Forschung und Innovation in der Schweiz 2016
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F&I-Aktivitäten mult<strong>in</strong>ationaler Unternehmen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
159<br />
2 <strong>Forschung</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Innovation</strong>saktivitäten von mult<strong>in</strong>ationalen<br />
Unternehmen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
2.1 E<strong>in</strong>leitung<br />
2.1.1 Allgeme<strong>in</strong>er Kontext<br />
In den vergangenen Jahrzehnten haben zahlreiche Unternehmen<br />
wesentliche Teile ihrer wertschöpfenden Aktivitäten immer stärker<br />
<strong>in</strong>ternationalisiert. Dieser Trend erstreckt sich neben an<strong>der</strong>en<br />
Aspekten ihrer Wertschöpfungskette (z.B. Produktion) auch auf<br />
ihre <strong>Forschung</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Innovation</strong>saktivitäten (F&I-Aktivitäten). Dies<br />
lässt sich an folgenden Zahlen ablesen: In den OECD-Staaten stieg<br />
<strong>der</strong> Anteil privatwirtschaftlicher Ausgaben für <strong>Forschung</strong> <strong>und</strong> Entwicklung<br />
(F&E), 1 welcher auf die lokalen Tochtergesellschaften<br />
ausländischer Unternehmen zurückgeführt werden kann, im Zeitraum<br />
1994–2004 von durchschnittlich r<strong>und</strong> 11% auf über 16%<br />
(Guimón, 2011). In Europa ist diese Entwicklung sogar noch stärker<br />
ausgeprägt: E<strong>in</strong>e Untersuchung von 15 Staaten <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union, die zusammen 87% <strong>der</strong> Bevölkerung sowie 91% des BIP<br />
(Eurostat, 2014) <strong>der</strong> EU repräsentieren, ergab für die vorgenannte<br />
Kenngrösse e<strong>in</strong>en Anstieg von knapp 24% auf über 38% im Zeitraum<br />
1994–2006 (Guimón, 2011). Als Folge dieser Entwicklung<br />
realisieren Unternehmen e<strong>in</strong>en nennenswerten Anteil ihrer Wertschöpfung<br />
aus <strong>in</strong>ternationalen Aktivitäten im F&I-Bereich (Dunn<strong>in</strong>g<br />
& L<strong>und</strong>an, 2009).<br />
Die Internationalisierung <strong>der</strong> F&I-Aktivitäten ist nicht nur aus<br />
Unternehmenssicht attraktiv, son<strong>der</strong>n stiftet auch den Län<strong>der</strong>n<br />
Nutzen, <strong>in</strong> denen ausländische Unternehmen ihre F&I-Aktivitäten<br />
ansiedeln. Sie schafft qualitativ attraktive Arbeitsplätze, generiert<br />
Wissen für die lokale Wirtschaft <strong>und</strong> erhöht die Absorptionsfähigkeit<br />
e<strong>in</strong>er Volkswirtschaft für Wissensentwicklungen ausserhalb<br />
des eigenen Landes (von Zedtwitz & Gassmann, 2002). Die<br />
F&I-Aktivitäten ausländischer Unternehmen wirken auf vielfältige<br />
Weise auf die verschiedenen Akteure des nationalen <strong>Innovation</strong>ssystems<br />
des Ziellandes. Um die Ansiedlung von F&I-Aktivitäten mult<strong>in</strong>ationaler<br />
Unternehmen ist e<strong>in</strong> Standortwettbewerb entstanden;<br />
Aktivitäten <strong>in</strong> <strong>Forschung</strong> <strong>und</strong> <strong>Innovation</strong> stellen für Unternehmen<br />
aktuell gar den Haupttreiber für zukünftige Direkt<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong><br />
Europa dar (Ernst & Young, 2014). Auch die <strong>Schweiz</strong> nimmt an<br />
diesem Standortwettbewerb teil.<br />
2.1.2 Ausgangslage für die <strong>Schweiz</strong> <strong>und</strong> Ziel <strong>der</strong> Studie<br />
Grossunternehmen, die sehr häufig mult<strong>in</strong>ationale Unternehmen<br />
(MNU) s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d für die <strong>Schweiz</strong>er <strong>Forschung</strong> <strong>und</strong> <strong>Innovation</strong> von<br />
zentraler Bedeutung. Im Jahr 2012 hat die Privatwirtschaft am<br />
1<br />
