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information & recht<br />
Für das Kindeswohl:<br />
Erziehung im Wechselmodell?<br />
SINNVOLL IST DIESE BETREUUNGSFORM IN DER REGEL NUR DANN, WENN<br />
BEIDE ELTERNTEILE NAH BEIEINANDER WOHNEN<br />
Seit der letzten Familienrechtsreform<br />
gilt die gemeinsame Obsorge<br />
selbst getrennt lebender Elternteile<br />
als Regelfall, wobei es insbesondere<br />
auch Eltern unehelicher Kinder nun<br />
freisteht, die gemeinsame Obsorge vor<br />
dem Standesamt zu vereinbaren. Gibt<br />
es darüber kein Einvernehmen, kann<br />
der betroffene Elternteil, der sich an der<br />
Obsorge beteiligen will, gerichtlich einen<br />
diesbezüglichen Antrag stellen. In beiden<br />
Fällen, also sowohl bei einvernehmlicher<br />
Regelung als auch bei gerichtlicher<br />
Festlegung der gemeinsamen Obsorge,<br />
muss aber dem Gesetz entsprechend<br />
festgelegt werden, in wessen Haushalt<br />
das Kind hauptsächlich betreut wird.<br />
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es<br />
im Regelfall im Sinne der Schaffung von<br />
Klarheit und Sicherheit dem Kindeswohl<br />
entspricht, ein „Heim erster Ordnung“<br />
festzulegen. Es wurde bisher teilweise<br />
daran gezweifelt, ob im Hinblick auf<br />
die zwingende Festlegung eines hauptsächlichen<br />
Aufenthalts des Kindes eine<br />
Kontaktregelung in Form einer gleichsam<br />
gleichteiligen Betreuung im Sinne<br />
einer „Doppelresidenz“ bzw. „Wechselmodells“<br />
zulässig sei.<br />
In Praxis war die Vereinbarung eines<br />
gleichteiligen Aufenthalts dennoch meistens<br />
möglich, wenn besondere<br />
Umstände im Sinne des zu wahrenden<br />
Kindeswohls dafür sprachen.<br />
Schließlich wurde die Frage der Zulässigkeit<br />
solcher Vereinbarungen nun an den<br />
Verfassungsgerichtshof herangetragen,<br />
der zu dieser wesentlichen Frage erstmals<br />
Stellung genommen hat. In seiner Erkenntnis<br />
vom 9.10.2015 weist er daraufhin, dass<br />
die zwingende Festlegung eines hauptsächlichen<br />
Aufenthalts verfassungskonform ist,<br />
auch wenn dadurch grundsätzlich in das<br />
Familienleben eingegriffen wird. Das zu<br />
schützende Kindeswohl rechtfertige diesen<br />
Eingriff.<br />
Der Verfassungsgerichtshof betonte aber,<br />
dass es dennoch nicht ausgeschlossen sein<br />
dürfe, eine gleichteilige Betreuung des<br />
Kindes durch die getrennt lebenden Eltern<br />
festzulegen, weil unter bestimmten Voraussetzungen<br />
in Ausnahmefällen sogar dieses<br />
Wechselmodell dem Kindeswohl am besten<br />
entsprechen könne.<br />
Wird ein Kind von beiden getrennt lebenden<br />
Elternteilen im Wesentlichen gleichteilig<br />
betreut und versorgt, kann diese<br />
gleichwertige Betreuungsleistung Auswirkungen<br />
auf die Unterhaltsverpflichtung des<br />
geldunterhaltspflichtigen Elternteils haben.<br />
In manchen Fällen kann die Geldunterhaltspflicht<br />
sogar entfallen. Maßgeblich sind die<br />
jeweiligen Einkommensverhältnisse.<br />
Mag. a Angelika<br />
Fehsler-Posset<br />
Rechtsanwältin<br />
www.ra-afp.com<br />
Foto: © pixabay.com<br />
27 | MÄRZ <strong>2016</strong>