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Forschung und Innovation in der Schweiz 2016

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Fachhochschulen als Akteure im schweizerischen<br />

<strong>Forschung</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Innovation</strong>ssystem<br />

209<br />

(siehe Abschnitt 4.3.4). Die Zusammenarbeit zwischen FH <strong>und</strong><br />

UH <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lehre wird künftig wahrsche<strong>in</strong>lich weiter ausgebaut<br />

werden. Beispiele s<strong>in</strong>d die Ausbildung von Lehrpersonen <strong>in</strong> Basel<br />

auf <strong>der</strong> Masterstufe sowie <strong>der</strong> Master-Studiengang Biomedical<br />

Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g <strong>der</strong> Universität Bern <strong>in</strong> enger Zusammenarbeit mit<br />

<strong>der</strong> Berner Fachhochschule.<br />

In <strong>der</strong> <strong>Forschung</strong> entwickeln sich Kooperationen <strong>und</strong> Komplementaritäten<br />

meist «bottom-up» auf <strong>der</strong> Ebene von e<strong>in</strong>zelnen<br />

<strong>Forschung</strong>sgruppen o<strong>der</strong> Instituten. Beson<strong>der</strong>s im Ingenieurwesen,<br />

wo sich die Profile <strong>der</strong> beiden Hochschultypen deutlich<br />

unterscheiden, s<strong>in</strong>d viele Beispiele erfolgreicher Kooperationen<br />

zu beobachten. Gr<strong>und</strong>lage für die Komplementarität <strong>und</strong> für die<br />

«Arbeitsteilung» ist dabei die Gr<strong>und</strong>lagenforschung an UH <strong>und</strong> die<br />

anwendungsorientierte <strong>Forschung</strong> an FH. Auf <strong>in</strong>stitutioneller Ebene<br />

besteht vor allem im Tess<strong>in</strong> e<strong>in</strong> hohes Ausmass an <strong>Forschung</strong>szusammenarbeit:<br />

Der Kanton för<strong>der</strong>t die Politik <strong>der</strong> Zusammenarbeit;<br />

die Università della Svizzera italiana USI <strong>und</strong> die FH SUPSI<br />

verfügen über e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>es Institut für künstliche Intelligenz. E<strong>in</strong><br />

weiteres Beispiel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nordwestschweiz ist das 2014 gegründete<br />

geme<strong>in</strong>same Institut für Erziehungswissenschaft <strong>der</strong> Universität<br />

Basel <strong>und</strong> <strong>der</strong> FHNW.<br />

Komplementaritäten bestehen auch h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Ausbildung<br />

des <strong>Forschung</strong>spersonals. Die FH bef<strong>in</strong>den sich dabei <strong>in</strong><br />

zweierlei H<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en Situation: Erstens haben<br />

sie nicht das Recht, Diplome für <strong>Forschung</strong>squalifikationen zu verleihen<br />

(Doktorat, Habilitation). Zweitens s<strong>in</strong>d sie zur Erfüllung ihres<br />

<strong>Forschung</strong>sauftrags auf Personal angewiesen, das sowohl e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Forschung</strong>sausbildung als auch Erfahrungen <strong>in</strong> aF&E <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Privatwirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft nachweisen<br />

kann. Die Etablierung von kohärenten <strong>Forschung</strong>slaufbahnen<br />

stellt für die FH deshalb weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e grosse Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

dar (B<strong>und</strong>esrat, 2014; Lepori & Attar, 2006).<br />

Die Daten zur formalen Qualifikation des Fachhochschulpersonals<br />

(2012) zeigen, <strong>in</strong>wiefern die FH diesbezüglich auf Komplementaritäten<br />

mit den UH angewiesen s<strong>in</strong>d (Abbildung C 4.12).<br />

70% <strong>der</strong> FH-Professor<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -Professoren besitzen e<strong>in</strong>en Hochschulabschluss,<br />

knapp über e<strong>in</strong> Viertel e<strong>in</strong> Doktorat. Ihre Laufbahn<br />

beg<strong>in</strong>nt typischerweise mit e<strong>in</strong>er Universitätsausbildung, gefolgt<br />

von Erfahrungen im öffentlichen <strong>und</strong> privaten Sektor <strong>und</strong> schliesslich<br />

e<strong>in</strong>er Führungsposition an e<strong>in</strong>er FH.<br />

Unter den wissenschaftlichen Mitarbeitenden an den FH (beson<strong>der</strong>s<br />

im Ingenieurwesen) besitzt die Mehrheit – etwa 30% – e<strong>in</strong>en<br />

FH-Abschluss, etwa e<strong>in</strong> Viertel besitzt e<strong>in</strong>en UH-Abschluss. Die<br />

