender Ablauf<br />
als tragende Struktur erwiesen:<br />
Zu Beginn eine Zeit der Vorbereitung <strong>und</strong> Einführung,<br />
anschließend eine konzentrierte 15minütige<br />
Arbeitszeit.<br />
In den darauffolgenden Wochen wurden aus Äpfeln<br />
der heimischen Gärten Apfelsaft, Apfelstücke,<br />
Apfelkuchen <strong>und</strong> Apfelmus hergestellt; Samen <strong>und</strong><br />
Beeren <strong>für</strong> die Vögel gesammelt <strong>und</strong> getrocknet,<br />
um Vogelfutterglocken zu bauen. Über dem Feuer<br />
wurden Bratäpfel gebraten, das Fett <strong>für</strong> das Vogelfutter<br />
aufgekocht. Es entstanden Herbstbilder,<br />
Tischlaternen aus Gläsern, kleine Zwerge aus Filz<br />
<strong>und</strong> Rechensäckchen. Auffällig war, dass die Kinder<br />
oft gleich zu Beginn sagten: „Ich kann das nicht“<br />
<strong>und</strong> nur schwer zu bewegen waren, es dennoch zu<br />
probieren. Sie trauten sich selbst nicht viel zu oder<br />
waren sehr schnell entmutigt. Viele Tätigkeiten, wie<br />
z. B. das Nähen wurden daher längere Zeit geübt.<br />
Letztlich freuten sich die Kinder über das Erlernte<br />
<strong>und</strong> wollten sogar weitere Rechensäckchen <strong>und</strong><br />
kleine Zwerge nähen.<br />
Zur Adventszeit wurden Krippenfi guren aus warmem<br />
Wachs geformt. „Fühlt sich das schön warm<br />
an, ganz anders als der kalte Teig im Sommer, obwohl<br />
wir den auch geknetet haben“, so kommentierten<br />
die Kinder das Geschehen <strong>und</strong> fanden selbst<br />
die Verbindung zu der Tätigkeit im Sommer.<br />
Im Winter wurde begonnen, mit Wolle zu arbeiten.<br />
Aus weißer, kardierter Wolle entstanden Engel, ein<br />
Rühren, Kneten, Formen: Apfelkuchen backen.<br />
kreatives Gestalten in der Wollwerkstatt<br />
Schäfer, es wurde Wolle von Strängen zu Knäueln<br />
gewickelt <strong>und</strong> das Fingerhäkeln eingeführt. Das<br />
Fingerhäkeln fi el manchen Kindern sehr schwer.<br />
Die Finger gestreckt zu halten <strong>und</strong> den Faden<br />
gleichzeitig um die Finger zu wickeln, war ihnen<br />
zu Beginn fast nicht möglich. Als sie es aber konnten,<br />
entstand, aus allen gehäkelten Schnüren zusammengeb<strong>und</strong>en,<br />
eine Schnur, die um die ganze<br />
Schule reichte! Die Kinder waren unglaublich stolz.<br />
Nach dieser Übung bekam der Schäfer einen selbstgestrickten<br />
Mantel <strong>und</strong> die Kinder strickten sogar<br />
einen Bären als Handpuppe.<br />
Zu Ostern wurde Ostergras in Schalen gesät, zu Beginn<br />
des Frühlings wurde aus frischen Fichtenspitzen<br />
ein sehr leckerer Sirup gekocht, der als Hustensirup<br />
in der Klasse bereitsteht. Der erste Sirup wurde<br />
allerdings so fest, dass Hustenbonbons entstanden,<br />
die die Kinder mit Genuss gelutscht haben.<br />
So schloss sich der Jahreszeitenkreis <strong>und</strong> das Handwerksprojekt<br />
<strong>für</strong> die erste Klasse. Die Kinder haben<br />
mit Feuereifer gearbeitet <strong>und</strong> uns <strong>für</strong> die viele Vor-<br />
<strong>und</strong> Nachbearbeitungszeit mehr als entschädigt.<br />
Dass diese Arbeit sehr sinnvoll ist <strong>und</strong> den Kindern,<br />
die künftig unsere Schule besuchen, sehr zugute<br />
kommt, davon sind wir sehr überzeugt.<br />
Mira Reimann,<br />
Natur- Werkstattlehrerin<br />
der 1. Klasse<br />
Cristal 12 | 2009 7