In Anlehnung an die E<strong>in</strong>leitung zum vorliegenden Bericht umfasst <strong>der</strong> Begriff «<strong>Forschung</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Innovation</strong> (F&I)» <strong>in</strong> dieser Studie sowohl die Def<strong>in</strong>ition von <strong>Forschung</strong><br />
<strong>und</strong> Entwicklung (F&E) gemäss des Frascati Manual (OECD, 2015) als auch die<br />
Def<strong>in</strong>ition von <strong>Innovation</strong> gemäss des Oslo Manual (OECD & Eurostat, 2005). Da<br />
sich zahlreiche offizielle Statistiken ausschliesslich auf F&E beziehen, wird – sofern<br />
ke<strong>in</strong>e F&I-Daten vorliegen – F&E verwendet. Dies gilt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für Angaben zu<br />
F&E-Ausgaben <strong>und</strong> F&E-Personal.<br />
Abbildung C 2.1: Inward R&D <strong>in</strong>tensity (<strong>in</strong>ward BERD /<br />
total BERD) versus outward R&D <strong>in</strong>tensity (outward BERD /<br />
total BERD)<br />
Outward R & D <strong>in</strong>tensity<br />
125%<br />
100%<br />
75%<br />
50%<br />
<strong>Schweiz</strong><br />
Schweden<br />
25%<br />
Deutschland<br />
USA<br />
Israel<br />
0%<br />
Japan<br />
0% 25% 50% 75% 100% 125%<br />
Inward R & D <strong>in</strong>tensity<br />
Quelle: OECD <strong>und</strong> BFS, Darstellung SBFI (<strong>in</strong> Anlehnung an Dachs et al., 2012)<br />
Standort <strong>Schweiz</strong> für 12,8 Mrd. CHF F&E betrieben (total BERD; 2<br />
BFS, 2014). 10,5 Mrd. CHF o<strong>der</strong> 82% dieser Aufwendungen stammen<br />
von Grossunternehmen (economiesuisse & BFS, 2014). Im<br />
selben Jahr haben Zweignie<strong>der</strong>lassungen von <strong>Schweiz</strong>er Firmen<br />
für 15 Mrd. CHF F&E im Ausland durchgeführt (outward BERD),<br />
während die Investitionen von ausländischen Filialen <strong>in</strong> F&E-Aktivitäten<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> nur 2,6 Mrd. CHF betrugen (<strong>in</strong>ward BERD). 3<br />
Wie Abbildung C 2.1 zeigt, nimmt die <strong>Schweiz</strong> diesbezüglich im<br />
<strong>in</strong>ternationalen Vergleich e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Position e<strong>in</strong>.<br />
Um als Volkswirtschaft von <strong>der</strong> Internationalisierung betrieblicher<br />
F&I-Aktivitäten profitieren zu können, ist es wichtig, günstige<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zu bieten. Dies mit dem Ziel, e<strong>in</strong>erseits bestehende<br />
F&I-Aktivitäten im Inland zu halten <strong>und</strong> neue zu för<strong>der</strong>n<br />
sowie an<strong>der</strong>erseits weitere F&I-Aktivitäten aus dem Ausland anzuziehen<br />
(Guimón, 2011; Meyer-Krahmer & Reger, 1999).<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> ist es das Ziel <strong>der</strong> vorliegenden Studie,<br />
F&I-Aktivitäten mult<strong>in</strong>ationaler Unternehmen <strong>in</strong> Bezug auf ihren<br />
2<br />
Der Begriff «BERD» bezieht sich auf die F&E-Ausgaben <strong>der</strong> Privatwirtschaft («Bus<strong>in</strong>ess<br />
enterprise expenditure on research and development»). Die Werte zu BERD<br />
beschränken sich nicht auf grosse MNU, son<strong>der</strong>n be<strong>in</strong>halten Aufwendungen von<br />
allen Unternehmen.<br />
3<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Datenlage bezieht sich die hier verwendete Def<strong>in</strong>ition für «outward<br />
BERD» ausschliesslich auf die F&E-Ausgaben von Zweignie<strong>der</strong>lassungen von<br />
<strong>Schweiz</strong>er Unternehmen im Ausland <strong>und</strong> nicht generell auf die F&E-Ausgaben von<br />
<strong>Schweiz</strong>er Unternehmen im Ausland. Analog dazu bezieht sich die Def<strong>in</strong>ition für<br />
«<strong>in</strong>ward BERD» exklusiv auf die F&E-Ausgaben von Filialen ausländischer Unternehmen<br />
mit Standort <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>.