Anstellung von Nachwuchsforschenden mit e<strong>in</strong>em FH-Abschluss ist<br />

beson<strong>der</strong>s typisch für die Ingenieurbereiche. Nach e<strong>in</strong> paar Jahren<br />

Mitarbeit an <strong>Forschung</strong>sprojekten erfolgt meist e<strong>in</strong> Wechsel zu<br />

Anstellungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Privatwirtschaft. Auf diese Weise tragen die<br />

FH zur Ausbildung von Humankapital im Privatsektor bei.<br />

Die E<strong>in</strong>stellung von Forschenden an den FH mit e<strong>in</strong>em Doktortitel<br />

ist vergleichsweise selten, allerd<strong>in</strong>gs mit steigen<strong>der</strong> Tendenz,<br />

weil diese Personen aus <strong>der</strong> FH-Perspektive e<strong>in</strong>e gründliche <strong>Forschung</strong>sausbildung<br />

aufweisen. E<strong>in</strong>e <strong>Forschung</strong>slaufbahn an e<strong>in</strong>er<br />

FH kann für Doktoranden <strong>und</strong> für Doktorierte, die nicht an e<strong>in</strong>er<br />

akademischen Karriere <strong>in</strong>teressiert s<strong>in</strong>d, durchaus attraktiv se<strong>in</strong>.<br />

Solange e<strong>in</strong>e FH solches Personal selektiv nach Kriterien auswählt,<br />

die zum FH-Profil <strong>der</strong> aF&E passen, ist dieses Modell unproblematisch<br />

<strong>und</strong> führt nicht automatisch zu e<strong>in</strong>em «academic drift».<br />

Allgeme<strong>in</strong> zeigen die Daten, dass die Rekrutierung von <strong>Forschung</strong>spersonal<br />

an den FH weniger auf FH-spezifische Karrieren<br />

aufbaut, son<strong>der</strong>n auf die Nutzung von Komplementaritäten mit<br />

UH <strong>und</strong> mit Unternehmen <strong>der</strong> Privatwirtschaft. Die UH vermitteln<br />

die <strong>Forschung</strong>sausbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel über ihre Dissertationsprogramme,<br />

<strong>und</strong> die FH wählen gezielt anwendungsorientierte wissenschaftliche<br />

Mitarbeitende aus. Beson<strong>der</strong>s bei den Professuren<br />

ist die Durchlässigkeit gegenüber dem privaten <strong>und</strong> öffentlichen<br />

Sektor für die FH entscheidend, um genügend Kontakte zur Praxis<br />

zu gewährleisten. FH-Absolventen auf Bachelor-Stufe (<strong>und</strong> teilweise<br />

auf Master-Stufe) s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e wichtige Quelle für ausgebildete<br />

F&E-Fachkräfte <strong>in</strong> Unternehmen (siehe Abschnitt 4.4.1).<br />

Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung von Doktoranden zeichnet sich e<strong>in</strong><br />

komplementäres Modell ab. Beson<strong>der</strong>s für e<strong>in</strong>e <strong>Forschung</strong>slaufbahn<br />

im akademischen Bereich ist die Dissertation e<strong>in</strong>e zentrale Anfor<strong>der</strong>ung.<br />

Deshalb ist die Möglichkeit, e<strong>in</strong> Doktorat zu erwerben,<br />

nicht nur für die Nachwuchsforschenden an den FH wesentlich,<br />

son<strong>der</strong>n auch generell für die <strong>Forschung</strong> an den FH (B<strong>und</strong>esrat,<br />

2014). In e<strong>in</strong>igen europäischen Län<strong>der</strong>n führte dies zur For<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> FH nach dem Promotionsrecht, wie im Vere<strong>in</strong>igten Königreich<br />

<strong>und</strong>, auf <strong>der</strong> Basis von <strong>in</strong>dividuellen Akkreditierungen, <strong>in</strong> Norwegen.<br />

Gleichzeitig wurde argumentiert, dass die Begleitung von<br />

Abbildung C 4.12: Qualifikation von FH-Personal, 2012<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Unbekannt<br />

Professor/-<strong>in</strong>nen Übrige Dozierende Assistent/-<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

wissenschaftliche<br />

Mitarbeitende<br />

UH (Doktorat<br />

+ Habilitation)<br />

UH (Master, Bachelor,<br />

Lizenziat, Diplom, NDS)<br />

FH (Master, Bachelor,<br />

Diplom, NDS)<br />

Quelle: BFS, Darstellung Lepori & Müller<br />

Tertiärausbildung<br />

(ohne FHS <strong>und</strong> UH)<br />

Ke<strong>in</strong> Tertiärabschluss<br />

(obligatorische Schule<br />

o<strong>der</strong> Anlehre + Sek.II)

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